Wanderungen durch die Mark Brandenburg
geschnittene Amoretten zeigt. Einige
sind wurmstichig geworden, andere haben sonstigen
Schaden genommen.
Beim Eintreten erblickt man zuerst ein paar verlies-
artige Kellerräume, darin etwas Stroh liegt, als wä-
ren es eben verlassene Lagerstätten. Von hier aus
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führt eine Treppe von zehn oder zwölf Stufen ins
Hochparterre, danach eine zweite, höhere Treppe bis
ins erste Stockwerk. Wir verweilen hier einen Augen-
blick. Ein schmaler Gang scheidet zwei Reihen Zim-
mer voneinander, deren Türen, etwa in Mittelhöhe
(mutmaßlich des besseren Luftzugs halber), kleine
Gitterfenster haben, infolgedessen die Zimmer aus-
sehen wie Gefängniszellen. Es sind dies ersichtlich
dieselben Räume, darin die Prinzessinnen schlafen
mußten, wenn sie nicht in den kleinen Giebelstuben
untergebracht wurden. Die Gitterfenster gönnen ü-
berall einen Einblick. In einem der Zimmer lagen
Aktenbündel ausgebreitet, weiße, grüne, blaue, wohl
achtzig oder hundert an der Zahl. Mutmaßlich eine
alte Registratur der Herrschaft Königs Wusterhausen.
Wir stiegen nun ins Hochparterre zurück. Hier befin-
det sich die ganze Herrlichkeit des Schlosses auf
engstem Raum zusammen. Man tritt zuerst in eine
mit Hirschgeweihen ausgeschmückte Jagdhalle, die,
wie der Flurgang oben, zwischen zwei Reihen Zim-
mern hinläuft. Die frühere große Sehenswürdigkeit
darin ist derselben verlorengegangen. Es war dies
das 532 Pfund schwere Geweih eines Riesenhirsches,
der 1636, also zur Regierungszeit George Wilhelms,
in der Köpnicker Forst, vier Meilen von Fürstenwalde,
erlegt worden war. Über dies Geweih ist auch in
neuerer Zeit noch viel gestritten und obige Ge-
wichtsangabe, wie billig, belächelt worden. Nichts-
destoweniger muß das Geweih etwas ganz Enormes
gewesen sein, da Friedrich August II. von Sachsen
dem Könige Friedrich Wilhelm I. eine ganze Com-
pagnie langer Grenadiere zum Tausch dafür anbot, 2627
ein Anerbieten, das natürlich angenommen wurde.
Das Geweih existiert noch und soll sich auf dem
Jagdschloß Moritzburg bei Dresden befinden.
Rechts von der Halle sind zwei Türen. An der einen,
zunächst der Treppe, standen mit Kreide die Worte:
»Wachtstube der Artillerie«. Bei Manövern, Mobilma-
chungen etc. muß nämlich das Wusterhausener
Schloß wohl oder übel mit aushelfen und erhält vo-
rübergehend eine kleine Garnison. Auch stehen in
der Tat die meisten dieser Räume, wenigstens in der
Gestalt in der ich sie noch sah, auf der Stufe von
Kasernenstuben.
Das erste Zimmer hinter der mit Kreide beschriebe-
nen Tür war ehedem das Schlafzimmer Friedrich Wil-
helms I. Es befindet sich in demselben das große
Waschbecken des Königs, etwas höchst Primitives,
eine Art festgemauertes Waschfaß . Aus Gips gefertigt, gleicht es den Abgußsteinen, die man in unseren
Küchen findet und hat in der Tat eine Öffnung zum
Abfluß des Wassers, in der ein steinerner Stöpsel
steckt, halb so lang wie ein Arm und halb so dick.
Beim Anblick dieses Waschfasses glaubt man ohne
weitere Zweifel, was vom Soldatenkönig berichtet
wird, daß er einer der reinlichsten Menschen war und
»sich wohl zwanzigmal des Tages wusch«.
Die andere Tür, ebenfalls zur Rechten der Halle,
führt in den Speisesaal . Er mißt fünfzehn Schritt im Quadrat. In der Mitte desselben ist ein hölzerner
Pfeiler angebracht, der vielleicht mehr schmücken als
stützen soll. Ein großer Kamin, neben dessen einem
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Vorsprung einst eine Treppe direkt in die Küche führ-
te, vollendet die Herrichtung. Es ist dies derselbe
Saal, in dem, wie schon hervorgehoben, an jedem
11. September der Tag von Malplaquet und an jedem
3. November das Hubertusfest gefeiert ward. Es ging
dann viel heitrer hier her, als man jetzt wohl beim
Anblick dieser weißgetünchten Öde glauben möchte.
Frauen waren ausgeschlossen. Es war ein Männer-
fest. Zwanzig bis dreißig Offiziers, meist alte Genera-
le, die unter Eugen und Marlborough mitgefochten
hatten, saßen dann um den Tisch herum, und
Rheinwein und Ungar wurden nicht gespart. Der
»starke Mann« mußte kommen und seine Kunststü-
cke machen; zuletzt, während die Lichter flackerten
und qualmten und die Piqueurs auf ihren Jagdhör-
nern bliesen, packte der König den alten Generallieu-
tenant von Pannewitz, der von Malplaquet her eine
breite Schmarre im Gesicht hatte, und begann mit
ihm den Tanz. Dazwischen Tabak, Brettspiel und
Puppentheater, bis das Vergnügen
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