Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Trabanten
zum Kurfürsten nach der Festung zu begleiten, er-
schrak er sehr und konnte sich nicht darin finden,
wie er dazu käme, unter militärischer Gewalt nach
der Veste abgeführt zu werden. Seine Frau, welche
ebenfalls hinzugekommen war, war noch mehr er-
schrocken und fing schon ein gewaltiges Klagen an.
Zugleich gab ihm der Anführer der Trabanten eine an
die ganze Bürgerschaft gerichtete kurfürstliche Ord-
re. Der Herr Bürgermeister sandte eine Magd eiligst
nach dem Stadtdiener Strohband. Dieser, in gleicher
Aufregung wie sein Herr, kam halb angekleidet und
in Pantoffeln herbei. Er erhielt den Auftrag, sogleich
1837
zu allen Viertelmeistern zu gehen, um ihnen den kur-
fürstlichen Befehl, der ebenfalls auf ein Erscheinen
vor dem hohen Herrn hinauslief, bekanntzumachen.
Während nun Strohband lief, um die Bürger zu
bestellen, und der Herr Bürgermeister sich in aller
Eile angekleidet hatte, mäßigte sich sein Schrecken,
weil ihm sein gutes Gewissen sagte, daß der Kurfürst
sowenig mit ihm wie mit der Bürgerschaft etwas
Schlimmes im Sinne haben könne, da seines Wissens
keine Sache vorlag, welche den Unwillen des hohen
Herrn verdiente. Nachdem er seine Frau damit ge-
tröstet und beruhigt hatte, ging er getrosten Mutes
mit den Trabanten ab. Einige alte Frauen und Mägde,
welche früh aufgestanden waren, um die Kühe vor
den Hirten zu treiben, als sie sahen, daß der ge-
strenge Herr Bürgermeister in der Mitte von Traban-
ten des Kurfürsten zur Veste geleitet wurde, kreuz-
ten und segneten sich und liefen schnell, um die
Neuigkeit zu hinterbringen. Jeder zerbrach sich den
Kopf. Endlich kam denn auch der Krummstock, der
allen Bürgern den uns schon bekannten Befehl
brachte. Die Neugierde wuchs, und die Frauen ver-
gaßen ihre Morgensuppe; aber schon um sechs Uhr
morgens zog die ganze löbliche Bürgerschaft, Vier-
telmeister und Ratmänner voran, zum Tore hinaus
der Festung zu.
Als der Herr Bürgermeister Bier auf der Festung an-
gekommen war, wurde er alsbald dem gnädigen Kur-
fürsten vorgestellt, und als dieser ihm freundlichst
entgegenkam, fiel ihm ein schwerer Stein vom Her-
zen, und er vernahm nun vom Kurfürsten, daß er
1838
sich über den kleinen Schrecken, welchen ihm sein
Spaß vielleicht verursacht hätte, beruhigen möchte;
indessen wünsche er, daß die Bürgerschaft zu dem
Vergnügen, welches er sich heute vorgesetzt habe,
ihm willig die Hand bieten möge; er habe nämlich
ebenfalls die Berliner und Cöllner Bürger dazu beor-
dert, daß sie auf Schiffen mit den Spandauern ein
Gefecht bestehen möchten , und selbige hätten sich dazu bereit erklärt und würden wohl bereits dazu
unterwegs sein; ein Gleiches wünsche er von ihnen;
Waffen habe er mitgebracht, Schiffe möchten sie
nehmen, wo sie solche fänden; die Anordnung über-
ließe er dem Bürgermeister, und er mache ihn heut
zugleich zum Admiral der Flotte .
Der Zug der Bürger kam indessen auf der Festung
an. Der Kurfürst trat ihnen mit seinem Gefolge, den
Herrn Bürgermeister in der Mitte, entgegen und sag-
te ihnen:
»Lieben Kinder, Spandower! Ihr habt wohl wer weiß
was gedacht, daß ich euren Bürgermeister entführt
und überhaupt euch so in Alarm gebracht habe. In-
dessen ist es so schlimm nicht. Es ist nichts weiter,
als daß ihr euch heute mit den Berlinern zu Wasser
und vielleicht auch zu Lande schlagen sollt. Waffen
liegen dort, und Brustharnische und Helmhauben
auch; diese nehmt. Der Herr Bürgermeister wird al-
les weiter anordnen, und wehrt euch tapfer!«
Nun wurden ihnen hölzerne Spieße, alle von einerlei
Länge und Stärke, Helme und Harnische zugeteilt,
damit sie sich zum Streit bewaffnen sollten. Jetzt
1839
zurückgekehrt zur Stadt verwandelte sich der Schre-
cken in Jubel, und alles beeiferte sich, das Seinige
beizutragen, um den Spaß vollkommen zu machen.
Da der neue Spandower Großadmiral wußte, daß die
feindliche Berliner Flotte aus dreißig Segeln bestehen
würde, so suchte er in der Eile aus den stets hier
beiliegenden Stromschiffen ebenfalls einige zwanzig
zusammenzubringen und solche zu bemannen; ge-
übte Steuerleute waren auch bald gefunden, und
jedes Schiff wurde mit einigen zwanzig Streitern un-
ter einem Anführer besetzt.
Auf das Admiralschiff wurde der Stadtmusikus be-
stellt, und so wohlgerüstet und -geordnet erwarteten
sie den Feind.
Die Flotte hatte sich bei der Festung links, vor dem
Platze an der
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