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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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nächste Erntefest kam, war
    alles vorüber. Eine stillere Stätte hatte ihn aufge-
    nommen als selbst Paretz.

    Paretz seit 1840
    Am 7. Juni 1840 war Friedrich Wilhelm III. aus dieser
    Zeitlichkeit geschieden; Paretz, samt den zwei an-
    grenzenden Schatullegütern Uetz und Falkenrehde,
    fiel dem Thronfolger, Friedrich Wilhelm IV., zu;
    1862, nachdem auch dieser aus der Unruhe in die
    Ruhe gegangen war, kam der schöne, erinnerungs-
    reiche Besitz an den jetzigen Kronprinzen.
    Die Glanztage von Paretz sind nicht wiedergekehrt,
    und sie werden kaum wiederkehren. Es bedurfte des
    eigenartig-scheuen Charakters Friedrich Wil-
    helms III., um diesen Platz über sich selbst zu erhe-
    ben. Ein rechter »out-of-the-way-place«, hindert ihn
    jetzt seine Abgeschiedenheit ebensosehr, wie ihn
    dieselbe einst zu ungeahnten Ehren führte. Was ihn
    jetzt noch hält, ist Pietät, Haustradition – nur das
    Wohlwollen der »neuen Herrschaft« ist ihm geblie-
    ben. Alle zwei Jahre, am Geburtstage des Kronprin-
    zen, werden die Dorfkinder neu eingekleidet: die
    Knaben erhalten des »Königs Rock«, der Uniform des
    24. Landwehrregiments nachgebildet, während die
    Mädchen in russisch-grünen Tibetkleidern ihren Um-
    zug halten.

    2083
    Das Wohlwollen gegen die Paretzer ist das alte
    geblieben. Aber Paretz selbst ist nicht mehr, was es
    war. Kein Sehnsuchtspunkt mehr, nur noch ein Punkt
    für Erinnerung und stille Betrachtung.

    1. General von Köckritz mochte wohl so schrei-
    ben. Dieser liebenswürdige Mann (den Stein
    wohl zu hart beurteilt hat, denn »niemand ist
    verpflichtet, ein großer Mann zu sein«) stand
    damals auf der Höhe seiner Gunst und seines
    Ansehens. Es war so recht eigentlich die
    Köckritz-Epoche. In diese Epoche fällt auch
    die seinerzeit viel bewunderte Geschichte vom
    »Pfeifchen und Fidibus«, die beide dem über-
    raschten General, einem leidenschaftlichen
    Raucher, von der Königin präsentiert wurden.
    Wir übergehen diese Anekdote nicht nur des-
    halb, weil sie oft erzählt worden ist, sondern
    viel mehr noch aus ästhetischen Bedenken,
    weil sie einen Hergang festzuhalten trachtet,
    der als Erlebnis reizend, als Plauderanekdote,
    über den Tisch hin, annehmbar, aber als ge-
    druckte Geschichte mindestens entbehrlich
    ist. Schwarz auf weiß macht schwerfällig und
    entzaubert manches. Man kann dreist be-
    haupten, die Helden, die durch solche oder
    ähnliche Anekdoten glorifiziert werden sollen,
    haben unter ihnen zu leiden, wie unter einer
    Jugendtorheit. Es gilt hier fein zu unterschei-
    den. Dieselbe Geschichte, die, auf einem Jun-
    gen-Damen-Kaffee vorgetragen, ein ungeteil-

    2084
    tes und berechtigtes Entzücken weckt, wird
    sich in einem Zeitungsblatt etwas insipide
    ausnehmen, und die bejubeltste, als unbe-
    dingt »bester Witz der Neuzeit« proklamierte
    Jagd- und Portweinanekdote wird am besten
    tun, auf Darstellung in Typen ganz zu verzich-
    ten.

    2. Allerhand Spiele: Turnen, Wettlaufen, waren
    an der Tagesordnung; die Sieger wurden be-
    schenkt. Unter Anleitung der jungen Prinzen
    Karl und Albrecht kam die Bildung einer Art
    Paretzer Legion. zustande, die im Feuer exer-
    zierte und manövrierte, wobei sieben kleine
    Kanonen benutzt wurden, von denen eine,
    mit dem Greif und der Jahreszahl 1588, bis
    diesen Tag unter den Dörflern existiert. Bei
    einer bestimmten Gelegenheit – es mochte
    um 1820 sein, als die »Russen« einen ihrer
    Sommerbesuche machten – kam es zu einem
    vollständigen Gefecht zwischen der Paretzer
    Legion und den Zöglingen des Potsdamer Mili-
    tärwaisenhauses, die nach Paretz hinaus be-
    fohlen und mit ihren Waffen erschienen wa-
    ren. Die Legionäre nahmen ihnen, in einem
    unbewachten Augenblick, die Waffen fort, be-
    zogen unter Führung und Anfeuerung des
    Großfürsten eine Art Waldposition und be-
    haupteten sich im Besitz ihrer Beutestücke.
    Der König folgte der Bataille mit dem lebhaf-
    testen Interesse und meinte schließlich: »die
    Dorfluft scheine doch derber zu machen«.

    2085

    II

    Wo nun Gras und Staude beben,
    Hat in froher Kraft geblüht,
    Ist zu Asche bald verglüht
    Manches reiche Menschenleben.
    Die der Tod hinweggenommen,
    Die hier einst so glücklich war:
    Der geschiednen Seelen Schar,
    Nachtigall, du hörst sie kommen.
    Lenau

    Das Schloß in Paretz
    So ging das Geplauder. Die wachsende Schwüle des
    Julinachmittags, wir empfanden sie nicht; ein leiser
    Luftstrom zog von der Havel her herauf und trug uns
    die Kühle des Wiesengrundes und den

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