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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Festigkeit bekommen), so haben die neuen Dörfer doch mehrfach schon durch Überschwemmung gelitten, so daß man mit Kähnen die Einwohner retten oder ihnen doch, da sie auf die Böden ihrer Häuser geflüchtet, zu Hülfe kommen mußte. Der eingedeichte Acker dürfte wohl mit der Zeit der Wische in der Altmark ähnlich werden; aber noch ist er es nicht... In den ersten Jahren gab der Roggen fast gar kein Mehl, sondern lauter Kleie, und die Gerste taugte gar nicht zu Malz, weil es lauter Lagerkorn gewesen war.«
    Seitdem ist es unser eigentliches Gerstenland geworden. Neuerdings blüht in ihm die Rübenkultur. Große Zuckerfabriken existieren auf den Ämtern, und immer neue Unternehmungen treten ins Leben. Der Anblick dieses fruchtbaren Landesteiles aber ruft immer wieder die Worte des großen Königs in unser Gedächtnis zurück: »Hier hab ich im Frieden eine Provinz erobert.«
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    Es heißt, Friedrich der Große habe bei seinem berühmten Flankenmarsche, der der Schlacht von Zorndorf vorherging (vergleiche »Zorndorf«), bereits Vorteile von der veränderten, das heißt mehr passierbaren Gestalt des Bruchs gezogen. Dies ist jedoch höchstwahrscheinlich eine zu Ehren des Bruchs und seiner Melioration erfundene Geschichte, da die Zorndorfer Schlacht am 25. August stattfand, also zu einer Jahreszeit, wo das Bruch immer trocken und passierbar zu sein pflegte. ._.
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3. Die alten Bewohner
    Alte Zeit und alte Sitt
Hielt mit dem Neuen nicht länger Schritt,
Aber sieh da, das alte Kleid
Hat länger gelebt als Sitt und Zeit.

     
    Das Oderbruch – oder doch wenigstens das Niederbruch, von dem wir im nachstehenden ausschließlich sprechen – blieb sehr lange wendisch. Wahrscheinlich waren alle seine Bewohner, bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts hinein, von ziemlich unvermischter slawischer Abstammung. Die deutsche Sprache war eingedrungen (es ist nicht festzustellen, wann ), aber nicht das deutsche Blut . Die Gegend war auch nicht dazu angetan, zu einer Übersiedelung einzuladen. Ackerland gab es nicht, desto mehr Überschwemmungen, und der Fischfang, den die Wenden, wenigstens in diesen Gegenden, vorzugsweise betrieben, hatte nichts Verlockendes für die Deutschen, die zu allen Zeiten entweder den Ackerbau oder die Meerfahrt, aber nicht den Fischfang liebten. Dazu kam, daß die alten Wenden, wie es scheint, von sehr nationaler und sehr exklusiver Richtung waren und den wenigen deutschen Kolonisten, die sich hier niederließen (zum Beispiel unter dem Großen Kurfürsten), das Leben so schwer wie möglich machten.
    Über die Art nun, wie die wendischen Bewohner im Innern des Bruches lebten, wissen wir wenig, und das beste Teil unsrer Kenntnis haben wir aus Vergleichen und Schlußfolgerungen zu schöpfen. Die mehr und mehr unter deutsche Kultur geratenden » Randdörfer « – zu denen die » Bruchdörfer « alsbald in dem Verhältnis mittelalterlich-wendischer Kietze standen – hätten uns in ihren Amts- und Kirchenbüchern allerhand aufschlußgebende Aufzeichnungen hinterlassen können; aber es gebrach an dem erforderlichen historischen Sinn, und so ging die Zeit dafür verloren. Diese schloß etwa mit der Mitte des vorigen Jahrhunderts ab. Ein geübtes Auge würde freilich auch heute noch in der aus den verschiedensten Elementen gemischten Bevölkerung eine Fülle speziell wendischer Eigentümlichkeiten herauslesen können; es gehört aber dazu eine exakte Kenntnis der verschiedenen slawischen und deutschen Stammeseigentümlichkeiten, daß ich es nicht wage, mich in solche Scheidungen und Bestimmungen einzulassen.
    Ich gebe zunächst nur das wenige, was ich über die alten wendischen Bruchdörfer und ihre Bewohner als direkte Schilderung aus älterer Zeit her habe auffinden können.
    »Die Dörfer im Bruch« – so sagt eine in Buchholtz' »Geschichte der Kurmark Brandenburg« abgedruckte Schilderung (Vorrede zu Band II) – »lagen vor der Eindeichung und Neubesetzung dieses ehemaligen Sumpflandes auf einem Haufen mit ihren Häusern, das heißt also, weder vereinzelt noch in langgestreckter Linie, und waren meistens von gewaltigen, häuserhohen, aus Kuhmist aufgeführten Wällen umzingelt, die ihnen Schutz vor Wind und Wetter und vor den Wasserfluten im Winter und Frühling gewährten und den Sommer über zu Kürbisgärten dienten. Den übrigen Mist warf man aufs Eis oder ins Wasser und ließ ihn mit der Oder forttreiben. Einzeln liegende Gehöfte, deren jetzt viele Hunderte vorhanden sind, gab es im

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