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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Not und Gefahr erfreut. Im Jahre 1661 wurde die Turmspitze vom Blitz getroffen, und die hervorbrechenden Flammen machten alsbald die Befürchtung rege, daß die Kirche selbst vom Feuer verzehrt werden würde. Der alte Feldzeugmeister aber wußte Rat, und mit einer damals im ganzen Lande bewunderten Kühnheit und Geschicklichkeit ließ er die brennende Turmspitze herunterschießen. War er so der Retter der Kirche geworden, so war es jetzt nicht minder sein Stolz, auch der Wiedererbauer des durch ihn zertrümmerten Turms zu werden. Er schien dies zur Ehrenaufgabe seiner letzten Lebensjahre machen zu wollen, überschätzte jedoch seine Mittel und führte dadurch seinen eigenen Ruin herbei, ohne seinen Lieblingswunsch erfüllt zu sehen. Seine Erben haben später ihrer Mißbilligung dieses frommen Eifers kein Hehl gehabt und nach seinem Tode folgende Worte des Evangelisten Lukas auf eine Kupfertafel niederschreiben lassen: »Wer ist aber unter euch, der einen Turm bauen will und sitzet nicht zuvor und überschlägt die Kosten, ob er's habe, hinauszuführen? Auf daß nicht, wo er den Grund geleget hat und kann's nicht hinausführen, alle, die es sehen, fangen an, seiner zu spotten, und sagen: Dieser Mensch hob an zu bauen und kann's nicht hinausführen. Oder welcher König will sich begeben in einen Streit wider einen andren König und sitzet nicht zuvor und ratschlaget, ob er könne mit zehntausend begegnen dem, der über ihn kommt mit zwanzigtausend?«
    Hand in Hand mit dem Turmbau, der Armut hinterließ, wo Reichtum gewesen war, ging die Erbauung eines Sparrschen Erbbegräbnisses 3) , das bis diesen Augenblick nicht bloß eine Zierde der Marienkirche, sondern ihre größte Sehenswürdigkeit ausmacht. Ob es ihm vergönnt war, sein gebeugt Gemüt an der Schönheit jenes prächtigen Marmorbildes aufzurichten, das, von der Hand des Artus Quellinus, den Eingang zur eigentlichen Gruft umgibt, oder ob er hinstarb, eh es vollendet war, sind Fragen, die wir unentschieden lassen. Krank an Körper und Seele, verließ er im Frühjahr 1668 die Hauptstadt, um sie mit Augen nicht wiederzusehen. Er mochte fühlen, daß sein Ende nahe sei. Am 3. Mai vermachte er der Freifrau Luise Hedwig von Blumenthal, der Tochter seines Freundes Otto von Schwerin, sein Stadthaus in der Spandauer Straße; sechs Tage später schied er aus dieser Welt, am 9. Mai 1668, auf seinem Lieblingsschlosse zu Prenden. Der reiche Mann, der hochgestellte Diener seines Fürsten starb in Dürftigkeit. Die Leichenpredigt, die Propst Andreas Müller hielt, konnte wegen Mangels an Geld nicht gedruckt werden, und noch 1675, also sieben Jahre nach Sparrs Tode, bat der Propst bei den Erben desselben um Zahlung gehabter Unkosten und Auslagen. Die Beisetzung der Leiche erfolgte, wie das alte Kirchenbuch von Sankt Marien besagt, »am 12. Mai, abends in der Still', im Beisein vornehmer Leute«.
    Turm und Erbbegräbnis, die beiden Denkmale, die sich der Feldmarschall bei Lebzeiten gesetzt, hatten ihn zum armen Manne gemacht. Aber, wie so oft, was ihn erniedrigt hatte, hatte ihn auch erhöht. Turm und Erbbegräbnis sind es, die seinen Namen in der Erinnerung der Nachwelt festgehalten haben und bis diesen Tag von einem Ruhm erzählen, der ohne das ernste, halb rätselvolle Steinbild des Artus Quellinus vergessener wäre, als er es ist.
     
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    Wegen schlechter Finanzlage des Landes wurden die Gehälter bald darauf (1660) herabgesetzt, und Sparr erhielt von da ab nur noch ungefähr 500 Taler monatlich und 120 Scheffel Korn. [Image: Zurück]
 
Das Stadthaus des Feldmarschalls lag in der Spandauer Straße und bildet jetzt mit seinen Seiten- und Hintergebäuden den dritten Posthof. Unmittelbar zur Linken, wenn man aus dem zweiten Posthof in den dritten eintritt befindet sich ein in Stein gehauenes Brustbild des alten Sparr und unter demselben folgende, im Auftrag der Baronin von Blumenthal (gebornen von Schwerin) angefertigte Inschrift: »Aeternitati sacer heros illustrissim. L. B. Otto Christoph de Sparr coeli possessiones occupaturus gratam circumspexit posteritatem et linquendae huic sedi singulari mentis destinatione heredem fecit illustriss. dominam Louisam B. de Blumenthal ex domo Schwerina. Atque ea testatura benefico cineri quanti fuerit hoc inter vivos donum simul ut perennius esset generosae mentis monumentum. Ingenti id sumptu a damnosa die vindicavit et restituit in fimitatem et decus hoc quod lector prospicis. Servet hunc verticem salus et limen

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