Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Außenrevier, wohl mehr
denn fünfzig. Daß sie der Landschaft zu besonderer
Zierde gereichten, läßt sich nicht behaupten. Der
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Fabrikschornstein mag alles sein, nur ein Verschöne-
rungsmittel ist er nicht, am wenigsten, wenn er
schöntut, wenn er möchte . Und wie dieser reiche Betrieb, der unbestreitbar, trotz Stillstände und
Rückschläge, ein sich steigerndes Prosperieren ein-
zelner oder selbst vieler geschaffen hat, die Land-
schaft nicht schmückt, so schmückt er auch nicht die
Dörfer, in denen er sich niedergelassen hat. Er
nimmt ihnen ihren eigentlichen Charakter, in richti-
gem unsentimentalen Verstande ihre Unschuld, und
gibt ihnen ein Element, dessen Abwesenheit bisher, und wenn sie noch so arm waren, ihr Zauber und
ihre Zierde war – er gibt ihnen ein Proletariat. Ob
dasselbe städtisch oder dörfisch auftritt, ob es mehr
verbittert oder mehr elend ist, sind Unterschiede, die
an dem Traurigen der Erscheinung nicht viel zu än-
dern vermögen.
Auch Dorf Glindow hat von diesem allem sein ge-
schüttelt Maß. An und für sich ausgestattet mit dem
vollen Reiz eines havelländischen Dorfes, hinge-
streckt zwischen See und Hügel, schieben sich doch
überall in das alt-dörfliche Leben die Bilder eines
allermodernsten frondiensthaften Industrialismus
hinein, und die schönen alten Bäume, die mit ihren
mächtigen Kronen so vieles malerisch zu überschat-
ten und zu verdecken verstehen, sie mühen sich hier
umsonst, diesen trübseligen Anblick dem Auge zu
entziehen.
Am See hin, um die Veranden der Ziegellords, rankt
sich der wilde Wein, Laubengänge, Clematis hier und
Aristolochia dort, ziehen sich durch den Parkgarten,
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Tauben stolzieren auf dem Dachfirst oder umflattern
ihr japanisches Haus – aber diese lachenden Bilder
lassen die Kehrseite nur um so dunkler erscheinen:
die Lehmstube mit dem verklebten Fenster, die ab-
gehärmte Frau mit dem Säugling in Loden, die hage-
ren Kinder, die lässig durch den Ententümpel gehn.
Es scheint, sie spielen; aber sie lachen nicht; ihre
Sinne sind trübe wie das Wasser, worin sie waten
und plätschern.
1. Es ist oft gesagt worden, daß der Stadt Berlin
das Material zu raschem Emporblühen beinah
unmittelbar vor die Tore gelegt worden sei.
Das ist richtig. Da sind Feldsteinblöcke für
Fundament- und Straßenbau, Rüdersdorfer
Kalk zum Mörtel, Holz in Fülle, Torf- und Salz-
lager in unerschöpflicher Mächtigkeit. Ohne
diesen Reichtum, der in dem Grade, wie er
jetzt vorliegt, lange ein Geheimnis war, wäre
das riesige Wachstum der Stadt, bei der ur-
sprünglich geringen Fruchtbarkeit ihres Bo-
dens, bei ihrer Binnenlage und ihrer immerhin
beschränkten Wasserverbindung, nahezu eine
Unmöglichkeit gewesen. Daran, daß es mög-
lich wurde, hat Glindow seinen Anteil: der
große Ziegelofen der Residenz. Das soge-
nannte »Geheimratsviertel« ist großenteils
aus Glindower Steinen aufgeführt, und ein
ganzes »Berlin der Zukunft« steckt noch in
den Glindower Bergen. (Glindow heißt übri-
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gens Lehmdorf, von dem wendischen Worte
Glin , der Lehm. Kaum irgendein Wort, wie
schon Seite 214 hervorgehoben, kommt häu-
figer vor in der Mark. Außer dem Landesteile
»der Glien «, mit der Hauptstadt Kremmen,
gibt es zahlreiche Dörfer dieses Namens. Ver-
gleiche das Kapitel »Groß Glienicke«.)
2. Dieser Aufsatz wurde 1870 geschrieben. Seit-
dem haben sich die Dinge wieder zugunsten
der Ziegeleibesitzer geändert.
3. Die Feuerung geschieht von oben her durch
eine runde Öffnung; ein eiserner Stülpdeckel
von der Form eines Zylinderhuts (dessen
Krempe übergreift) schließt die Öffnung und
wird abgenommen, sooft ein Nachschütten
nötig ist. Man sieht dann, wie durch eine
schmale Esse, in die Kammer hinein und hat
die aufgetürmten, rotglühenden Steine unter
sich. Der Anblick, den man sich nur verschaf-
fen kann, indem man auf die Gewölbedecke
der Kammer tritt, hat etwas im höchsten Gra-
de Unheimliches und Beängstigendes. Man
steht über einer Hölle und blickt in sie hinab.
Eine Schicht Steine, vielleicht kaum einen Fuß
dick, trennt den Obenstehenden von dieser
Unterwelt, und der Gedanke hat etwas Grau-
siges: Wenn jetzt dies Gewölbe –.
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Vierter Teil:
Spreeland
Vorwort
Wie sich Band II und III der Oder und Havel zuwen-
det, so wendet sich dieser IV. Band der Spree zu, dem Laufe des Flusses von Ost nach Westen hin folgend.
In dem der Lausitz
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