Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Welt finden kann. Leider nur, daß er so
willensschwach, so ohne Energie und zuweilen so
heftig ist.«
Im Anfang ging alles gut mit der jungen Wöchnerin;
aber sie schonte sich nicht genug, verließ das Bett zu
früh und erkältete sich aufs heftigste. Dabei war der
Einfluß der Rietz ihre beständige Sorge, trotzdem es
nicht an Aufmerksamkeiten und Geschenken von
seiten des Königs fehlte. So sandte er ihr ein kleines
Etui mit 50 000 Talern und sein mit den schönsten
Brillanten besetztes Portrait. Zum 5. Februar war
eine große Cour angesagt, und Julie wollte dabei
nicht fehlen. »Ich fürchte, daß sie sich schadet«,
schreibt die Oberhofmeisterin am selben Tage. Am
24. Februar heißt es dann: »Julie hat Fieber und
Husten«, und schon am 5. März: »Ich kann nicht
sagen, wie weh es mir tut. Man fürchtet die galop-
pierende Schwindsucht. Der König ist außer sich.«
Am 25. starb sie. »Welch ein Tag des Unglücks! Um
2525
acht Uhr abends verschied die arme Julie. Kein
Mensch ahnte die nahe Gefahr. Ich ging erst am A-
bend zu ihr, aber die Prinzessin Friederike, die bei ihr war, redete mir ab; ›sie sei zu angegriffen‹. Und so
hab ich sie nicht mehr gesehn. Ich beweine sie recht
von Herzen, und alle beweinen sie mit mir. Es ist
furchtbar rasch gegangen. Sie starb im Schloß, in
demselben Zimmer, in dem ihr Kind geboren wur-
de.«
Der König war in Verzweiflung und konnte sich nicht
trösten und beruhigen. Auch gebrach es nicht an
allgemeiner Teilnahme, ja das Volk wollte sich's nicht
ausreden lassen, daß sie durch ein Glas Limonade
vergiftet worden sei, weshalb der König, als er von
diesem Verdachte hörte, die Obduktion befahl. Diese
bewies die Grundlosigkeit des Gerüchtes; ihre Lunge
war krank, und daran war sie gestorben.
Am 1. April erfolgte die Überführung der Leiche nach
Buch. Ihr letzter Wunsch war gewesen, »nicht in der
Mumien gruft der Familie beigesetzt zu werden«, und so bereitete man ihr das Grab unter der Kirchenkup-pel, in der Nähe des Altars.
Überall in Buch begegnet man den Spuren der schö-
nen Gräfin, aber nirgends ihrem Namen . Wie in Familien, wo das Lieblingskind starb, Eltern und Ge-
schwister übereinkommen, den Namen desselben nie
mehr auszusprechen, so auch hier. Eine Gruft ist da,
aber es fehlt der Stein; aus reichem goldenen Rah-
men heraus blickt ein Frauenbild, aber die Kastella-
nin nennt den Namen nicht , und nur das Wappen zu 2526
Füßen des Bildes gibt einen wenigstens andeutungs-
weisen Aufschluß.
Und nun treten wir von dem Bilde hinweg und noch
einmal in den Park hinaus.
Eine seiner dunklen Alleen führt an einen abgeschie-
denen Platz, auf dem Edeltannen ein Oval bilden.
Inmitten desselben erhebt sich ein Monument mit
einem Reliefbild in Front: der Engel des Todes hüllt
eine Sterbende in sein Gewand, und ihr Antlitz lä-
chelt während ein Kranz von Rosen ihrer Hand ent-
sinkt.
»Soror optima, amica patriae«, so lautet die In-
schrift. Aber der Name der geliebten Schwester fehlt.
1. Nach dem Kirchenbuche zu Buch. In ebendie-
sem Kirchenbuche wird sie jedoch nicht Julie
von Voß, sondern Elisabeth Amalie von Voß
genannt. Diese Namen finden sich zweimal
vor, bei Gelegenheit ihrer Geburt (1766) und
ihres Todes (1789). Woher es kommt, daß sie
trotzdem als Julie von Voß fortlebt, ist bis zur Zeit nicht aufgeklärt. Ich würde, gestützt auf
das Kirchenbuch, im Texte den Namen Amalie
wiederhergestellt haben, wenn sich nicht in
den Tagebuchblättern ihrer Tante, der Ober-
hofmeisterin, der Name Julie beständig wie-
derholte.
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2. Eins dieser Bilder befindet sich im Schloß zu
Buch, ein anderes im Ingenheimschen Schlos-
se zu Seeburg, im Mansfelder Seekreise. Ein
drittes Bild, in Pastell ausgeführt, besaß eine
vor kurzem in dem hohen Alter von über
neunzig Jahren verstorbene Frau von Häseler.
Im Hause derselben hab ich es oft gesehen.
Die Gräfin trug auf demselben ein Morgenkos-
tüm, eine Art Tüllspenzer mit vielen krausge-
tollten Kragen. Durch die Fülle blonden Haa-
res zog sich ein schwarzes Samtband. Augen
und Teint sehr schön. Dies Portrait rührte von
Frau von Sydow, einer Freundin der Ingen-
heim, her.
3. Gräfin Kannenberg war die fungierende Ober-
hofmeisterin, während Frau von Voß, zu die-
ser Zeit wenigstens, nur in ihrer Eigenschaft
als Gemahlin des Oberhofmeisters par cour-
toisie diesen Titel führte.
4. In der Regel wird bei dieser
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