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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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dämmerte, und Pistolenschüsse verkün-
    deten die Nähe französischer Chasseurs. Knesebeck
    ging ihnen entgegen. »Qui-vive?« – »Un citoyen du
    bourg«, antwortete Knesebeck und verlangte den
    kommandierenden Offizier zu sprechen. Dies war ein
    Marquis de Custine. Knesebeck eröffnete ihm, daß
    die Stadt offen, ohne Besatzung und arm, trotz ihrer
    Armut aber zu einem »douceur« bereit sei. Das wirk-
    te. »Ah, monsieur sait bien comment traiter avec les
    soldats«, erwiderte der Marquis lächelnd mit befrie-
    digtem Gesicht, und man einigte sich alsbald über
    100 Louisdor. Die Franzosen zogen ein, und die
    Summe wurde gezahlt.
    War auf diese Weise Plünderung und Gewalttat
    glücklich abgewandt, so sicherte Knesebecks Geis-
    tesgegenwart wenige Wochen später die Stadt vor
    einer noch drohenderen Gefahr. Das Gerücht hatte
    sich verbreitet: »die Franzosen seien geschlagen
    worden«, und siehe da, den guten Ruppinern begann
    der Kamm zu schwellen. Détachements französischer
    Truppen, darunter auch Personen von Rang, passier-
    ten gelegentlich die Stadt; warum sollte man sie ru-
    hig und ungehindert ziehen lassen? waren es nicht
    Feinde? So beschloß man denn, den »Kleinen Krieg«
    zu organisieren und wegzufangen, was wegzufangen
    sei. Die Sache war gut gemeint, aber sie hatte mehr
    Herz als Verstand, und kaum daß solche Pläne in den
    Köpfen der Menge spukten, als sich auch schon Ge-
    legenheit bot, sie auszuführen. Bei leisem Schneege-
    stöber kam Anfang Dezember ein Schlitten durchs
    Tor, dessen Insasse sich – trotz des weiten Mantels,
    der ihn verhüllte – leicht als ein höherer französi-

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    scher Offizier erkennen ließ. Da hatte man wen im
    Garn! Und mit Geschrei drang ein Dutzend Bürger,
    von allerlei Volk unterstützt, auf den Unbekannten
    ein, zunächst um ihn zu insultieren, vielleicht auch,
    um ihn niederzuschlagen, wenn er Widerstand versu-
    chen sollte. Knesebeck eilte herzu, stellte den An-
    greifenden das Unedle, ja das Gefährliche ihrer
    Handlungsweise vor und trieb den Haufen auseinan-
    der. Der Offizier aber setzte seine Reise fort. Alles
    schien vergessen, als etwa drei oder vier Tage später
    Knesebeck in den Gasthof »Zur Krone« gerufen wur-
    de. Ein eben von Berlin her eingetroffener französi-
    scher Gendarmerieoberst – ein Abgesandter Savarys,
    in dessen Händen damals die oberste Polizeileitung
    war – trat ihm in brüsker Weise entgegen und mach-
    te ihn verantwortlich für die Insulten, die sich die
    Stadt gegen einen französischen Offizier erlaubt ha-
    be. »Ich werde Sie füsilieren lassen.« Knesebeck
    erwiderte kalt: »Contre la force il n'y a point de
    résistance.« Der Oberst1), durch die Ruhe dieser Ent-
    gegnung einigermaßen décontenanciert, fuhr eben
    mit neuen und immer heftiger werdenden Schmä-
    hungen heraus, als eine dritte Gestalt, die bis dahin
    halb verborgen in der Fensternische gestanden hat-
    te, zu den Streitenden herantrat und dem lärmenden
    Offizier zurief: »Taisez-vous! Cet homme a agi com-
    me chevalier; il n'y a rien à lui reprocher.« Knese-
    beck erkannte jetzt in dem Sprecher denselben fran-
    zösischen Offizier, den er der Volkswut entrissen
    hatte. Es war Napoleons Oberstallmeister, Caulain-
    court, Herzog von Vicenza. Caulaincourt hatte keine
    Ahnung davon gehabt, daß dieselbe Stadtautorität,
    der er an dem Vorfalle schuld gab und deren Verfol-

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    gung er in Berlin (bei Savary) beantragt hatte, genau
    derselbe Mann war, dessen rechtzeitigem Einschrei-
    ten er seine Rettung verdankte. Die Sache wurde
    beigelegt, auf Bestrafung der Schuldigen nicht weiter
    gedrungen und Knesebeck mit den verbindlichsten
    Worten entlassen.
    Einquartierungen und Truppendurchmärsche dauer-
    ten fort. Endlich kam Frieden, aber er entsprach nir-
    gends im Lande den daran geknüpften Hoffnungen,
    und die Franzosen , anstatt die Mark zu verlassen, wurden nur innerhalb derselben disloziert. Um diese
    Dislozierungen für die Grafschaft Ruppin einzuleiten,
    wurde Knesebeck im August 1807 nach Liebenwalde
    geschickt, wo sich damals die Division Vilatte befand.
    Nachdem er die nötigen Notizen über Zahl und Gat-
    tung der unterzubringenden Truppen erhalten und
    dem französischen General die vollständigste Aus-
    kunft über die vorzunehmende Dislokation erteilt
    hatte, forderte Vilatte ihn auf, die Vorbereitungen zu
    dem nahe bevorstehenden Napoleons-Tage
    (15. August) zu treffen. Knesebeck tat wie befohlen.
    Als er andern Tages meldete,

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