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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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reizenden
    Szene, da knickt es dicht neben uns im Unterholz,
    und das rasche, laut-ängstliche Atmen einer Asthma-
    tischen läßt keinen Zweifel darüber, wer im Anzuge
    sei. Wirklich, ihre Zwillinge vorauf, den Ehgemahl mit
    der Janitschar unmittelbar hinter sich, ist die Frau
    Amtsaktuar auf die Waldwiese getreten. Und vor
    ihrer Erscheinung ist der Zauber entflohen. Der Rin-
    gelreihen schweigt, die Werneuchner Dorfjugend hat
    ihr Elfentum abgestreift, und das gesamte junge Volk
    stürzt mit Jubelgeschrei den Ankommenden entge-
    gen.
    Wir sind nicht Zeugen der Begrüßungsszene, die nun
    folgt, sehen nicht, wie der reizende Blondkopf, der
    noch eben auf einem Elsenstumpfe stand, das be-
    wunderte Geschenk aus den Händen seines Paten
    entgegennimmt, und beteiligen uns noch weniger an
    »Hirsch und Jäger« oder gar an dem Wettkampfe,
    der abschließend zwischen den Horatiern oder Curia-
    tiern von Werneuchen und Löhme zur Aufführung
    kommt – wir gönnen den Alten am Feuer ihr Geplau-
    der und den Kindern im Wald ihre Lust und gesellen
    uns ihnen erst wieder, als sie gegen Abend, unermü-
    det vom Singen und Springen, ihren Heimmarsch
    antreten. Halben Weges zwischen dem Garnen-
    Grund und Werneuchen begegnen wir ihnen und las-
    sen den phantastischen Zug an uns vorüberziehn.

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    Voran Klein-Ulrich, der Held des Tages. Unmittelbar
    hinter ihm die Zwillinge, von denen einer auf einem
    Kaffeetrichter bläst. Und nun der Fahnenträger, ei-
    nen Birkenbusch vor sich. Andre folgen mit zinner-
    nen Bechern und blechernen Löffeln – alles in allem
    ein Bacchuszug aus jenen Regionen, wo das Besing-
    kraut an die Stelle des Weinlaubs tritt.
    Neben dem Zuge her mahlt der Löhmer Amtswagen.
    Unsere stattliche Freundin, die seit dem Abendgange
    durchs Korn, auf dem sie sich verlobte, nie mehr
    einen Spaziergang wagte, thront mit dem Ausdruck
    wachsenden Behagens auf ihrem Wagensitz, und
    gelegentliche Zurufe, die sich auch jetzt noch auf nicht abzureichende Distance der Erziehung ihrer
    Zwillinge widmen, geben ihr mehr Befriedigung als
    Verdruß. Eine kurze Strecke hinter dem Zuge folgen
    die Männer in lebhaftem Gespräch, und der Amtsak-
    tuar, der die Berliner Zeitung hält, rektifiziert die
    rechte Flügelaufstellung bei Wagram, »ein Fehler,
    den er dem Erzherzog Karl nie zugetraut hätte«. Ne-
    ben ihnen her aber, gleich unangefochten durch die
    Fehler bei Wagram wie durch die Korrekturen des
    Amtsaktuars, trottet Boncœur, aller Liebling und Ver-
    traute, mit einem so ehrlichen Pudelgesicht, als hab
    er's jedem einzelnen versprochen, für verlorene Tü-
    cher und Schuhbänder mit seiner Person aufkommen
    zu wollen.
    Dämmerung liegt auf der Dorfstraße. Die Spielge-

fährten schlüpfen rechts und links in Hof und Türe,
    während unsere Freunde vor der Pfarre halten.

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    Die Sterne ziehen herauf, und es wird still in Dorf
    und Haus.

    So sah es im Sommer 1809 in Werneuchen aus, all-
    wo der vielgenannte »Pastor Schmidt von Werneu-
    chen« damals im Amte war. Ich glaubte den Mann,
    dem diese Darstellung gilt, nicht besser einführen zu
    können als durch ein Bild, das ihn uns in Wald und
    Feld und im Kreise der Seinen zeigt. Eine kindliche
    Natur, hing sein Herz an dem Stilleben der Familie.
    Bevor ich seine Charakteristik versuche, schick ich
    eine Zusammenstellung des biographischen Materials
    vorauf, das ich über den äußerlichen Gang seines
    Lebens erhalten konnte.
    Friedrich Wilhelm August Schmidt, genannt Schmidt
    von Werneuchen, wurde den 23. März ( nicht
    Mai) 1764 in dem reizend gelegenen Dorfe Fahrland1)
    bei Potsdam geboren. Sein Vater war Pfarrer da-
    selbst. Von den glücklichen Tagen seiner Kindheit
    erzählt uns eine seiner gelungensten Idyllen: »An
    das Dorf Fahrland«:
    Ach, ich kenne dich noch, als hätt ich dich gestern verlassen;
    Kenne das hangende Pfarrhaus noch mit verwittertem
    Rohrdach.
    Wo die treuste der Mütter die erste Nahrung mir

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    schenkte.
    Es scheint, daß er den Vater frühzeitig verlor, denn
    er kam schon um 1775 auf das Schindlersche Wai-
    senhaus nach Berlin, wo der spätere, gleichfalls als
    Dichter ausgezeichnete Staatsrat Friedrich August
    von Stägemann, eines uckermärkischen Predigers
    Sohn, sein Mitschüler war. Ob er, wie dieser, auf
    dem »Grauen Kloster« oder aber auf einer anderen
    Schule seine Gymnasialbildung vollendete, konnt ich
    nicht ersehen. Etwa um 1785 ging er nach Halle,
    daselbst Theologie zu studieren. Seine Lage muß um
    jene Zeit

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