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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Görtzke, Schö-
    ning, Barfus. Die Derfflinger sind ausgestorben. Glie-
    der der vier andern Familien leben noch, aber von
    dem alten Besitz ist wenig oder nichts mehr in ihren
    Händen. Auf den alten Barfus-Gütern ist der Name
    des Geschlechts so gut wie vergessen, und nur
    »Schloß Kossenblatt an der Spree« erzählt noch von
    seinem Erbauer, dem Feldmarschall.
    Diesem Schloß in der Öde wenden wir uns im folgen-
    den Kapitel zu.

    Schloß Kossenblatt

    Aber führt der Weg den Wandrer
    An den Ort, den ich besinge,
    Kann er nicht dem Bangen wehren,
    Daß es ihm das Herz durchdringe.
    Lenau

    1471

    Der Weg nach Kossenblatt führt über Fürstenwalde,
    dessen freundlich erleuchtete Passagierstube wir bei
    Dunkelwerden erreichten.
    Passagierstuben sind ein selten trügender Barometer
    für das Leben ihrer Stadt, und es hat eine Bedeu-
    tung, ob »Schwerins Tod« oder ein altes Postregle-
    ment über dem Sofa hängt. Die Fürstenwalder Pas-
    sagierstube zeigte noch auf »schön Wetter«, und das
    Anheimelnde, was ihr überhaupt eigen war, wuchs
    im Hinblick auf eine Gruppe von älteren Männern,
    die, ein Glas Bier vor sich, am Sofatische Platz ge-
    nommen hatten.
    Es waren ihrer drei, zwei Bürger und der Wirt. Der
    letztere bestritt wie billig die Kosten der Unterhal-
    tung und bemerkte mit freundlicher Würde: »Sie
    glauben nicht, was alles vorkommt, meine Herren.
    Bahnhof ist Bahnhof, und Post ist Post, aber die
    Menschen tuen immer, als ob Bahnhof und Post all ein und dasselbe wäre. Schreibt mir vorgestern ein
    Mann aus Dresden, er habe seinen Überzieher hier
    liegenlassen, ›über einer Stuhllehne‹, schreibt er. Ich lache und sage zu Spilleke, der jetzt die Post fährt:
    ›Spilleke‹, sag ich, ›wenn Sie rauskommen, fragen
    Sie doch auf 'm Bahnhof.‹ Er fragt auch, und am
    Abend ist der Überzieher hier. Wo war er gewesen?
    Über einer Stuhllehne, alles ganz richtig, meine
    Herrn, aber auf 'm Bahnhof . Und so geht es immer.«

    1472
    Die beiden Zuhörer antworteten durch ein Gemur-
    mel, das halb ihre Übereinstimmung mit dem Spre-
    cher, halb ihre Mißbilligung des Dresdners ausdrü-
    cken sollte. Ich aber, um auch meinesteils jede Ge-
    meinschaft mit dem letzteren abzulehnen, fuhr mit
    einer Art Ostentation in den neben mir liegenden
    Überzieher, empfahl mich sehr artig und stieg in den
    bereits draußen stehenden Postwagen, der mich
    noch drei Meilen weiter, in das Land Beeskow-
    Storkow hinein führen sollte.
    Gegen Mitternacht war ich in dem Städtchen Bees-
    kow und schlief hier in einem alten Hause, dessen
    Hinterwand von einem Stück Stadtmauer gebildet
    wurde. Zugleich erfuhr ich en passant, daß dies Haus
    ein Ursulinerinnenkloster gewesen sei und dann und
    wann von nicht Ruhe habenden Äbtissinnen und
    Nonnen besucht werde. Auch der übliche »unterirdi-
    sche Gang« wurde mir nicht erlassen. Ich war aber
    zu müde, um dadurch besonders gestört zu werden,
    und schlief, bis die Sonne ins Zimmer schien. Eine
    Stunde später schlenderte ich durch die Stadt.
    Beeskow hat zwei Sehenswürdigkeiten: das Amt und die Kirche .
    Das Amt , auf einer Spree-Insel unmittelbar vor der Stadt gelegen, war in alter Zeit ein Schloß, dann ein
    »bischöfliches Haus«, das die Bischöfe von Lebus zu
    Beginn des sechzehnten Jahrhunderts erwarben und
    gelegentlich auch bewohnten. Viele der noch jetzt
    vorhandenen alten Mauern reichen bis in das fünf-
    zehnte Jahrhundert zurück, wo das alte Schloß aus-

    1473
    brannte. Dies erwies sich 1828, als wegen Baufällig-
    keit das dritte Stockwerk abgetragen wurde. An vie-
    len Stellen fand man doppeltes Mauerwerk. Das in-
    nere zeigte die Bischofsmütze, während das dahinter
    gelegene, ältere Mauerwerk mit Moos und Asche be-
    deckt war. Es waren Überreste des alten Schlosses.
    In den untern Stockwerken steckt noch einzelnes
    davon.
    Die Liebfrauenkirche , der wir uns jetzt zuwenden, existierte schon drei Jahrhunderte lang, als die Lebuser Bischöfe von Lebus und Fürstenwalde herüber-
    kamen, und hat dann die geistlichen Herrn um eben-
    so lange Zeit überlebt. Es ist eine der schönsten Kir-
    chen in der Mark, und der Efeu, der sich bis in die
    Spitzbogen emporrankt, scheint zu wissen, was er an
    ihr hat. Der massive Turm geht in seinem zweiten
    Stockwerk sehr gefällig aus dem Viereck ins Achteck
    über, und eine pyramidenförmige Spitze schließt den
    ganzen Bau gefällig ab.
    Eine zweiundachtzigjährige Küstersfrau führte mich,
    und Großes und Kleines,

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