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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Katastrophe von Jena fuhr aber dazwischen, und
    so ging dies Bild, das seinem Gegenstande nach in
    das Boudoir einer Fürstin oder Oberhofmeisterin ge-
    hörte, in kleinbürgerliche Hände über und wechselte
    mehrfach seine Eigentümer. Bis 1821 besaß es Herr
    Asner in Berlin, dann kam es nach Schlesien, und der
    letzte der drei aufgeklebten Briefzettel, womit
    dann (1850) die Irrfahrten dieses Bildes schließen,
    lautet wie folgt: »Der gegenwärtige Eigentümer die-
    ses Bildes ist der königliche Kreisgerichtssecretair
    und Kanzleidirektor Wilhelm Heinrich aus Glatz, zur
    Zeit in Breslau, bis 17. August in Berlin. Beim Doktor
    Stoll in der Charité zu erfragen.« Das Weitere ergibt
    sich leicht. Der Kanzleidirektor, in richtiger Erkennt-
    nis dessen, was er besaß, bot ein Gemälde, das recht
    eigentlich ein Hohenzollernsches Haus- und Famili-

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    enbild war, dem König Friedrich Wilhelm IV. zum
    Kauf an und hatte richtig gerechnet. Der König gab
    dem Bilde seinen Platz: Paretz.
    Die Räume des Schlosses erlitten geringe Umwand-
    lungen seit 1805; ein Zimmer blieb völlig intakt, das Schlafzimmer. Die Himmelbetten stehen noch wie
    damals; die Tische und Toiletten, das kleine Klavier,
    das die Königin selbst benutzte, die Kommoden in
    den Formen des ersten Kaiserreichs – alles behaup-
    tet noch die alte Stelle; auch die »Supraporten«
    blieben, die Genien und Amoretten über der Tür.
    Noch flattern ihre Bänder, noch streuen sie Rosen,
    aber die Bänder sind vergilbt, und die Rosen sind
    verwelkt. Selbst das Bild des Glückes konnte die Jugend nicht wahren.
    Wir treten zurück in den Park. Alles Leben und Licht.
    Das Einzelne fällt, das Ganze bleibt.

    Die Kirche
    Dem Schloß gegenüber, hinter einem uralten Maul-
    beerbaum halb versteckt, liegt die Kirche, ein weit
    zurückgehender Bau, dessen Alter bei den vielen
    Wandlungen, die er durchzumachen hatte, schwer zu
    bestimmen ist. Dabei stellen wir die letzten Renovie-
    rungen, weil diese seinen Stil wenigstens unverän-
    dert ließen, nicht einmal mit in Rechnung. Eine letzte
    gründliche Wandlung erfuhr die Kirche wahrschein-
    lich verhältnismäßig spät, in Jahren, da der Protes-

    2090
    tantismus schon die Oberhand im Lande hatte – eini-
    ge Glasbilder tragen die Zahl 1539. Um ebendiese
    Zeit, so schließen wir, oder doch nicht viel früher,
    erfolgte die Gotisierung des Baues, der vorher längst
    vorhanden und, wie alle die zahlreichen Feldsteinkir-
    chen in der Mark, romanisch war.
    Wie jetzt das Kirchlein sich präsentiert, sticht es je-
    denfalls sehr vorteilhaft von dem gegenübergelege-
    nen Schloßbau ab, mit dem es nur das Alleräußer-
    lichste und Gleichgültigste, die gelbe Tünche, gemein
    hat. Wieviel Anheimelndes in dieser gotischen For-
    menfülle, in diesem Reichtum von Details, und wie-
    viel Erkältendes in dieser bloß durchfensterten Flä-
    che, die sich nirgends zu einem Ornament erhebt!
    Eine indifferente Alltagsschönheit, die den Dünkel
    hat, keinen Schmuck tragen zu wollen. Erst die
    Phantasie, die geschichtskundig das Schloß mit Le-
    ben und Gestalten füllt, macht es uns lieb und wert,
    hebt über den ersten Eindruck der Nüchternheit hin-
    weg.
    An dem Maulbeerbaum vorbei treten wir jetzt in die
    Kirche ein. Wir wählen das Westportal. Der Eindruck
    besonderer Gefälligkeit, den schon das Äußere übt,
    er wiederholt sich hier; die Restaurierung ist pietät-
    voll zuwege gegangen. Alles Anmutige und Zierliche,
    alles, was in Form oder Farbe auch das Laienauge
    angenehm berühren konnte, man ließ es der Kirche
    und sorgte nur, wie es sein soll, für Luft und Licht,
    für Raum und Bequemlichkeit. Die nördliche Hälfte
    des Querschiffs wurde zum »Königsstuhl«, der Raum

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    hinter dem Altär, also der hohe Chor, zu einer Art
    Kunstkammer hergerichtet.
    Um diese beiden Punkte dreht sich das Interesse der
    Kirche. Zuerst der Chor . Mannigfach sind die Geschenke, womit königliche Munifizenz ihn bedachte.
    Auf engem Raum drängen sich hier die Bilder, meist
    Jugendarbeiten des trefflichen Wach: »Johannes der
    Täufer«, »Christus mit Johannes und Matthäus«,
    »Christus auf Gethsemane«. Das größte und bedeu-
    tendste aber, das sich hier findet, ist eine »Grable-
    gung« von Schumann; die ohnmächtig niedersinken-
    de Maria gilt als vorzugsweise gelungen. – Reich ge-
    schmückt, wie dieser Raum hinter dem Altar, ist vor
    allem auch der Altar selbst; eine schwere, grüne
    Damastdecke mit eingestickten

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