Wanderungen II. Das Oderland.
ihr Gold und ihren Duft über das Bruchland hin ausstreuen, der glaubt sich wie durch Zauberschlag in ferne Wunderländer versetzt, von denen er als Kind geträumt und gelesen. Unvergeßlich aber wird der Eindruck für den, den ein glückliches Ohngefähr an einem Pfingstheiligabend an diesen Höhenrand führt. Die Feuchte des Bruches liegt dann wie ein Schleier über der Landschaft, alles Friede, Farbe, Duft, und der ferne, halb ersterbende Klang von dreißig Kirchtürmen klingt in der Luft zusammen, als läute der Himmel selber die Pfingsten des nächsten Morgens ein.
Die Pappelallee geleitet uns bergab und macht erst am Fuße des Hügels einem breiten Kastanienwege Platz, der uns bis an den Eingang des Dorfes führt. Dieses Dorf ist Gusow, eins der größten und vornehmsten jener alten Wendendörfer, die, lange vor der Urbarmachung, die sumpfige Niederung des Bruches in weitem Zirkel umspannten. Schon um die Mitte des funfzehnten Jahrhunderts, unter Kurfürst Friedrich Eisenzahn, saßen hier die reichbegüterten Schapelows und verblieben im Besitze bis 1649, wo die beiden minderjährigen Söhne des von einem seiner Knechte erschlagenen Maximilian Wilhelm von Schapelow das verschuldete Gut nicht länger zu behaupten vermochten. Gusow kam zu gerichtlicher Versteigerung und wurde von dem bis kurz zuvor in schwedischen Diensten gestandenen Obersten Georg von Derfflinger, der sich schon drei Jahre früher mit einer von Schapelow vermählt hatte, teils sub hasta erstanden, teils freihändig angenommen.
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Das Pfulen-Land
Ich lese gern von mancher tüchtigen Kraft,
Die kühn gefolgt der Größten ew'gem Schimmer.
H. von Blomberg
Wie um Neustadt-Eberswalde herum ein »Sparren-Land«, so gab es um Buckow herum, an der Grenze von Barnim und Lebus, ein Pfulen -Land.
Die Pfuels kamen so früh in die Mark, daß sie schon im Jahre 1603 in einer Leichenpredigt, die beim Hinscheiden eines der Ihrigen gehalten wurde, nicht nur ein »fürtreffliches«, sondern auch ein » uraltes Geschlecht« genannt werden konnten, ein Geschlecht, aus welchem »equestris et literati ordinis viri«, »tapfere Kriegsschilde und wohlgelahrte, verständige und versuchte Männer«, hervorgegangen seien.
Sie gehörten zu den »Schloßgesessenen«, insoweit sie die festen Schlösser Quilitz, Ranft und Leuenberg innehatten, und ihr Ansehen war bedeutend genug, um noch am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, also fast hundert Jahre später als die Quitzows, wegen einer rückgängig gemachten Verlobung eine zehnjährige Fehde mit den Mecklenburger Herzögen führen zu können. Ihr Besitz umfaßte damals und später die folgenden Güter teils ganz, teils anteilsweise: Buckow, Dannenberg, Leuenberg, Steinbeck, Altranft, Schulzendorf, Hohenfinow, Prötzel, Tiefensee, Werftpfuhl, Hasenholz, Garzin, Garzau, Dahmsdorf, Obersdorf, Quilitz, Friedersdorf, Kienitz, Münchehofe, Jahnsfelde, Gielsdorf und Wilkendorf.
Von diesem reichen Besitzstande sind der Familie nur die drei letztgenannten Güter geblieben: Jahnsfelde bei Müncheberg und Gielsdorf-Wilkendorf bei Strausberg. Der Name des alten Geschlechts aber lebt noch überall in dem ehemaligen Pfulen-Lande fort, so daß wir in nachstehendem von Dorf zu Dorf, von Kirche zu Kirche wandern und dabei aufzuzeichnen haben werden, was an Erinnerungsstücken aus alter Zeit geblieben ist.
Schulzendorf
Schulzendorf, eine halbe Meile von Wriezen, kam bald nach 1450 in Pfuelschen Besitz. Es blieb lange bei der Familie. Erst 1837 ist es in andere Hände übergegangen. Die alte Feldsteinkirche enthält außer einem weißgetünchten Schnitzaltar, der das Würfeln der Kriegsknechte um Christi Mantel darstellt, ein großes, sehr interessantes Bild, das, zu Ehren eines Quilitzer Pfuel gemalt, ursprünglich auch der Quilitzer Kirche zugehörte. Nachdem indes diesem Zweige der Familie das letztgenannte Dorf verlorengegangen und nur Schulzendorf noch geblieben war, hatten die späteren Repräsentanten der Quilitzer Linie den Wunsch, das Ehrenbild ihres Ahnherrn nicht mehr in einer ihnen fremd gewordenen Kirche zu sehen. Sie kauften daher das Bild und stellten es in der Schulzendorfer Kirche auf. Es ist sehr groß, wenigstens sechs Fuß zu vier, und stellt eine Kreuzigung Christi dar. Zu Füßen des Kreuzes kniet in blanker Rüstung der alte Pfuel, dem zu Ehren das Bild gestiftet wurde, und blickt betend zu dem Gekreuzigten auf. Weiter unterhalb die Donatoren: vier weibliche und zwei männliche Figuren.
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