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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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stehen sich dabei nicht erheblich schlechter
    als die Lipper. Während der Sommermonate teilen
    sie den Arbeitsplatz mit den letzteren derart, daß die
    Lipper zur Rechten, die Einheimischen zur Linken
    ihre Ziegel streichen. Soweit sind sie den Lippern
    ebenbürtig. Darin aber stehen sie hinter diesen zu-
    rück, daß diese das Recht haben, ihre Ziegel zuerst zu brennen. Mit andern Worten, solange die Sommercampagne dauert, gehört der Ofen ausschließlich
    den Lippern, und erst wenn diese fort sind, ziehen
    die Einheimischen mit den vielen Millionen Ziegeln,
    die sie inzwischen gestrichen und getrocknet haben,
    auch ihrerseits in den Ofen ein.
    Die dritte Gruppe von Beschäftigten sind die Tage-
    löhner . Sie arbeiten auf Tagelohn, erhalten täglich acht Silbergroschen der Mann (sechs Silbergroschen
    die Frau) und bilden die Unter schicht einer Gesellschaft, in der die Ziegelstreicher, wie eine mittelal-
    terliche Handwerkszunft, die Ober schicht bilden. Sie sind bloße Handlanger, Aushilfen für den groben

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    Dienst, der keine »Kunst« verlangt, und erheben sich
    nach Erscheinung und allgemeiner Schätzung wenig
    über ein dörfliches Proletariat, das denn auch meis-
    tens in Familienhäusern untergebracht zu werden
    pflegt.
    Dies führt mich auf die Gesundheitsverhältnisse die-
    ser Ziegelbrenner-Distrikte. Die Berichte darüber
    gehen sehr auseinander, und während von einer Sei-
    te her – beispielsweise von Potsdamer Hospitalärzten
    – versichert wird, daß dieser stete Wechsel von Naß-
    kälte und Glühofenhitze die Gesundheit früh zerstö-
    re, versichern die Glindower Herren, daß nichts ab-
    härtender und nichts gesunder sei als der Ziegel-
    dienst in Glindow. Personen zwischen siebzig und
    achtzig Jahren sollen sehr häufig sein. Die Streitfrage mag übrigens auf sich beruhen. Sie scheint uns so zu
    liegen, daß dieser Dienst eine angeborene gute Ge-
    sundheit und gute Verpflegung verlangt – sind diese
    Bedingungen erfüllt, so geht es; die kümmerliche
    Tagelöhnerbevölkerung aber, die »nichts drin, nichts
    draußen« hat und zum Teil von einem elenden El-
    ternpaar geboren und großgezogen wurde, geht al-
    lerdings früh zugrunde.
    Der Gesamtziegelbetrieb ist, soweit Glindow selbst in
    Betracht kommt, in Händen weniger Familien: Fritze,
    Hintze, Fiedler; etwa neun große Öfen sind im Gan-
    ge. Die Gesamtmasse produzierter Steine geht bis
    sechzehn Millionen, früher ging es über diese Zahl
    noch hinaus. Die Summen, die dadurch in Umlauf
    kommen, sind enorm. 1000 Steine = 8 Taler; also
    sechzehn Millionen (1000 mal 8 mal 16) =

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    128 000 Taler. Dies auf wenige Familien verteilt,
    muß natürlich einen Reichtum erwarten lassen, und
    in der Tat ist er da. Aber wie in Werder, so ist doch
    auch hier in Glindow dafür gesorgt, daß Rückschläge
    nicht ausbleiben, und es gibt Zeitläufte, wo die Fab-
    riken mit Schaden arbeiten. Überall im Lande wach-
    sen die Ziegelöfen wie über Nacht aus der Erde, und
    die Konkurrenz drückt die Preise. Die Zeiten, wo
    1000 Steine fünfzehn Taler einbrachten, sind vorläu-
    fig dahin, man muß sich, wie schon angedeutet, mit
    acht und selbst mit siebeneinhalb begnügen. Nun
    berechne man die Zinsen des Erwerbs- und Betriebs-
    kapitals, das Brennmaterial, den Lohn an die Erdar-
    beiter, die Ziegelstreicher (zwei Taler) und die Tage-
    löhner, endlich die Kahnfracht (ebenfalls anderthalb
    Taler), so wird sich ergeben, daß von diesen acht
    Talern für je 1000 Steine nicht viel zu erübrigen ist.
    Die Hauptsorge machen immer die Schiffer. Sie bil-
    den überhaupt, wie jeder weiß, der mit ihnen zu tun
    hatte, eine der merkantil gefährlichsten Menschen-
    klassen. Mit erstaunlicher List und Aushorchekunst
    wissen sie in Erfahrung zu bringen, welche Kontrakte
    die Ziegelbrenner mit diesem oder jenem Bauunter-
    nehmer der Hauptstadt abgeschlossen haben. Lautet
    der Kontrakt nun etwa dahin: »Die Steine müssen
    bis Mitte Oktober abgeliefert sein«, so hat der Schif-
    fer den Ziegelbrenner in der Hand; er verdoppelt
    seine Forderungen, weil er weiß, er kann es wagen,
    der Ziegelbrenner muß zahlen, wenn er nicht der ganzen Einnahme verlustig gehen will.
    Die glänzende Zeit dieses Betriebes ist vorüber2),
    genau seit jener Epoche, wo die Ziegelbrennerei ei-

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    nen neuen Aufschwung zu nehmen schien, seit Ein-
    führung der Ringöfen . Der Ringofen verbilligte die Herstellung des Steins; die ersten, die sich seiner
    bedienten, hatten enorme

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