Wanderungen durch die Mark Brandenburg
des-
selben ankam. Er ergriff mich ungeduldig bei der
Hand und zog mich gleichsam mit sich fort.
Sah ich je etwas Feenmärchenähnliches, so war's im
Augenblick des Eintritts in den Garten. Alles in grü-
nem Feuer; unzählig flammende Lampen; Gemurmel
entfernter Wasserfälle. Nachtigallengesang, Blüten-
duft, kurz, alles schien überirdisch und die Natur in
Zauber aufgelöst zu sein. Man wies mir meinen Platz
hinter einer Laube an, deren Inneres reich ge-
schmückt war und wohinein man kurz darauf einen
Ohnmächtigen führte, vermutlich den, dem man in
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der Totengruft die Ader geöffnet hatte. Doch gewiß
weiß ich es nicht, weil die Gewänder aller Handeln-
den jetzt prächtig und reizend von Form und Farbe
und mir dadurch wieder ganz neu waren. Sogleich
erhielt ich das Zeichen zum Spiele.
Da ich nunmehr genötigt war, mehr auf mich als auf
andere achtzugeben, so ging allerdings vieles für
mich verloren. Soviel aber nahm ich deutlich wahr,
daß sich der Ohnmächtige kaum nach einer Minute
des Spielens erholte und mit äußerster Verwunde-
rung fragte: ›Wo bin ich? wessen Stimme höre ich?‹
– Frohlockender Jubel und Trompeten und Pauken
war die Antwort. Alles griff zugleich nach den Degen
und eilte tiefer in den Garten, wo das Fernere für
mich wie verschwunden war.
Ich schreibe Ihnen dieses nach einem kurzen und
unruhigen Schlaf. Gewiß, hätte ich nicht noch ges-
tern, ehe ich mich zu Bette legte, diese Szene in
meine Schreibtafel aufgezeichnet, ich wäre sehr ge-
neigt, dies alles für einen Traum zu halten. Leben Sie
wohl.«
Die vorstehende Schilderung hat uns bereits in eine
Gruppe von Ordensverbindungen (oder doch bis an
die Grenze derselben) geführt, in denen »Erschei-
nungen« als Nervenstimulus und dieser wieder als
»Mittel zum Zweck« die Hauptsache waren.
Wir wenden uns nunmehr diesen Magiern und ihren
Verbindungen zu. Zuvor aber noch eine Bemerkung.
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Auch jene Orden, die, was immer ihre Schwächen
und Gebrechen sein mochten, doch in erster Reihe
immer das Prinzip wollten und in Wahrheit ernst und aufrichtig einen geistigen Kern hatten, auch diese
bedeutsameren, nicht ephemeren, wirklich zu politischer und sozialer Bedeutung gelangenden Orden
glaubten wohl oder übel eines gelegentlichen Operie-
rens mit »Erscheinungen« nicht entbehren zu kön-
nen. Wir werden darauf ausführlicher zurückkommen
und festzustellen suchen, wieviel davon zulässig o-
der, richtiger, wie groß oder wie gering das Maß der
Verschuldung war.
Mit diesen ernsteren Bestrebungen, die sich gele-
gentlich im Mittel irrten, haben aber, trotz einer ge-
wissen äußeren Ähnlichkeit, jene zu neun Zehntel
auf Lug und Trug gestellten Vergesellschaftungen
nichts gemein, die nicht einmal das ohnehin gefährliche und fragwürdige: »Der Zweck heiligt die Mittel«
für sich geltend machen konnten, sondern einfach,
unter prätentiösen Phrasen, ihrem Gewinn oder irdi-
schem Vorteil nachjagten. Es waren Spekulanten und
Komödianten. Geister erscheinen lassen war ihr Ge-
schäft und nur ihr Geschäft. Wir machen uns zu-nächst damit vertraut, wie sie dies Metier betrieben.
1. Der betreffende Brief gibt sich das Ansehen,
als sei er aus Wien datiert und als habe die
ganze Szene auf einem Landgut in der Nähe
Wiens gespielt. Wer aber je in Marquardt war
und den dortigen Park, den See, die Grotte,
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das Schloß und seine tiefen Doppelkeller ken-
nengelernt hat, dem wird sich's zunächst auf-
drängen, daß hier durchaus Marquardt ge-
meint sein müsse. Es ist aber trotz alledem
nicht der Fall, kann nicht sein, da Marquardt erst 1795 in die Hände Bischofswerders kam.
Es gab, soweit wir imstande gewesen sind, uns aus
den verschiedensten Schriften zu informieren, vier
Arten des Betriebes. Kleinere Abweichungen kom-
men nicht in Betracht. Es waren:
1. Das Schattenbild auf weißer durchsichtiger Fläche.
Eine Art Laterna magica. Dies war die plumpeste Art.
2. Das Hohlspiegelbild auf weißer Wandfläche. Ein Verfahren, das, bei Geisterszenen auf der Bühne,
auch jetzt noch zu gelegentlicher Anwendung
kommt.
3. Das Hohlspiegelbild auf Rauch und Qualm.
4. Bloße Benebelung und Einwirkung auf die Imagination, so daß man Dinge sieht, die gar nicht da
sind.
Über diese letztere Art des Verfahrens, die die un-
glaublichste scheint und, richtig gehandhabt, doch
vielleicht die sicherste war, entnehmen wir zeitge-
nössischen Memoiren das
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