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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Dabei machte er kehrt; im Publikum aber brach ein Freudenhallo aus, daß die
    Coulissen ins Zittern kamen. Die Vorstellung war
    aus, und alles stürmte nach Hause.
    Draußen war ein Leben und Gedränge wie bei hellem
    Tage, denn fortwährend brachte man Verwundete
    und Gefangene zur Stadt. Wagen aller Art, bepackt
    mit Lebensmitteln, Decken, Mänteln und allem, was
    den ermüdeten, hungrigen Kriegern nur irgendwie
    zugute kommen konnte, rollten zum Tore hinaus,
    dem Schlachtfelde zu. Wir, denen Wagen und Pferde
    nicht zu Gebote standen, taten an den in die Stadt
    gebrachten Verwundeten, was in unsern Kräften
    stand. Von Zu-Bette-Gehen war natürlich nicht die
    Rede.

    2712
    Gegen Morgen traf ich mit einem Offizier in der
    »Sonne« oder bei Jagors (wo jetzt die Passage ist)
    zusammen, der im Begriff war, zu seinem Regimente
    zurückzukehren, und sich nur noch mit einer Tasse
    Kaffee stärkte. Der ergänzte die bruchstückweisen
    Nachrichten, die wir bis dahin von der Schlacht er-
    halten hatten.
    Auf der Straße traf ich bald danach einen mir von
    alter Zeit her bekannten und damals zu den popu-
    lärsten Figuren Berlins gehörenden Hofschlächter-
    meister, der mich einlud, auf seinem mit Wurst,
    Schinken und Brot beladenen Wägelchen Platz zu
    nehmen und mit ihm hinauszufahren. Und ich ließ
    mir das nicht zweimal sagen.
    Aber freilich, den Anblick des Schlachtfelds werd ich
    all mein Lebtag nicht vergessen. Unfern der Mühle
    lag ein blutjunger französischer Offizier, die Brust
    von einer Kartätschenkugel zerschmettert. Aus der
    zerrissenen Uniform blickte vorne zwischen den
    Knöpfen ein rotes Portefeuille hervor. Wir öffneten es
    und fanden unter mehreren Briefen einen, der noch
    nicht gesiegelt, aber bereits mit einer Aufschrift in
    französischer Sprache versehen war: »An Herrn Ca-
    puzzo, Mitglied des Kriminalgerichts zu Genua«. Der
    sollte, wie aus dem Briefe hervorging, der Schwie-
    gervater des Toten werden, und beigelegt war ein
    verschlossenes Briefchen an die Braut. Es schloß mit
    den Worten: »Ich hoffe diesen Brief heut abend auf
    die Post in Berlin zu geben.«
    Nun taten wir es.

    2713
    Abends am 24. aber sang man im Theater die Sie-
    geskantate, die Gubitz am Tage vorher gedichtet und
    Himmel, als er seinen Rausch ausgeschlafen, in eine
    vortreffliche Musik gesetzt hatte.

    1. Friedrich Tietz, ein halbes Jahrhundert lang
    Berliner Publizist und Mitarbeiter an einer
    großen Zahl unsrer Blätter (»Vossische«,
    »Fremdenblatt«, »Kreuz-Zeitung«), wurde
    den 24. September 1803 zu Königsberg i. Pr.
    geboren und starb am 6. Juli 1879 zu Berlin.
    Alles Beste, was er geschrieben, sind Theater-
    und Lebenserinnerungen. Mitunter gelang ihm
    auch ein Gelegenheitsgedicht etc. Eins der-
    selben – bei Gelegenheit der Geburt des Prin-
    zen Wilhelm (27. Januar 1859) gedichtet – ist
    so gut, daß es in glücklichem Einfall und gra-
    ziösem Humor der Ausführung als Muster-
    stück gelten kann. Ich setz es hierher und bin
    der Meinung, daß der Verfasser desselben in
    nichts Besserem fortleben kann.
    Preußischer Frühling im Januar 1859
    Noch ist es lang hin bis zum Frühlingsgrün,
    Bis zu Blütenduft und Blumenblühn,
    Bis zum Jubel der kleinen Waldvögelein,
    Bis zum Fluge der Schwalben im Sonnenschein.
    Und dennoch aus fernem, aus warmem Land,
    Wohin der Winter den Flücht'gen verbannt

    2714
    Ist heimgekehrt ein verfrühter Gast,
    Ein allbekannter, zu erneuter Hast.
    Er sucht sich die höchsten Giebel wohl aus
    Und baut dort sein Nest auf der Menschen Haus,
    Und wo er es tut, tönt's ihm entgegen:
    »Willkommen! Du bringst dem Hause Segen!«
    Wer mag noch fragen zu dieser Stund,
    Welchen Gast wir meinen? Des Volkes Mund
    Ruft jubelnd aus: »Nun ist er da!
    Der Storch ist gekommen! Viktoria!«
    Und alle schaun herzfreudigen Blicks
    Hinauf zur erwählten Stätte des Glücks,
    Zum Königspalast, des höchste Spitze
    Der schwarzweiße Vogel erwählt zum Sitze.
    Der Adler daneben dehnt majestätisch
    Die Fittiche aus und spricht gravitätisch:
    »Weil du, mein beflügelter Herr Kumpan,
    Am Preußenland so was Braves getan,
    So will ich dich ehren fortan als Freund
    Und hoff, wir sehn uns hier oft noch vereint!«
    Der Storch beugt sein langbeschnäbeltes Haupt
    Und spricht: »Wenn's gnädigst mir ist erlaubt,
    So bring ich alljährlich, was heut ich gebracht.«
    Da hat der preußische Adler gelacht:
    »Herr Vogel-Bruder, ich halt dich beim Wort!
    Vermehre du fleißig der Preußen Hort;
    Der Storch

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