Wanderungen durch die Mark Brandenburg
daß
sich in diesen Lehmlagern Bernstein findet, und zwar in erheblicher Menge. Die meisten Stücke sind hasel-nußgroß und somit ohne besonderen Wert, es finden
sich aber auch Stücke von der Größe einer Faust,
dabei sehr schön, die bis zu fünfundzwanzig Talern
verkauft werden. Wer solch Stück findet, hat einen
Festtag.
Soviel über die Lehmberge des Innen reviers. Ganz anders ist das Auftreten der Lager im Außen revier jenseit der Havel. Der dort vorkommende Lehm ist
sogenannter Wiesenlehm, der nur sechs Fuß unter
der Rasenoberfläche liegt, aber auch selber nur in
einer Schicht von sechs bis acht Fuß auftritt. Er ist
wegen des geringen »Abraums«, der fortzuschaffen
ist, leichter zugänglich; all diese Lager sind aber ver-2258
hältnismäßig leicht erschöpft, auch ist das Material
nicht voll so gut.
Dieser Unterschied im Material – wie mir alte Ziegel-
brenner versicherten – ist übrigens viel bedeutungs-
loser, als gewöhnlich angenommen wird. Wie bei so
vielem in Kunst und Leben kommt es darauf an, was
Fleiß und Geschick aus dem Rohmaterial machen.
Das Beste kann unvollkommen entwickelt, das
Schwächste zu einer Art Vollkommenheit gehoben
werden. So auch beim Ziegelbrennen. Die berühm-
testen Steine, die hierzulande gebrannt werden, sind
die »roten Rathenower« und die »gelben Birkenwer-
derschen«. Aber was ihnen ihre Vorzüglichkeit leiht,
ist nicht das Material, sondern die Sorglichkeit, die Kunst, mit der sie hergestellt werden. Jedem einzelnen Stein wird eine gewisse Liebe zugewandt. Das
macht's. Der birkenwerdersche Ton beispielsweise ist
unscheinbar; aber geschlemmt, gesäubert, gemahlen
wird er zu einem allerdings feinen Materiale entwi-
ckelt, und die Art des Streichens und Brennens
macht ihn schließlich zu etwas in seiner Art Vollende-
tem. Man geht dabei so weit, daß die Messer beim
Formen des Steines jedesmal geölt werden, um dem
Ziegel dadurch die Glätte, Ebenheit und Schärfe zu
geben, die ihn auszeichnet.
Auch in Glindow und seinen Dependenzien wird ein
vorzüglicher Stein gebrannt, aber dennoch nicht ein
Stein, der den Rathenowern und Birkenwerderschen
gleichkäme. Die Herstellung im Dorfe Glindow selbst
erfolgt durch etwa 500 Arbeiter aller Art. Wir unter-
scheiden dabei: fremde Ziegelstreicher, einheimische 2259
Ziegelstreicher und Tagelöhner . Über alle drei Kate-gorien ein Wort.
Fremde Ziegelstreicher werden hier seit lange verwandt. Die einheimischen Kräfte reichen eben nicht
aus. Früher waren es »Eichsfelder«, die kamen und
hier, ähnlich wie die Warthebruch-Schnitter oder
Linumer Torfgräber, eine Sommercampagne durch-
machten. Aber die »Eichsfelder« blieben schließlich
aus oder wurden abgeschafft, und an ihre Stelle tra-
ten die »Lipper«. Die behaupten noch jetzt das Feld.
Die Lipper, nur Männer, kommen im April und blei-
ben bis Mitte Oktober. Sie ziehen in ein massives
Haus, das unten Küche, im ersten Stock Eßsaal, im
zweiten Stock Schlafraum hat. Sie erheben gewisse
Ansprüche. So muß jedem ein Handtuch geliefert
werden. An ihrer Spitze steht ein Meister, der nur
Direktion und Verwaltung hat. Er schließt die Kon-
trakte, empfängt die Gelder und verteilt sie. Die Ar-
beit ist Akkordarbeit, das Brennmaterial und die Ge-
rätschaften werden sämtlich geliefert; der Lehm wird
ihnen bis an die »Sümpfe« gefahren; der Ofen ist zu
ihrer Disposition. Alles andere ist ihre Sache. Am
Schlusse der Campagne erhalten sie für je 1 000
fertiggebrannte Steine einzweidrittel bis zwei Taler.
Die Gesamtsumme bei acht bis zehn Millionen Steine
pflegt bis 15 000 Taler zu betragen. Diese Summe
wird aber schwer verdient. Die Leute sind von einem
besonderen Fleiß. Sie arbeiten von drei Uhr früh bis
acht oder selbst neun Uhr abends, also nach Abzug
einer Eßstunde immer noch nah an siebzehn Stun-
den. Sie verpflegen sich nach Lipper Landessitte, das
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heißt im wesentlichen westfälisch. Man darf sagen,
sie leben von Erbsen und Speck, die beide durch den
»Meister« aus der lippeschen Heimat bezogen wer-
den, wo sie diese Artikel besser und billiger erhalten.
Mitte Oktober treten sie, jeder mit einer Überschuß-
summe von nahezu 100 Talern, den Rückweg an und
überlassen nun das Feld den einheimischen Ziegel-streichern.
Die Einheimischen arbeiten ebenfalls auf Akkord, aber unter ganz andern Bedingungen. Sie erhalten
nicht die ganze Arbeit, sondern die Einzelarbeit be-
zahlt und
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