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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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des-
    selben ankam. Er ergriff mich ungeduldig bei der
    Hand und zog mich gleichsam mit sich fort.
    Sah ich je etwas Feenmärchenähnliches, so war's im
    Augenblick des Eintritts in den Garten. Alles in grü-
    nem Feuer; unzählig flammende Lampen; Gemurmel
    entfernter Wasserfälle. Nachtigallengesang, Blüten-
    duft, kurz, alles schien überirdisch und die Natur in
    Zauber aufgelöst zu sein. Man wies mir meinen Platz
    hinter einer Laube an, deren Inneres reich ge-
    schmückt war und wohinein man kurz darauf einen
    Ohnmächtigen führte, vermutlich den, dem man in

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    der Totengruft die Ader geöffnet hatte. Doch gewiß
    weiß ich es nicht, weil die Gewänder aller Handeln-
    den jetzt prächtig und reizend von Form und Farbe
    und mir dadurch wieder ganz neu waren. Sogleich
    erhielt ich das Zeichen zum Spiele.
    Da ich nunmehr genötigt war, mehr auf mich als auf
    andere achtzugeben, so ging allerdings vieles für
    mich verloren. Soviel aber nahm ich deutlich wahr,
    daß sich der Ohnmächtige kaum nach einer Minute
    des Spielens erholte und mit äußerster Verwunde-
    rung fragte: ›Wo bin ich? wessen Stimme höre ich?‹
    – Frohlockender Jubel und Trompeten und Pauken
    war die Antwort. Alles griff zugleich nach den Degen
    und eilte tiefer in den Garten, wo das Fernere für
    mich wie verschwunden war.
    Ich schreibe Ihnen dieses nach einem kurzen und
    unruhigen Schlaf. Gewiß, hätte ich nicht noch ges-
    tern, ehe ich mich zu Bette legte, diese Szene in
    meine Schreibtafel aufgezeichnet, ich wäre sehr ge-
    neigt, dies alles für einen Traum zu halten. Leben Sie
    wohl.«
    Die vorstehende Schilderung hat uns bereits in eine
    Gruppe von Ordensverbindungen (oder doch bis an
    die Grenze derselben) geführt, in denen »Erschei-
    nungen« als Nervenstimulus und dieser wieder als
    »Mittel zum Zweck« die Hauptsache waren.
    Wir wenden uns nunmehr diesen Magiern und ihren
    Verbindungen zu. Zuvor aber noch eine Bemerkung.

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    Auch jene Orden, die, was immer ihre Schwächen
    und Gebrechen sein mochten, doch in erster Reihe
    immer das Prinzip wollten und in Wahrheit ernst und aufrichtig einen geistigen Kern hatten, auch diese
    bedeutsameren, nicht ephemeren, wirklich zu politischer und sozialer Bedeutung gelangenden Orden
    glaubten wohl oder übel eines gelegentlichen Operie-
    rens mit »Erscheinungen« nicht entbehren zu kön-
    nen. Wir werden darauf ausführlicher zurückkommen
    und festzustellen suchen, wieviel davon zulässig o-
    der, richtiger, wie groß oder wie gering das Maß der
    Verschuldung war.
    Mit diesen ernsteren Bestrebungen, die sich gele-
    gentlich im Mittel irrten, haben aber, trotz einer ge-
    wissen äußeren Ähnlichkeit, jene zu neun Zehntel
    auf Lug und Trug gestellten Vergesellschaftungen
    nichts gemein, die nicht einmal das ohnehin gefährliche und fragwürdige: »Der Zweck heiligt die Mittel«
    für sich geltend machen konnten, sondern einfach,
    unter prätentiösen Phrasen, ihrem Gewinn oder irdi-
    schem Vorteil nachjagten. Es waren Spekulanten und
    Komödianten. Geister erscheinen lassen war ihr Ge-
    schäft und nur ihr Geschäft. Wir machen uns zu-nächst damit vertraut, wie sie dies Metier betrieben.

    1. Der betreffende Brief gibt sich das Ansehen,
    als sei er aus Wien datiert und als habe die
    ganze Szene auf einem Landgut in der Nähe
    Wiens gespielt. Wer aber je in Marquardt war
    und den dortigen Park, den See, die Grotte,

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    das Schloß und seine tiefen Doppelkeller ken-
    nengelernt hat, dem wird sich's zunächst auf-
    drängen, daß hier durchaus Marquardt ge-
    meint sein müsse. Es ist aber trotz alledem
    nicht der Fall, kann nicht sein, da Marquardt erst 1795 in die Hände Bischofswerders kam.

    Es gab, soweit wir imstande gewesen sind, uns aus
    den verschiedensten Schriften zu informieren, vier
    Arten des Betriebes. Kleinere Abweichungen kom-
    men nicht in Betracht. Es waren:
    1. Das Schattenbild auf weißer durchsichtiger Fläche.
    Eine Art Laterna magica. Dies war die plumpeste Art.
    2. Das Hohlspiegelbild auf weißer Wandfläche. Ein Verfahren, das, bei Geisterszenen auf der Bühne,
    auch jetzt noch zu gelegentlicher Anwendung
    kommt.
    3. Das Hohlspiegelbild auf Rauch und Qualm.
    4. Bloße Benebelung und Einwirkung auf die Imagination, so daß man Dinge sieht, die gar nicht da
    sind.
    Über diese letztere Art des Verfahrens, die die un-
    glaublichste scheint und, richtig gehandhabt, doch
    vielleicht die sicherste war, entnehmen wir zeitge-
    nössischen Memoiren das

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