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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Freundes
    Lust. Mit einer Art von Befriedigung pflegte er sich
    aufzurichten und seinem Sohne zuzurufen: »Heut tut
    mir der Rücken weh vom Bücken.« Hühner und
    Sperlinge vom Garten abzuhalten war die stets gern
    erfüllte Pflicht der Kinder.
    Der Sommer war schön, aber der schönste Monat
    des Jahres war doch der Dezember. »Das Weih-
    nachtsgefühl, die hohe Vorfreude des Festes in uns
    zu wecken«, so schrieb mir der Sohn, »verstand er
    vortrefflich. Er tat es in lockender, die Einbildungs-
    kraft anregender Weise, teils durch Töne von Kinder-
    instrumenten, teils durch Proben von Weihnachtsge-
    bäck, welches von bepelzter Hand durch die knapp
    geöffnete und im Hui wieder geschlossene Tür in die
    Kinderstube geworfen wurde. Ließ einmal Knecht
    Ruprecht gar nichts von sich hören und sehen, so

    2579
    baten wir singend an der hoffnungsreichen Pforte um
    sein Erscheinen und seine Gaben. Waren wir artig
    gewesen, so gewährte er; andernfalls prasselten
    Nußschalen oder faule Äpfel durch die Türöffnung herein.« Den Jubel am Heiligen Abend hat er in einem seiner populärsten Gedichte selbst beschrieben:
    Nußknacker stehn mit dickem Kopf
    Bei Jud und Schornsteinfeger;
    Hier hängt ein Schrank mit Kell und Topf,
    Dort hetzt den Hirsch der Jäger.
    Hier ruft ein Kuckuck, horch!,
    Und dort spaziert ein Storch,
    Mit Äpfeln prangt der Taxusbaum
    Und blinkt von Gold und Silberschaum.
    Zu Pferde paradiert von Blei
    Ein Regiment Soldaten;
    Ein Sansfaçon sitzt frank und frei
    Gekrümmt und münzt Dukaten.
    Und alles schmaust und knarrt,
    Trompet und Fiedel schnarrt;
    Fern stehn die Alten, still erfreut,
    Und denken an die alte Zeit.
    Das Leben auf der Pfarre war ein ziemlich bewegtes.
    Mit einigen Predigern in der Umgegend war er von
    früher her bekannt, und diese besuchte er, wenn er
    auf geistige Anknüpfungspunkte rechnen konnte;
    sonst schwerlich. Unter den befreundeten Amtsbrü-
    dern befand sich auch der Propst Gloerfeld in dem

    2580
    benachbarten Bernau. Dieser würdige und allgemein
    hochgeachtete Geistliche hatte einen schönen Tod.
    Er war ein großer Gartenfreund, wie die meisten
    Geistlichen in jener geldarmen Zeit, und empfing
    dann und wann Besuche von Personen, die seinen
    schönen Garten sehen wollten. Einmal erschien auch
    eine junge, durchreisende Dame, und als er sich bü-
    cken wollte, um ihr eine Rose zu pflücken, sank er
    tot zwischen die Blumenbeete nieder.
    Schmidts Gedichte geben über den Kreis seiner Be-
    kanntschaft die beste Auskunft. Es lag in der Natur
    seiner Muse, die einen durchaus häuslichen Charak-
    ter hatte und das Leben mehr erheitern als auf seine
    Höhen treiben wollte, daß er Dinge, die sich in Prosa
    ebensogut hätten sagen lassen, in Versen abmachte.
    Beispielsweis Einladungen und Gratulationen. So ler-
    nen wir denn beim Lesen seiner Dichtungen auch
    seine Freunde und Bekannte kennen, und zwar aus
    Näh und Ferne: Pastor Schultz aus Döberitz im Ha-
    velland, Amtsaktuarius Bernhard aus Löhme (unser
    alter Freund aus dem Gamen-Grund her), Prediger
    Dapp in Klein-Schöneberg, Rudolf Agrikola, Frau O-
    berst von Valentini, Maler Heusinger und andere
    mehr, meist Personen, die mit mehr oder minder
    Dringlichkeit aufgefordert werden, der Werneuchner
    Pfarre, »die im Grunde genommen viel hübscher sei
    als die Berliner Paläste«, ihren Besuch zu machen.
    Besonders nah stand ihm der Pastor Ahrendts in dem
    nur eine Meile entfernten Beiersdorf. Mit diesem hat-
    te er zusammen studiert, beide waren in unmittelba-
    rer Aufeinanderfolge Prediger im Berliner Invaliden-
    hause gewesen, beide hatten zu Ende des vorigen

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    Jahrhunderts ihre benachbarten Landpfarren erhal-
    ten und verblieben darauf bis zu ihrem Tode, nach-
    dem beide kurz vorher ihr fünfzigjähriges Jubiläum
    gefeiert hatten, Schmidt 1837, Ahrendts 1838.
    Unter den gelegentlich Einsprechenden waren auch
    einzelne Berliner Geistliche von der strengeren Rich-
    tung, wie Held und Hennefuß. Er teilte die Ansichten
    dieser Herren nicht und hatte dessen kein Hehl, war
    aber in der Art, wie er ernste Gespräche führte, von
    so feinen und anziehenden Formen, daß die Besuche
    weit öfter wiederholt wurden, als man hätte mutma-
    ßen sollen. All dieser Zuspruch, weil er ihm geistige
    Nahrung und Anregung bot, erfreute ihn lebhaft,
    aber höchst unbequem waren ihm die affektierten
    Leute aus der großen Stadt, die sich aus Neugier
    oder aus Sentimentalität bei ihm blicken ließen, um
    hinterher von den

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