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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Trabanten
    zum Kurfürsten nach der Festung zu begleiten, er-
    schrak er sehr und konnte sich nicht darin finden,
    wie er dazu käme, unter militärischer Gewalt nach
    der Veste abgeführt zu werden. Seine Frau, welche
    ebenfalls hinzugekommen war, war noch mehr er-
    schrocken und fing schon ein gewaltiges Klagen an.
    Zugleich gab ihm der Anführer der Trabanten eine an
    die ganze Bürgerschaft gerichtete kurfürstliche Ord-
    re. Der Herr Bürgermeister sandte eine Magd eiligst
    nach dem Stadtdiener Strohband. Dieser, in gleicher
    Aufregung wie sein Herr, kam halb angekleidet und
    in Pantoffeln herbei. Er erhielt den Auftrag, sogleich

    1837
    zu allen Viertelmeistern zu gehen, um ihnen den kur-
    fürstlichen Befehl, der ebenfalls auf ein Erscheinen
    vor dem hohen Herrn hinauslief, bekanntzumachen.
    Während nun Strohband lief, um die Bürger zu
    bestellen, und der Herr Bürgermeister sich in aller
    Eile angekleidet hatte, mäßigte sich sein Schrecken,
    weil ihm sein gutes Gewissen sagte, daß der Kurfürst
    sowenig mit ihm wie mit der Bürgerschaft etwas
    Schlimmes im Sinne haben könne, da seines Wissens
    keine Sache vorlag, welche den Unwillen des hohen
    Herrn verdiente. Nachdem er seine Frau damit ge-
    tröstet und beruhigt hatte, ging er getrosten Mutes
    mit den Trabanten ab. Einige alte Frauen und Mägde,
    welche früh aufgestanden waren, um die Kühe vor
    den Hirten zu treiben, als sie sahen, daß der ge-
    strenge Herr Bürgermeister in der Mitte von Traban-
    ten des Kurfürsten zur Veste geleitet wurde, kreuz-
    ten und segneten sich und liefen schnell, um die
    Neuigkeit zu hinterbringen. Jeder zerbrach sich den
    Kopf. Endlich kam denn auch der Krummstock, der
    allen Bürgern den uns schon bekannten Befehl
    brachte. Die Neugierde wuchs, und die Frauen ver-
    gaßen ihre Morgensuppe; aber schon um sechs Uhr
    morgens zog die ganze löbliche Bürgerschaft, Vier-
    telmeister und Ratmänner voran, zum Tore hinaus
    der Festung zu.
    Als der Herr Bürgermeister Bier auf der Festung an-
    gekommen war, wurde er alsbald dem gnädigen Kur-
    fürsten vorgestellt, und als dieser ihm freundlichst
    entgegenkam, fiel ihm ein schwerer Stein vom Her-
    zen, und er vernahm nun vom Kurfürsten, daß er

    1838
    sich über den kleinen Schrecken, welchen ihm sein
    Spaß vielleicht verursacht hätte, beruhigen möchte;
    indessen wünsche er, daß die Bürgerschaft zu dem
    Vergnügen, welches er sich heute vorgesetzt habe,
    ihm willig die Hand bieten möge; er habe nämlich
    ebenfalls die Berliner und Cöllner Bürger dazu beor-
    dert, daß sie auf Schiffen mit den Spandauern ein
    Gefecht bestehen möchten , und selbige hätten sich dazu bereit erklärt und würden wohl bereits dazu
    unterwegs sein; ein Gleiches wünsche er von ihnen;
    Waffen habe er mitgebracht, Schiffe möchten sie
    nehmen, wo sie solche fänden; die Anordnung über-
    ließe er dem Bürgermeister, und er mache ihn heut
    zugleich zum Admiral der Flotte .
    Der Zug der Bürger kam indessen auf der Festung
    an. Der Kurfürst trat ihnen mit seinem Gefolge, den
    Herrn Bürgermeister in der Mitte, entgegen und sag-
    te ihnen:
    »Lieben Kinder, Spandower! Ihr habt wohl wer weiß
    was gedacht, daß ich euren Bürgermeister entführt
    und überhaupt euch so in Alarm gebracht habe. In-
    dessen ist es so schlimm nicht. Es ist nichts weiter,
    als daß ihr euch heute mit den Berlinern zu Wasser
    und vielleicht auch zu Lande schlagen sollt. Waffen
    liegen dort, und Brustharnische und Helmhauben
    auch; diese nehmt. Der Herr Bürgermeister wird al-
    les weiter anordnen, und wehrt euch tapfer!«
    Nun wurden ihnen hölzerne Spieße, alle von einerlei
    Länge und Stärke, Helme und Harnische zugeteilt,
    damit sie sich zum Streit bewaffnen sollten. Jetzt

    1839
    zurückgekehrt zur Stadt verwandelte sich der Schre-
    cken in Jubel, und alles beeiferte sich, das Seinige
    beizutragen, um den Spaß vollkommen zu machen.
    Da der neue Spandower Großadmiral wußte, daß die
    feindliche Berliner Flotte aus dreißig Segeln bestehen
    würde, so suchte er in der Eile aus den stets hier
    beiliegenden Stromschiffen ebenfalls einige zwanzig
    zusammenzubringen und solche zu bemannen; ge-
    übte Steuerleute waren auch bald gefunden, und
    jedes Schiff wurde mit einigen zwanzig Streitern un-
    ter einem Anführer besetzt.
    Auf das Admiralschiff wurde der Stadtmusikus be-
    stellt, und so wohlgerüstet und -geordnet erwarteten
    sie den Feind.
    Die Flotte hatte sich bei der Festung links, vor dem
    Platze an der

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