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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Geistererscheinungen, Dinge, die sich ihnen vielfach gesellten,
    oft in den Vordergrund traten, waren nur Zugaben,
    Hilfsmittel, starke Dosen, zu denen man griff; das

    2030
    Wesen der Sache lag darin: Macht zu äußern in einer Zeit, wo das Individuum machtlos war.
    Zwei Strömungen wurden alsbald erkennbar, die,
    neben einem starken Beisatz von Egoismus und
    Menschlichkeit, einen prinzipiellen Gehalt und einen
    prinzipiellen Gegensatz repräsentierten. Alle diese
    Gesellschaften indes, die einen derartig ideellen Kern
    andauernd und in Wahrheit und nicht nur dem Na-
    men nach hatten, bildeten weitaus die Minorität –
    das meiste lief auf Herrschsucht und Eitelkeit, auf
    Täuschung und unmittelbaren Betrug hinaus. Mit
    dieser letztern Gruppe der geheimen Gesellschaften, die, trotz ihres quantitativen Übergewichts, kamen
    und gingen, ohne eine Spur zu hinterlassen, die
    nichts waren als Modetorheit oder Modekrankheit,
    beschäftigen wir uns zuerst.
    Die Zahl dieser Gesellschaften, unglaublich zu sagen,
    ging vielleicht über 100 hinaus. Die meisten befan-
    den sich in Bayern und am Rhein. Regensburg, die
    alte Reichstagsstadt, war Mittelpunkt, und einer An-
    zahl von Aufsätzen, die in dem letzten Viertel des
    vorigen Jahrhunderts in der Reichstagszeitung veröf-
    fentlicht wurden, verdanken wir, mehr als irgendei-
    ner andern Quelle, Material, das uns Einblick gönnt
    in das Verbindungs- und Ordenswesen jener Zeit.
    Die genannte Zeitung schrieb in den Achtziger Jah-
    ren: »Nie hat sich der Sektengeist tätiger gezeigt als
    in unsern Tagen, welche man die aufgeklärten
    nennt... Der immer allgemeiner werdende Hang zum
    Aberglauben, der uns in die Zeiten des Mittelalters
    zurückwirft, wird durch den alle Kräfte der Erwer-

    2031
    bung übersteigenden Luxus und durch das ge-
    schwächte Nervensystem der jetzigen Generation
    (also auch schon 1785!) ungemein befördert. Unsre
    Großen suchen den Stein der Weisen, um unsterblich
    zu werden, und erhoffen von den Geheimnissen der
    Alchimie die Mittel zur Befriedigung ihrer Neigun-
    gen.«
    Die Reichstagszeitung fährt dann fort: »An keinem
    Orte der Welt sind mehr Verehrer solcher neuen Wis-
    senschaften anzutreffen als an dem Wohnsitze des
    Reichstages, in Regensburg selbst. Hier befinden
    sich: Loyolisten im gestickten Kleid, im Chorgewand
    und im einfachen Kittel; Gaßnerianer und Mesmeria-
    ner; Kabbalisten und Somnambulisten; Magier der
    verschiedensten Stufen und Namen; Cagliostro-
    Anhänger, die den Stein der Weisen suchen, und
    ›Lammsbrüder, die sich vom inneren Stolze nähren‹
    – Vereinigungen, die samt und sonders schwarze
    und weiße Magie treiben, aus Zahlen, Buchstaben
    und Worten die Geheimnisse der Natur und der Staa-
    ten prophezeien, die ewige Jugend suchen, vor allem
    aber den echtesten Grundsatz aller Schwärmer ü-
    ben: sich untereinander zu verfolgen.«
    So die Reichstagszeitung. Die Orden, die wir vorste-
    hend aufgeführt, wie sie nur einen ganz kleinen Teil
    der in Regensburg vertretenen, geschweige denn der
    in ganz Deutschland damals verbreiteten Ordensge-
    sellschaften bildeten, waren andererseits immer noch
    Grenznachbarn, oft wirkliche Abzweigungen jener
    zwei großen Körperschaften, der » Aufklärer « und der
    » Dunkelmänner «, die ihren Kern in der Idee hatten 2032
    und auf die wir zurückkommen. Es gab aber andere,
    die sich absolut von jedem ideellen Gehalt entfernt
    hatten oder das Ideelle doch bloß als ein nervenan-
    regendes Komödienspiel trieben.
    Aus der Reihe dieser greifen wir einige Musterbei-
    spiele heraus.
    Da war vorerst die » Dukatensozietät «. Sie war schon um 1746 durch den Grafen Karl Ludwig von Wied-Neuwied gestiftet worden. Die Gesellschaft ging aufs
    Praktische und war deshalb auch in der glücklichen Lage, in betreff aller kirchlichen Dinge das Wort »Toleranz« auf ihre Fahne schreiben zu können.
    »Religionsvorurteile können unmöglich bei einer In-
    stitution Einfluß haben, die sich auf Tugend und Geselligkeit gründet und die wahre Menschenliebe zu ihrem Wegweiser hat.«
    Die » wahre Menschenliebe« lernen wir nun aus Paragraph 7 der Statuten kennen. Es heißt daselbst: »Da
    jeder monatlich gerne einen Dukaten zur Sozie-
    tätskasse zahlen wird, wenn er hoffen darf, nicht nur
    dieser Bezahlung bald entledigt zu werden, sondern
    sogar viele Dukaten monatlich zu empfangen , so
    wird er für das erste anderweite Mitglied, das er sei-
    nerseits zum Eintritt engagiert, von der Zahlung

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