Wanderungen II. Das Oderland.
von diesem Tag an durch länger als ein Jahrhundert hin, nämlich vom 18. Juli 1656 bis zum 18. Juni 1757, immer siegreich kämpften. Erst der Tag von Kolin brachte die Demütigung einer Niederlage.
Wenn diese Waffentat nichtsdestoweniger halb vergessen ist und jedenfalls nirgends im Herzen unseres Volkes fortlebt so hat dies zunächst seinen Grund darin, daß alle Siege, bei denen kleinere Völker an der Seite eines größeren auftreten, immer nur dem letzteren als kriegerische Großtat angerechnet werden. Die Stärkeren verfahren dabei systematisch-absprechend und behaupten ihre Sätze so nachdrücklich und so beharrlich, daß das kleinere Volk schließlich selber glaubt, es habe eigentlich wenig oder gar nichts bei der Sache getan. Es kommt aber in dem vorliegenden Falle noch ein anderes hinzu: das ermangelnde Lokalinteresse . Fehrbellin liegt uns nah, und Warschau liegt uns fern. Bis diese Stunde feiern wir Großbeeren und Dennewitz auf Kosten größerer und entscheidungsreicherer Aktionen, nur weil uns an beiden Tagen allerpersönlichst das Feuer auf den Nägeln brannte. Die Menschen sind Egoisten in allen Stücken. Auch in diesen.
Die Beschreibungen der Schlacht von Warschau pflegen Sparrs und seines ausschlaggebenden Angriffs immer nur obenhin zu erwähnen, was uns, aus schon angeführten Gründen, eben nicht wundernehmen darf. Pufendorfs »De rebus a Carolo Gustavo gestis« kam den Schweden zugute, nicht uns, und im eigenen Lande entbehrten wir der Chronisten, die sich unsers brandenburgischen Feldherrn angenommen hätten. So müssen wir denn, was die hervorragende Mitwirkung des letztren an der großen, dreitägigen Aktion angeht, uns mit einem mittelbaren Beweise begnügen, den wir am besten in den Auszeichnungen finden, die der Kurfürst von jenem Tag an für unseren Otto Christoph von Sparr hatte. Am 26. Juni 1657 wurd er zum Generalfeldmarschall ernannt und sein Gehalt auf eine für die damalige Zeit überraschende Höhe festgesetzt. Er erhielt 800 Taler monatlich , Futter für vierzig Pferde und Verpflegung für eine zahlreiche Dienerschaft. 1) Auch Karl Gustav, unter dessen Augen er bei Warschau gekämpft hatte, bestätigte das Entscheidende des Sparrschen Angriffs, indem er kurz nach der Schlacht von ihm sagte: »Dieser alte Vater Sparr hat sich als ein kriegskundiger General erwiesen. Er hat seines Amtes unerschrocken gewaltet und alles weislich hinausgeführt .«
Der Schwedisch-Polnische Krieg verlief nicht plötzlich. Wir verfolgen unsren »Feldmarschall« aber nicht weiter auf seinen Zügen durch Pommern und Mecklenburg, bis nach Holstein und Jütland hinauf, sondern wenden uns vielmehr jenem letzten Abschnitte seines Lebens zu, der dem am 1. Mai 1660 geschlossenen Frieden von Oliva folgte.
Ruhmgekrönt kehrte Sparr in die Heimat zurück. Er war der erste Mann im Lande und nahm an Rang und Ansehen dieselbe Stellung ein, wie sie fünfzehn Jahre später der alte Derfflinger innehatte. Er war der Beirat und Vertraute seines Fürsten, besaß Schlösser und Häuser 2) und im Lande Barnim die Güter: Prenden, Trampe, Lanke, Ützdorf, Heckelberg, Dannenberg und Tiefensee.
Und betrachten wir nun den Inhalt dieser letzten Lebensjahre, so werden wir nicht ohne eine gewisse Rührung gewahr, wie der alte Kriegsmann in wenig Friedensjahren nachzuholen trachtet, was er in einem Leben voll Krieg und Unruhe versäumt. Aus allem spricht das tiefe Verlangen nach Auferbauen, die Sehnsucht nach Sammlung, nach Frieden in sich und nach Frieden mit Gott. Unser Sparr ist nicht länger mehr der Oberst Sparr, über den die Küstriner Kammer klagt, »daß er den Mühlenknecht in Ketten gelegt und das Volk gedrückt habe«, nein, er , dessen Scharen so manche Kirche gestürmt und erbrochen, stellt sein Herz jetzt auf die Tröstungen der Kirche und zeigt sich beflissen, ihre Gnaden durch Demut und Wohltun und frommen Wandel zu verdienen. Wenn es daneben noch ein anderes, ein mehr auf diese Welt Gerichtetes für ihn gibt, so ist es der verzeihliche Wunsch, sein eigenes Leben zu einer Abrundung zu bringen und seinen und seines Geschlechtes Ruhm der Nachwelt zu überliefern. Eine Familienstiftung und die Herstellung eines prächtigen Erbbegräbnisses beschäftigen ihn. Aber seine reichen Mittel und seine Sorgen gehören doch in erster Reihe dem Allgemeinen. Er baut Kirchen und Türme, schenkt Glasmalereien und Glocken, und vor allem ist es die Marienkirche zu Berlin, die sich in jeglicher Weise seines Beistandes in
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