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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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eine
    dreißig Fuß hohe Granitsäule auf Quaderstufen er-
    hebt. Von dem ionischen Kapitäl der Säule blickt die
    Marmorstatue der »Hoffnung« auf die Gräber herab.
    Blumenbeete schließen das Eisengitter ein.
    Die Zahl der Gräber, wenn ich richtig gezählt, beläuft
    sich auf zwölf, und wenig Raum ist gelassen für neu
    hinzukommende. Die Grabsteine, die sich der Säule
    zunächst befinden, darunter die Wilhelms von Hum-
    boldt seiner Gemahlin und der ältesten Tochter Karo-
    line, haben keine Inschriften, sondern Name, Ge-
    burts- und Todesjahr der Heimgegangenen sind in
    die Quadern des Postaments eingegraben. Die mehr
    am andern Ende des Gitters gelegenen Hügel aber
    weisen kleine Marmortäfelchen auf, die einfach den
    Namen und die Daten tragen und in ihrer Schlichtheit
    an die Stäbchen erinnern, die der Gärtner dort in die
    Erde steckt, wo er um die Herbstzeit ein Samenkorn
    für den Frühling eingelegt hat. Alle Gräber sind mit
    Efeu dicht überwachsen; nur eines, der Gittertür und
    dem Beschauer zunächst, entbehrt noch des fri-
    schen, dunkelgrünen Kleides. Fahl gewordene Tan-

    1834
    nenreiser bedecken die Stätte, aber auf den Reisern
    liegen Lorbeer- und Eichenkränze und verraten
    leicht, wer unter ihnen schläft.
    Wenn ich den Eindruck bezeichnen soll, mit dem ich
    von dieser Begräbnisstätte schied, so war es der,
    einer entschiedenen Vornehmheit begegnet zu sein.
    Ein Lächeln spricht aus allem und das resignierte
    Bekenntnis: Wir wissen nicht, was kommen wird,
    und müssen's – erwarten. Deutungsreich blickt die
    Gestalt der Hoffnung auf die Gräber hernieder. Im
    Herzen dessen, der diesen Friedhof schuf, war eine
    unbestimmte Hoffnung lebendig, aber kein bestimmter siegesgewisser Glaube . Ein Geist der Liebe und Humanität schwebt über dem Ganzen, aber nirgends
    eine Hindeutung auf das Kreuz, nirgends der Aus-
    druck eines unerschütterlichen Vertrauens. Das sol-
    len nicht Splitterrichter-Worte sein, am wenigsten
    Worte der Anklage; sie würden dem nicht ziemen, der selbst lebendiger ist in der Hoffnung als im Glauben. Aber ich durfte den einen Punkt nicht unberührt und ungenannt lassen, der, unter allen märkischen
    Edelsitzen, dieses Schloß und diesen Friedhof zu einem Unikum macht. Die märkischen Schlösser, wenn
    nicht ausschließlich feste Burgen altlutherischer Konfession, haben abwechselnd den Glauben und den
    Unglauben in ihren Mauern gesehen; straffe Kirch-
    lichkeit und laxe Freigeisterei haben sich innerhalb
    derselben abgelöst. Nur Schloß Tegel hat ein drittes Element in seinen Mauern beherbergt, jenen Geist, der, gleich weit entfernt von Orthodoxie wie von Frivolität, sich inmitten der klassischen Antike langsam,
    aber sicher auszubilden pflegt und, lächelnd über die

    1835
    Kämpfe und Befehdungen beider Extreme, das Dies-
    seits genießt und auf das rätselvolle Jenseits hofft .

    1. Der berühmte Bildhauer Canova war im Jahr
    1815 Kommissarius für die Zurückforderung
    der aus den päpstlichen Staaten nach Paris
    entführten Kunstdenkmäler.

    Die Seeschlacht in der Malche

    Of Nelson and the north
    Sing the glorious day's renown.
    Thomas Campbell

    Die Mittelhavel, wie schon hervorgehoben, ist eine
    lange Kette von Seen, Buchten und Becken.
    Eins dieser Becken, unmittelbar nördlich von Span-
    dau, ist die » Malche «, die so ziemlich den ganzen Raum zwischen dem Eiswerder und der Zitadelle
    füllt. Eine prächtige Breite, die zunächst einen Wie-
    senplan und, daran anschließend, den »Saatwinkel«
    und die Jungfernheide in Flanke und Rücken hat,

    1836
    während sich die Bastionen und der Rundturm der
    Festung in der blauen Tiefe spiegeln.
    Die Havelbuchtung nun, samt ihren Ufern, war in der
    Joachimischen Zeit, und zwar im Jahre 1567, der
    Schauplatz eines »Wasser- und Landgefechts«, über
    das Leuthinger in seiner Topographia marchica aus-
    führlich berichtet. Diesem Berichte entnehmen wir
    das Folgende:
    Kurfürst Joachim II., unser allergnädigster Herr,
    nachdem er abends spät mit seinem Hofstaate auf
    der Festung Spandow angekommen war, sandte, um
    den Bewohnern einen Schrecken zu bereiten, des
    Morgens ganz früh einige seiner Trabanten nach der
    Stadt Spandow, zum Hause des damaligen Bürger-
    meisters Bartholomäus Bier, welchen sie, da noch
    alles schlief, mit starkem Pochen an seiner Haustür
    erweckten. Da derselbe beim Öffnen der Tür die Tra-
    banten des Kurfürsten erblickte und sogleich den
    Befehl erhielt, sich anzukleiden und die

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