Wanderungen durch die Mark Brandenburg
wuchsen die Kronen der Bäume
von hüben und drüben zusammen, was sich nament-
lich in Nähe des Wassers überaus malerisch aus-
nahm, wo zugleich der See bis zwischen das Plan-
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kenwerk vordrang und mal höher, mal tiefer mit sei-
nem gelblichen Schaum eine Grenzmarke zog.
An dieser Stelle lag auch das Boot. Ein Fischermäd-
chen vom andern Ufer stand in der Mitte desselben,
und während ihr weißes Kopftuch im Winde flatterte,
stießen wir ab.
Der Teupitz-See ist fast eine Meile lang und eine
Viertelmeile breit, an einigen Stellen, wo er sich
buchtet, auch breiter. Sein Wasser ist hellgrün, frisch und leichtflüssig; Hügel mit Feldern und Hecken fassen ihn ein, und außer der schmalen Halbinsel, die
das »Schloß« trägt und sich bis tief in den See hinein
erstreckt, schwimmen große und kleine Inseln auf
der schönen Wasserfläche umher. Die kleinen Inseln
sind mit Rohr bestanden, die größeren aber, auch
Werder geheißen, sind bebaut und tragen die Namen der beiden Seedörfer, Egsdorf und Schwerin, denen
sie zunächst gelegen sind. Also der Egsdorfer und
der Schweriner Werder.
Wir fuhren von Insel zu Insel, von Ufer zu Ufer; ab-
wechselnd mit Ruder und Segel ging es auf und ab,
planlos, ziellos. Die Teupitzer Kirche, der alte Schloß-
turm hinter Pappeln, die roten Dächer der Stadt, das
Schilf, die Hügel – alles spiegelte sich in dem klaren
Wasser, aber so schön es war, ich hatte doch ein
Gefühl, all dies schon einmal gesehn zu haben, nur
schöner, märchenhafter, und diese Märchenbilder
sucht ich nun in Näh und Ferne. Lächelnd gestand
ich mir endlich, daß ich sie nicht finden würde. Noch
einmal umfuhr der Kahn die Halbinsel, auf der die
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Überreste des alten Teupitz-Schlosses gelegen sind;
dann trieben wir, durch den Schilfgürtel hindurch,
den Kahn wieder ans Land.
Die Stelle, wo wir landeten, lag in dem Winkel, den
Ufer und Landzunge bilden, und das alte Teupitz-
Schloß oder, mit seinem vollen Namen, »das alte
Schloß der Schenken von Landsberg und Teupitz«
stieg fast unmittelbar vor uns auf. Ich schritt ihm zu.
Das alte Teupitz-Schloß, das in frühe Jahrhunderte
zurückreicht, galt ehedem für sehr fest. Es lag an der
Grenze zwischen Mark und Lausitz und scheint ab-
wechselnd eine märkische oder sächsische Grenzfes-
tung gewesen zu sein, je nachdem die Waffen oder
die Verträge zugunsten des einen oder andern Teils
entschieden hatten. Im dreizehnten sowie in der ers-
ten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts waren die
Plötzkes Herren von Teupitz, um 1350 aber kam die
Herrschaft Tupitz oder Tuptz, wie sie damals genannt
ward, in Besitz der Schenken von Landsberg und
nahm seitdem den Namen des »Schenkenländchens«
an. Dies Ländchen umfaßte vier Quadratmeilen; in
seiner Mitte lag Teupitz, die Stadt, mit See und Burg.
Die Lehnsverhältnisse des »Schenkenländchens«
blieben noch geraume Zeit hindurch verwickelter und
schwankender Natur, bis endlich der Einfall der Hus-
siten in die Mark den Ausschlag gab und die Schen-
ken von Landsberg und Teupitz veranlaßte, sich in
den Schutz des brandenburgischen Kurfürsten
(Friedrich I.) zu begeben. Zwar geschah dies zu-
nächst noch mit der Bemerkung: »unbeschadet un-
serer Untertänigkeitsverpflichtung gegen den Kaiser
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und den Herzog von Sachsen«, diese Hinzufügung
indes scheint nicht allzu ernsthaft gemeint gewesen
zu sein, da Schenk Heinrich von Landsberg schon
wenige Jahre später erklärte, »daß, sintemalen der
Kurfürst, sein gnädiger Herr, mit den Herzögen von
Sachsen in Fehde stehe, auch er (Schenk Heinrich)
mit seinen Helfern und Knechten ihnen, den Herzö-
gen, den Krieg erklären müsse«.
Die Schenken von Landsberg und Teupitz blieben
nah an 400 Jahr im Besitz der Herrschaft. Nachdem
aber Schloß und Land infolge des Dreißigjährigen
Krieges sehr vernachlässigt, die Weinberge verwil-
dert, die Heiden verwüstet waren, ging das ganze
Schenkenländchen im Jahre 1718 durch Kauf an Kö-
nig Friedrich Wilhelm I. über. Er bezahlte dafür die
geringe Summe von 54 000 Taler, kaufte verloren-
gegangene Güter zurück, machte das Schloß zu ei-
nem »Amt« und stellte das gesamte Schenkenländ-
chen, als Außenwerk der Herrschaft Königs Wuster-
hausen, unter die Verwaltung einer Amtskammer.
Seit einer Reihe von Jahren ist Schloß Teupitz in die
Hände von Privaten übergegangen. Der vorige Besit-
zer war Herr von Treskow, der
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