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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Konservierung der alten Sitte herbeigeführt hätten. Schon der Fürst-Staatskanzler selbst, der ein feines Auge für derlei Dinge hatte, hielt darauf, daß die Frauen und Mädchen des Dorfs in der alten wendischen Tracht vor ihm erscheinen mußten, und auch später noch haben alle Mägde, die den bevorzugten Dienst im Schloß antreten wollten, sich zu Mieder, Kopftuch und Friesrock zu bequemen gehabt.
    Dem gesamten Oderbruch aber ist als Hinterlassenschaft aus der Zeit wendischer Tracht her das schwarze seidene Kopftuch geblieben, das, jedem jugendlichen Gesichte gut stehend, die Oderbrücherinnen, zum Teil ziemlich unverdient, in den Ruf gebracht hat, ganz besondere Schönheiten zu sein.
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    Über Charakter und Erscheinung der jetzt noch in einigen Bruchdörfern vorkommenden wendischen Bevölkerung schreibt man mir aus einem dieser Dörfer: »Man gibt hier im allgemeinen dem Charakter der wendischen Bevölkerung vor dem der deutschen Kolonisten den Vorzug. Die Wenden sind allerdings schwerfällig, abergläubisch und geistig weniger begabt als die ›Pfälzer‹ (die allgemeine Bezeichnung für die Deutschen), aber an Kraft, Fleiß und Ausdauer sind sie den Deutschen gleich, während sie dieselben an Treue und Zuverlässigkeit übertreffen. Die Männer haben ausdrucksvolle Gesichter, sind nicht schön und mehr hager als beleibt; die Mädchen und jungen Frauen hingegen zeigen vollere Formen, frische Farben statt des Leder- und Pergamentteints anderer Loch- und Bruchgegenden und sind oft sehr hübsch; die dunklen Augen voll Feuer und Leben.« [Image: Zurück]
 
In neuerer Zeit hat sich ein geborener Oderbrücher, der Lehrer Rubehn in Groß Neuendorf, der dankenswerten, aber freilich schwierigen Aufgabe unterzogen, der wendischen Vorgeschichte des Oderbruchs nachzuspüren und Material dafür zu sammeln. Dies Material, in das mir ein Blick gestattet war, ist reich und instruktiv; der Sammler indes scheint mir darin irrezugehn, daß er geneigt ist, den Sprüchen und Sagen, deren er viele zusammengetragen hat, ein größeres Alter beizumessen, als ihnen zukommt. Mit anderen Worten, er vermutet da Wendisch-Ursprüngliches oder im Oderbruch Gewachsenes, wo nur Deutsch-Importiertes vorliegt. Die Sagen, die ich seiner Mitteilung verdanke, finden sich, fast ohne Ausnahme, in den Landesteilen (Pfalz, Schwaben, Niedersachsen) wieder, aus denen die Kolonisierung des Oderbruchs erfolgte. Eine unter diesen Sagen indes, wiewohl sicherlich ebenfalls deutsch, mag um ihrer selbst willen einen Platz an dieser Stelle finden. Es ist das die Geschichte von » Rotmützeken «:
    Bei einem Reetzer Fischer vermietete sich einst ein Knecht, der immer eine rote Mütze trug, weshalb er im Dorf » Rotmützeken « genannt wurde. Alle Sonntag, wenn die andern Leute zur Kirche gingen, stieg er auf den Stallboden, wo allerlei kleine Männer, die »Untererdschken«, zu ihm kamen und Spiel und Lärm und lautes Lachen mit ihm vollführten. Wenn dann die Hausleute aus der Kirche zurückkamen, kam »Rotmützeken« wieder vom Stallboden herunter und war munter und guter Dinge. Das dauerte eine ganze Zeit, wohl über Tag und Jahr. Eines Sonntags, es war der Sonntag nach Weihnachten, stieg er auch wieder auf den Stallboden, während die andern nach der Kirche waren, und das Lärmen und Poltern und Lachen nahm wieder seinen Anfang wie früher, nur viel wilder und lauter. So ging es wohl eine Stunde; als aber der Prediger auf der Kanzel eben amen gesagt hatte, da gab es einen Knall, der die Kirche und alle Häuser im Dorf erschütterte, und als die Leute nach Hause stürzten, fanden sie die Stallbodentür weit auf die Straße geschleudert, Rotmützeken aber an einem Kreuzbalken erhängt. Sie begruben ihn in einer Ecke des Kirchhofs. Er hatte aber nicht Ruh im Grabe. Immer in der Sonntagsnacht nach Weihnachten erschien er auf dem Kirchhof, und die Hirten, die damals (wo im Sommer das Bruch unter Wasser stand) oft noch um die Weihnachtszeit ihr Vieh auf die Weide trieben, sahen ihn dann, wie er auf dem bretternen Kirchhofszaun saß und mit dem Kopf schüttelte. Er war dürr wie ein Skelett, aber er trug immer noch die rote Mütze. Daran hatten sie auch erkannt daß es kein andrer sein konnte als »Rotmützeken«. ._.
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4. Die Kolonisierung und die Kolonisten
    Es fiel zu leicht euch in den Schoß,
»Zu glücklich sein« war euer Los.
Wie heißt der Spruch im Golden Buch?
»Reichtum ist Segen, und Reichtum ist Fluch.«

     
    Die umfangreichen Arbeiten,

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