Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Mann.
Der Gottfried Schönicke wurde demnach in aller Stil-
le beordert, ein Pferd zu nehmen und damit nach
Staaken zu reiten, um dort die Bauern und Knechte,
so viel wie anwesend wären und einen guten Knüp-
pel führen könnten, zusammenzunehmen, solche
1843
quer übers Feld und nach der Gegend der Valentins-
Insel zu führen, um von dort auf Kähnen nach dem
Saatwinkel geführt zu werden. Dann sollte Schönicke
während des Gefechts, unter Begünstigung der vie-
len Gebüsche, durch die Haselhorst den Berlinern in den Rücken fallen.
Der Schönicke führte seine Sache, da er die Kähne
dort richtig vorfand, so gut aus, daß er sich schon
nachmittags um drei Uhr an Ort und Stelle befand,
ohne daß die Berliner etwas davon ahnten. Nachmit-
tags um zwei Uhr fing die Anordnung zur Feldbataille
an. Es wurden zwei Schlachtordnungen formiert; die
erste hatte auf ihrem rechten Flügel die Bürger von
Berlin, auf dem linken Flügel standen die Cöllnischen,
zum Hinterhalt waren die übrigen Berliner aufge-
stellt. In der Mitte hielt der Kurfürst mit einem klei-
nen Teile seiner Trabanten; auf der einen Seite hat-
ten sie die Festung und den Graben, auf dem linken
Flügel die Spree, hinter sich aber den Wald.
Die Berlin-Cöllner nun, welche so gut postiert waren,
glaubten schon den Sieg in Händen zu haben und
triumphierten laut, forderten dabei immer die Span-
dower auf, herauszukommen. Die Spandower hinge-
gen erkannten ihre Schwäche und das Unvorteilhafte
ihrer Lage, doch munterten sie sich einander auf und
erwarteten nur die Zeit, von der sie glaubten, daß ihr
angeordneter Hinterhalt angekommen sein könnte.
Sie zogen nun getrost in kleinere Haufen geteilt, dem
Feinde entgegen, und der Streit begann. Man hielt
sich wacker hüben und drüben. Der Sieg schien nicht
zu wissen, wohin er sich neigen solle. Dennoch wür-
1844
den die Spandower schließlich überwunden worden
sein, wenn nicht Gottfried Schönicke mit seinen
leichten Truppen angekommen wäre. Dieser kam
plötzlich von der Haselhorst den Berlinern in den Rücken, der Hinterhalt derselben war bald in die
Flucht geschlagen, und nun ging's über die Hauptar-
mee los. Diese sah ihre Gefahr, hielt sich mit Erbitte-
rung noch eine Weile, aber die »Staakenschen« un-
ter Gottfried Schönicke gaben auch hier den Aus-
schlag und trieben endlich die vereinte Berlin-
Cöllnische Armee in die Flucht.
Der Streit war so heftig geworden, daß selbst das
Pferd des Kurfürsten von einem Spieße getroffen
wurde. Die Nacht brach herein, und der Kurfürst ließ
nun durch Herolde das Ende des Streites ausrufen.
Dies war ein Glück; die Erbitterung war groß, und
ohne diesen Abbruch des Gefechts würde Blut ge-
flossen sein.
Die Berliner zogen sich darauf durch den Wald, die
Jungfernheide, nach Berlin zurück, und die Spando-
wer hatten die Freude, daß ihnen der Kurfürst sagte:
» Kinder, ihr habt euch brav geschlagen! «
1845
Das Belvedère im Schloßgarten zu
Charlottenburg
Verschlossene Fenster,
Nichts ein noch aus,
Nur Spinnen und Gespenster
Sind hier zu Haus.
Es regnet. Auf den Plüschbänken des Charlottenbur-
ger Omnibus sitzt ein halbes Dutzend fröstelnde Ges-
talten, gleichgiltig oder verstimmt, jeder einen ab-
tröpfelnden Alpaka in Händen. Keiner spricht. Ein
Dunst, wie wenn Wäsche trocknet, nebelt um uns
her, und ein Kautschukmantel neben mir ist nicht
angetan, die klimatischen Verhältnisse zu bessern.
Es regnet, und am Ende mit Recht. Schreiben wir
doch den 19. November! Wer mag da Sonnenschein
fordern, wenn es ihn lüstet, den Charlottenburger
Schloßgarten zu besuchen. Was von den Menschen
gilt, gilt auch von den Tagen; man muß sie nehmen,
wie sie sind.
Da ist das »Knie«. Seine Rundung ist heute völlig
reizlos. Das »Türkische Zelt« sieht noch untürkischer
aus als gewöhnlich, und bei Morellis hocken drei
Sperlinge auf dem schräg gestellten Gartentisch,
ziehen die Köpfe ein und schütteln die Federn. Nur
die grüne Kuppel des Schlosses hat gewonnen; sie
sieht blau aus, frischer als sonst.
1846
An den leeren Gewehrpfosten vorüber, tret ich an
das halboffene Parkgitter; der Türhüter schüttelt den
Kopf. An solchem Tage Besuch! Er scheint die Frage ergründen zu wollen, ob ich Untat gegen mich oder
gegen andere sinne. Ein Unglücklicher oder...
»Ich möchte nach dem Belvedère. Erst durch die
Orangerie, dann gradaus; nicht wahr?« So Lokal-
kenntnis
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