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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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als die gleichzeitig wiederholten Versi-
    cherungen: »Aber Teupitz ist schön.« Diesen Refrain

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    überhört ich oder vergaß ihn, während ich die Worte
    nicht wieder loswerden konnte: »Das Plateau um
    Teupitz herum heißt ›der Brand‹, und das Wirtshaus
    darauf führt den Namen ›Der tote Mann‹.«
    Ich hörte noch allerhand anderes. Ein früherer Geist-
    licher in Teupitz sollte bloß deshalb unverheiratet
    geblieben sein, »weil die Stelle einen Hausstand
    nicht tragen könne«, und ein Gutsbesitzer, so hieß
    es weiter, habe jedem erzählt: »Ein Teupitzer Bettel-
    kind, wenn es ein Stück Brot kriegt, ißt nur die Hälfte davon; die andere Hälfte nimmt es mit nach Haus.
    So rar ist Brot in Teupitz.« All diese Geschichten hat-
    ten einen Eindruck auf mich gemacht. Zu gleicher
    Zeit erfuhr ich, König Friedrich Wilhelm IV. habe ge-
    legentlich, halb in Scherz und halb in Teilnahme,
    gesagt: »Die Teupitzer sind doch meine Treusten;
    wären sie's nicht , so wären sie längst ausgewandert.«
    Dies und noch manches der Art rief eine Sehnsucht
    in mir wach, Teupitz zu sehen, das Ideal der Armut,
    von dem ich in Büchern nur fand, daß es vor hundert
    Jahren 258 und vor fünfzig Jahren 372 Einwohner
    gehabt habe, daß das Personal der Gesundheitspfle-
    ge (wörtlich) »auf eine Hebamme beschränkt sei«
    und daß der Ertrag seiner Äcker eineinviertel Silber-
    groschen pro Morgen betrage. Angedeutet hab ich
    übrigens schon, und es sei hier eigens noch wieder-
    holt, daß ich die Dinge doch anders fand, als ich nach diesen Schilderungen erwarten mußte. Wie es
    Familien gibt, die, trotzdem sie längst leidlich wohl-
    habend geworden sind, den guten und ihnen beque-

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    men Ruf der Armut durch eine gewisse Passivität
    geschickt aufrechtzuerhalten wissen, so auch die
    Teupitzer. Solche vielbedauerten »kleinen Leute«
    leben glücklich-angenehme Tage, und unbedrückt
    von den Mühsalen der Gastlichkeit oder der Reprä-
    sentation, lächeln sie still und vergnügt in sich hin-
    ein, wenn sie dem lieben alten Satze begegnen, daß
    »geben seliger sei denn nehmen«.
    Um zwölf Uhr nachts geht oder ging wenigstens die
    Post, die die Verbindung zwischen Teupitz und Zos-
    sen und dadurch mit der Welt überhaupt unterhielt.
    Zossen ist der Paß für Teupitz: »es führt kein andrer Weg nach Küßnacht hin«.
    Während der ersten anderthalb Meilen haben wir
    noch Chaussee, deren Pappeln, soviel die Mitternacht
    eine Musterung gestattet, nicht anders aussehen als
    andernorts, und erst bei Morgengrauen biegen wir
    nach links hin in die tiefen Sandgeleise der recht ei-
    gentlichen Teupitzer Gegend ein. Es ist ein ausge-
    sprochenes Heideland, mehr oder weniger unsern
    Wedding-Partien verwandt, wie sie vor hundert oder
    auch noch vor fünfzig Jahren waren. Selbst die Na-
    men klingen ähnlich: »Sandkrug«, »Spiesberg« und
    »der Hungrige Wolf«. Immer dieselben alten und
    wohlbekannten Elemente: See und Sand und Kiefer
    und Kussel; aber so gleichartig die Dinge selber sind,
    so apart ist doch ihre Gruppierung in dieser Teupitzer
    Gegend. Die Kiefer, groß und klein, tritt nirgends in
    geschlossenen Massen auf, nicht en colonne steht sie
    da, sondern aufgelöst in Schützenlinien. Und die
    Dämmerung unterstützt diese Vorstellung eines

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    Heerlagers. Auf der Kuppe drüben stehen drei Vedet-
    ten und lugen aus, am Abhang lagert eine Feldwacht,
    und eine lange Postenkette von Kusseln zieht sich
    am See hin und reicht einem andern Lagertrupp die
    Hand. Dazwischen Sand und Moos und dann und
    wann ein Ährenfeld, dünn und kümmerlich, ein blo-
    ßer Versuch, eine Anfrage bei der Natur.
    Inzwischen ist es am Horizont immer heller gewor-
    den. Das Grau wurde weiß, das Weiß isabell- und
    dann rosenfarben, und nun schießt es wie Feuerlilien
    auf. Der Sand verschwindet, Wasser- und Morgen-
    kühle wehen uns an, und während der Sonnenball
    hinter einem alten Schloßturm aufsteigt, fahren wir
    in die noch stille Straße von Teupitz ein.
    Der Wagen hält vor dem »Goldnen Stern«, an des-
    sen Laubenvorbau der Wirt sich lehnt, seines Zei-
    chens ein Bäcker. Ich nehm es als eine gute Vorbe-
    deutung, denn unter allen Gewerksmeistern steht
    doch der Bäcker unserm innern Menschen am nächs-
    ten. Er weist mich auch freundlich zurecht; ein Lager
    ist leicht gefunden und dem Müden noch leichter
    gebettet. Durch das Gazefenster zieht die Luft, die
    Akazie draußen bewegt sich hin und her, und die
    Tauben auf dem

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