Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
damals, in noch frischer Dankbarkeit,
    an ihn gerichtet worden waren:
    Als in den Tagen des Grams
    die blöden Gemüter erstarrten
    Und dem nahenden Sturm jegliche Seele erlag,
    Tratest du kühnlich hervor,
    gesetzt und weis und besonnen,
    Zu beschwören den Sturm,
    der uns Verderben gedroht.
    Er hatte wohl Anspruch auf diese Huldigung. Der
    Kreis, in dem ihm zu wirken vergönnt war, war nur
    ein kleiner und begrenzter, aber innerhalb desselben
    hatte er sich bewährt. Den größern Kreis sich zu
    schaffen lag außerhalb seiner Macht, indessen wo
    immer er stand, stand er da – ein ganzer Mann. Er starb hochbetagt am 11. Juli 1860.
    Wir sitzen im Herrenhause zu Löwenbruch .
    Die Türe des Gartensaals steht offen, und Duft und
    Frische dringen ein. Die Sonne scheidet eben, und
    nur ein roter Streifen liegt noch über dem Schwarz-
    grün der Edeltannen. Alles ist sabbatstill, und ge-
    räuschlos zieht ein Schwarm Tauben durch die Luft.
    Erdbeerschalen schmücken den Tisch und lachen uns
    an, heiter und behaglich fließt das Gespräch. Aber

    2728
    auch das , was uns umgibt führt seine Sprache. Jegliches, was seit Jahrhunderten hier war und wuchs, es
    ist nicht tot, es lebt und schafft und wirkt ein geheimnisvolles Band zwischen dem Vergangenen und
    dem Gegenwärtigen. Auf dem Tische vor uns steht
    ein Serpentinkrug, der das Wappen der Otterstedts
    auf seinem Silberdeckel trägt; durch die zurückge-
    schlagene Samtportière gewahren wir im Nebenzim-
    mer die nun als Sofa dienende von Alvenslebensche
    Truhe, vor uns der Holunderbaum, der über die Gar-
    tenmauer ragt, mahnt uns an den alten von Gröben,
    der im Leinwandkittel unter diesem Blätterdache saß
    und phantastische Schlachten auf seinem Schach-
    brett schlug, und neben uns an der Wand tickt die
    Pendeluhr, die Knesebeck, dem Feldmarschall , über seinem Arbeitstische die Stunden schlug, als der
    Friedenskongreß die Fürsten Europas in der heitern
    alten Kaiserstadt versammelt hatte. Wie viele Denk-
    schriften, Gutachten und Entwürfe entstanden bei
    dem Ticktack dieser gedrungenen Ebenholzpendule,
    die so diskret und in sich zurückgezogen dasteht, als
    wisse sie, was einem Zeugen schickt, der ernste
    Dinge gehört und gesehn.
    Der letzte rote Streifen über den Tannen ist hin, und
    das leise Singen des Kessels im Nebenzimmer kün-
    det uns die Teestunde. Niemand spricht mehr, aber
    es ist, als flüsterten die Stimmen derer, die nicht
    mehr sind.

    2729
    1. Meine Quelle gibt an, dieser Oberst sei Savary
    selbst gewesen, was aber aus vielen Gründen
    unmöglich ist. Savary war seit 1804 Divisi-
    onsgeneral und wurde bereits 1807, also we-
    nige Monate nach den hier geschilderten Vor-
    gängen, zum Herzog von Rovigo ernannt. Ein
    so hochgestellter Offizier konnte durch Cau-
    laincourt, der an Rang kaum über ihm stand,
    nicht gut persönlich zu einer Untersuchungs-
    reise nach Ruppin veranlaßt, am allerwenigs-
    ten aber mit einem »Taisez-vous« zur Ruhe
    verwiesen werden.

    Schloß Beuthen

    Kühnlich darf mein Haupt ich legen
    Jedem Untertan in Schoß.
    Kemer

    An der Nuthe, die die Grenze zieht zwischen dem
    Teltow und der Zauche, stand in alten Zeiten Schloß
    Beuthen und beherrschte den Flußübergang.1) Rings
    von Wasser umflossen und aus grauem Feldstein
    zusammengefügt, erhob sich die Burg wie ein Fels-
    eck und blickte steil und trotzig in die Niederung hin-
    ein.

    2730
    Ja, Schloß Beuthen war trotzig. Die Quitzows hielten
    es und gedachten es zu behaupten gegen den Nürn-
    berger Burggrafen, der wie ein Herr ins Land kam
    und den man doch nicht gelten lassen mochte. Man
    mocht eben denken, »die Herren wechseln rasch in
    der Mark; sie finden sich ein, wie kaiserliche Not o-
    der kaiserliche Laune sie schickt; es gibt aber nur
    einen bleibenden Herrn in der Mark, und das sind wir «. Und sie hatten so unrecht nicht.
    Sie hatten nicht unrecht in der Sache ; desto mehr aber verkannten sie die Person , die's jetzt mit ihnen und der Mark versuchen wollte. Das war kein Herr
    wie die andern, die nur gekommen waren, um wie-
    der zu gehn; dieser kam, um zu bleiben , und nahm Platz mit dem Behagen und dem Nachdruck eines,
    der sich auf lange hin einzurichten gedenkt. Die
    Quitzows hatten kein Auge dafür; sie trotzten und
    traten kühnlich mit ihrem Trotz heraus.
    Da galt es denn, diesen Trotz zu brechen, und unter-
    schiedliche Heerhaufen zogen vor die Schlösser der
    Quitzows und Rochows. Und zwar drei vor Plaue,
    Friesack und Golzow. Der vierte

Weitere Kostenlose Bücher