Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Heerhaufen aber,
der aus Bürgern von Jüterbog und Treuenbrietzen
und aus Lehnsleuten der Klöster Lehnin und Zinna
bestand, rückte vor Schloß Beuthen. Ein kurfürstli-
cher Vogt, Hans von Torgau mit Namen, führte die-
sen Heerhaufen an und forderte die beuthensche
Besatzung auf, sich zu ergeben. Goswin von Breder-
low aber, der die Burg für die Quitzows hielt, antwor-
tete guten Muts: »er wolle sich die Sache noch ein
paar Jahr überlegen«. Das war am 14. Februar 1414.
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Hans von Torgau meldete den Bescheid an seinen
gnädigsten Herrn Kurfürsten, und die Bürger von
Jüterbog und Treuenbrietzen bezogen ein Lager an
der Nuthe hin und warteten auf den zugesagten
Bundesgenossen, von dessen Kriegsruhm die Marken
damals voll waren. Und siehe da, sie warteten nicht
lang. Erst am 24. Februar war Schloß Plaue gefallen,
und schon am 25. erschien die »Faule Grete«, von
sechsunddreißig Pferden gezogen, vor Burg Beuthen.
Andern Morgens mit dem frühesten schlug eine drei-
ßig Pfund schwere Steinkugel an denselben Turm,
hinter dem Goswin von Brederlow eben beim Frühs-
tück saß, und gab der alten Burg einen solchen Ruck,
daß es schwer zu sagen war, was mehr zitterte, die
Mauern oder die Herzen der Besatzung. Und auch
Goswin von Brederlow fing jetzt an, mit sich handeln
zu lassen. Es schien, er hatte Tage gemeint, nicht Jahre , und am 26. abends schon war Schloß Beuthen eine Hohenzollersche Burg.
Und gut-hohenzollersch ist sie geblieben, solange sie
von jenem Tag an noch gestanden hat. Das meiste
von ihr verschwand kurz vor der Schlacht von Groß-
beeren, als preußische Artillerie, welche den Über-
gang über die Nuthe decken sollte, die Feldstein-
mauern großenteils einriß und statt ihrer einen Erd-
wall aufführte. Nur die von Gräben oder Flußwindun-
gen eingefaßte Stelle , wo Burg Beuthen stand, ist noch deutlich erkennbar, ein Stück Inselland, auf
dem sich ebenso Mittelturm und Außenwall immer
noch ersichtlich markieren. Ein paar Weiden und A-
kazien überschatten jetzt den Rasen, der ein Stück
märkischer Geschichte deckt, und einzelne Fischer-
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netze spannen sich zwischen den Baumstämmen
aus. Im übrigen ist alles hinüber, und ein Kahn, ohne
Bank und Steuer, der halb verborgen im Schilfe liegt,
unterhält die Verbindung zwischen dem Inselchen
und der Welt.
Es war im Februar 1414, daß die Quitzow-Burgen
fielen. Damals waren die Hohenzollern fremd im
märkischen Land, und beinah feindlich betraten sie
dasselbe. Das ist anders geworden seitdem. Diesel-
ben Familien, die damals am festesten widerstanden,
haben sich inzwischen als die treuesten bewährt, und
die alten Rittersitze, vor denen die »Faule Grete« das
letzte Wort sprechen mußte, sind längst zu Stätten
unwandelbarer Loyalität geworden. Auch Schloß
Beuthen. Die Burg ist hin, aber zu Füßen derselben sind Dörfer entstanden, die den alten Namen tragen
(Groß- und Klein Beuthen), und die Görtzkes, die
diese Dörfer an die 300 Jahre nun ihr eigen nennen,
sind alles, nur keine Goswin von Brederlows mehr,
die sich's erst »überlegen wollen«, wenn ein Hohen-
zoller Einlaß begehrt.
Und es sind nun einige zwanzig Jahre, daß ein Ho-
henzoller wieder mal darum ansprach und gleich da-
nach seinen Einzug hielt in Großbeuthen.
Versuch ich, diesen Tag zu beschreiben.
Die Augustsonne fällt auf das am Dorfausgange ge-
legene Herrenhaus. Der alte Torweg, der von der
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Straße her auf den Hof führt, ist eine Blumenpforte
geworden, und auf den Steinpfeilern rechts und links
wehen die preußischen Fahnen. Ebenso hat sich das
an sich einfache Herrenhaus verändert und ist kaum
noch das alte. Seine weißgetünchten Wände blicken
nur hier und da noch aus der Umrahmung von
Festons und Guirlanden hervor, und die Vorbautrep-
pe verbirgt ihr schlichtes Geländer hinter einem Wal-
de von hohem Schilf. Aus der weit offenstehenden
Türe lugt von Zeit zu Zeit ein Mädchenkopf hervor
und fragt mit jedem Blick über den Hof hin: »Ob sie
kommen?« Auf dem Korridor aber schreiten befrack-
te Herren auf und ab und vergleichen mechanisch die
Taschenuhr mit der Wanduhr, dem einzigen Schlag-
werk im Hause, das in unbeirrter Ruhe seinen Gang
fortsetzt, während alle Herzen rascher und höher
schlagen. Die Tauben sitzen den Dachfirst entlang,
als warteten sie mit, und der Hahn, der sonst wohl
im Schatten unter dem Vordach um diese Stunde zu
meditieren pflegt, heut
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