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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Ländern erscheinen um diese
    Zeit, um ihren Einkauf zu machen. In der Re-
    gel werden in Lübbenau 20 000 Zentner ver-
    kauft, was einer Einnahme von 600 000 Mark
    gleichkommt. Ich gebe diese Zahlen ohne
    Gewähr, wie ich sie finde.

    2276
    2. Lehde
    Er übernahm unsere Führung, sagt ich, und nach
    kurzem Gange durch Stadt und Park erreichten wir
    den Hauptspreearm, auf dem die für uns bestimmte
    Gondel bereits im Schatten eines Buchenganges lag.
    Drei Bänke mit Polster und Rücklehne versprachen
    möglichste Bequemlichkeit, während ein Flaschen-
    korb von bemerkenswertem Umfang – aus dem, so-
    oft der Wind das Decktuch ein wenig zur Seite weh-
    te, verschiedene rot und gelb gesiegelte Flaschen
    hervorlugten – auch noch für mehr als bloße Be-
    quemlichkeit sorgen zu wollen schien. Am Stern des
    Bootes, das lange Ruder in der Hand, stand Christian
    Birkig, ein Funfziger mit hohen Backenknochen und
    eingedrückten Schläfen, dem für gewöhnlich die
    nächtliche Sicherheit Lübbenaus, heut aber der Ru-
    der- und Steuermannsdienst in unserem Spreeboot
    oblag.
    Wir stiegen ein, und die Fahrt begann. Gleich die
    erste halbe Meile ist ein landschaftliches Kabinett-
    stück und wird insoweit durch nichts Folgendes über-
    troffen, als es die Besonderheit des Spreewaldes:
    seinen Netz- und Inselcharakter, am deutlichsten
    zeigt. Dieser Netz- und Inselcharakter ist freilich ü-
    berall vorhanden, aber er verbirgt sich vielfach, und nur derjenige, der in einem Luftballon über das viel-durchschnittene Terrain hinwegflöge, würde die zu
    Maschen geschlungenen Flußfäden allerorten in ähn-
    licher Deutlichkeit wie zwischen Lübbenau und Lehde
    zu seinen Füßen sehen.

    2277
    Der Boden dieses Inselgewirrs ist fast überall eine
    Gartenerde. Der reiche Viehstand der Dörfer schuf
    hier von alters her einen Düngeruntergrund, auf dem
    dann die Mischungen und Verdünnungen vorgenom-
    men werden konnten, wie sie dieses oder jenes Pro-
    dukt des Spreewaldes erforderte.
    Die Wassergewächse, die von beiden Seiten her uns
    stromaufwärts begleiten, bleiben dieselben; Butomus
    und Sagittaria lösen sich untereinander ab, und nur
    hier und da gesellt sich, unter dem überhängenden
    Rande geborgen, eine wuchernde Vergißmeinnicht-
    Einfassung hinzu.
    Es ist Sonntag, die Arbeit ruht, und die große Fahr-
    straße zeigt sich verhältnismäßig leer; nur selten
    treibt ein mit frischem Heu beladener Kahn an uns
    vorüber, und Bursche handhaben das Ruder mit gro-
    ßem Geschick. Sie sitzen weder auf der Ruderbank,
    noch schlagen sie taktmäßig das Wasser, vielmehr
    stehen sie grad aufrecht am Hinterteile des Boots,
    das sie nach Art der Gondoliere vorwärts bewegen.
    Dies Aufrechtstehen, und mit ihm zugleich ein be-
    ständiges Anspannen all ihrer Kräfte, hat dem gan-
    zen Volksstamm eine Haltung und Straffheit gege-
    ben, die man bei der Mehrzahl unserer sonstigen
    Dorfbewohner vermißt. Und zwar in den armen Ge-
    genden am meisten. Der Knecht, der vornüber im
    Sattel hängt oder, auf dem Strohsack seines Wagens
    sitzend, mit einem schläfrigen »Hoi« das Gespann
    antreibt, kommt kaum je dazu, seine Brust und
    Schulterblätter zurechtzurücken oder sein halb
    krummgebogenes Rückgrat wieder geradezubiegen,

    2278
    der Spreewäldler aber, dem weder Pferd noch Wagen
    ein Sitzen und Ausruhen gönnt, befindet sich eigent-
    lich immer auf dem Quivive. Das Ruder in der Hand,
    steht er wie auf Posten und kennt nicht Hindämmern
    und Halbarbeit.
    Wenn es schon ein reizender Anblick ist, diese
    schlanken und stattlichen Leute in ihren Booten vor-
    überfahren zu sehn, so steigert sich dieser Reiz im
    Winter, wo jeder Bootfahrer ein Schlittschuhläufer
    wird. Das ist dann die eigentliche Schaustellung ihrer
    Kraft und Geschicklichkeit. Dann sind Fluß und Inseln
    eine gemeinschaftliche Eisfläche, und ein paar Bret-
    ter unter den Füßen, die halb Schlitten, halb Schlitt-
    schuh sind, dazu eine sieben Fuß lange Eisstange in
    der Hand, schleudert sich jetzt der Spreewäldler mit
    mächtigen Stößen über die blinkende Fläche hin.
    Dann tragen sie auch ihr nationales Kostüm: kurzen
    Leinwandrock und leinene Hose, beide mit dickem
    Fries gefuttert, und Spreewaldstiefel, die fast bis an
    die Hüfte reichen.
    Es ist Sonntag, sagt ich, und die Arbeit ruht. Aber an
    Wochentagen ist die Straße, die wir jetzt still hinauf-
    fahren, von früh bis spät belebt, und alles nur Denk-
    bare, was sonst auf Knüppeldamm und Landstraße
    seines

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