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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

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Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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ein

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    paar Schritt entgegengekommen und bat uns, in
    seine Wohnung einzutreten. Wir zogen indes einen
    Platz im Freien vor und machten es uns auf einem
    von Kirschbäumen beschatteten Rasenplatze be-
    quem. Was an Tisch' und Bänken im Hause war,
    stand bald draußen, und zuletzt erschien auch ein
    blaugemustertes Kaffeeservice, das unverkennbar
    einer besseren Zeit angehörte. Der Kätner ent-
    stammte nämlich einer alten Spreewalds-
    Honoratiorenfamilie, daraus selbst Geistliche hervor-
    gegangen waren, und ein leiser Unmut über ein ge-
    wisses Zurückgebliebensein hinter diesen histori-
    schen Rangverhältnissen lag auf seinem Gesicht. Er
    sprach dies auch unumwunden aus und verriet über-
    haupt eine Nervosität, wie man ihr bei Leuten seines
    Standes nur selten begegnet. Ich nahm ihn daraufhin
    von Anfang an für einen Konventikler und fand es
    bestätigt, als er eine Weile danach anfrug, ob es uns
    vielleicht genehm sein würde, seine Kinder ein mehr-
    stimmiges Lied singen zu hören, auf das sie leidlich
    eingeübt seien. Wir bejahten die Frage natürlich, und
    alsbald klang es mit jener unwiderstehlichen Innig-
    keit, wie sie nur Kinderstimmen eigen zu sein pflegt,
    durch die sommerstille Luft:
    Jesu, geh voran
    Auf der Lebensbahn,
    Und wir wollen nicht verweilen,
    Dir getreulich nachzueilen.
    Führ uns an der Hand
    Bis ins Vaterland.

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    Eine Pause trat ein, und erst als Kätner Post uns ge-
    mustert und sich über unsere Teilnahme vergewis-
    sert hatte, gab er aufs neue das Zeichen und sang
    nun selber mit:
    Soll's uns hart ergehn,
    Laß uns feste stehn
    Und auch in den schwersten Tagen
    Niemals über Lasten klagen,
    Denn durch Trübsal hier
    Geht der Weg zu dir.
    Rühret eigner Schmerz
    Irgend unser Herz,
    Kümmert uns ein fremdes Leiden,
    O so gib Geduld zu beiden,
    Richte unsren Sinn
    Auf das Ende hin.
    Ordne unsren Gang,
    Jesu, lebenslang;
    Führst du uns durch rauhe Wege,
    Gib uns auch die nöt'ge Pflege,
    Tu uns nach dem Lauf
    Deine Türe auf.
    Das Lied hätte die doppelte Zahl von Strophen haben
    können, wir wären willig gefolgt. Es hatte jeden von
    uns ergriffen, am meisten den Nestor unseres Krei-
    ses, der fast verlegen vor sich nieder sah und auf

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    unsere wiederholte Frage nach dem »Warum« end-
    lich antwortete: »Sie sind alle bewegt durch das
    Lied. Ich bin es doppelt und muß es sein. Daß Ihnen dieses Lied hier begegnet, ist zu bescheidenem Teile
    mein Verdienst. Es sind jetzt gerade fünf Jahre, daß
    ich auf einer ähnlichen Reise wie diese in eine Dorf-
    schule trat und das schöne Zinzendorfsche Lied in
    jener rhythmischen Form singen hörte, darin Sie's
    eben vernommen haben. In dieser Form wirkte das
    längst Bekannte wie neu auf mich und riß mich nicht
    nur fort durch seine Kraft und Innigkeit, sondern
    veranlaßte mich auch, es nach meiner Rückkehr in
    einem mir zu Gebote stehenden Fachblatte zu veröf-
    fentlichen. Ich weiß, daß es seitdem vielfach Eingang
    gefunden hat; hier aber trat es mir zum ersten Male
    wieder lebendig entgegen und bestätigte mir die
    Lehre: Man streue nur gute Körner aus und sorge
    nicht, was aus ihnen wird; irgendwo gehen sie auf, und wenn es im stillsten Winkel des Spreewalds wä-
    re.«
    Die Sonne neigte sich und mahnte zum Aufbruch.
    Noch reizende Partien kamen, aber der Höhepunkt
    des Festes lag hinter uns.
    In Dorf Leipe, das wir auf unserem Rückweg passier-
    ten, trafen wir hauptstädtische Gesellschaft, die der
    wachsende Schönheitsruf des Spreewaldes herbeige-
    lockt hatte. Wir schlossen uns ihnen an, und Boot an
    Boot ging es nunmehr wieder auf Lübbenau zu. Wort
    und Lachen klang herüber und hinüber, und ein kal-
    ter Grog, der, als die Sonne nieder war, aus Rum
    und Spreewaldwasser gebraut wurde, hielt die Kühle

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    des Abends von uns fern. Aber nicht auf lange; Plaid
    und Paletot forderten endlich ihr Recht, und lautlos
    glitten die beiden Boote nebeneinander her. In die
    Stille hinein klang nichts mehr als der taktmäßige
    Ruck der Ruder und das leise Plätschern des Was-
    sers.
    Es schlug zehn von dem am Abendhimmel aufdun-
    kelnden Turm, als wir im Schatten der Lynarschen
    Parkbäume wieder anlegten. Der »Braune Hirsch«
    nahm uns eine Viertelstunde später in seine gastli-
    chen Betten auf, Bootführer Birkig aber ging seinem
    Dienste nach, um mit Horn und Spieß für Lübbenau
    und seine Spreewaldgäste zu wachen.

    Zwischen Spreewald und
    Wendischer Spree
    Eine Osterfahrt in das Land

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