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Wanja und die wilden Hunde

Wanja und die wilden Hunde

Titel: Wanja und die wilden Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Maja Nowak
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damit auch seinen Blick) immer wieder in meine Handfläche.
    Nach drei Wochen scheinen sich die Dorfhunde an Wanja gewöhnt zu haben, denn ihr Verhalten mäßigt sich.
    Nur die drei zotteligen Gesellen attackieren uns weiterhin, auch wenn wir ihrem Territorium in einem weiten Umweg über das Feld ausweichen. Ich bewaffne mich regelmäßig mit einem Knüppel, bevor ich das Gebiet der drei Hunde betrete. Ich benutze ihn nicht, aber er gibt mir Sicherheit, wenn Wanja und ich durch diese Zone eilen.
    Wir leben zusammen wie ein Paar, das sich schon sehr lange kennt. Wanja fügt sich nahtlos in meinen Tagesablauf ein.
    Jeder Bewohner Lipowkas ist für seine eigene Grundversorgung (Nahrung, Wasser, Holz) zuständig. Niemand jedoch würde es schaffen, sich neben der Bewirtschaftung des Feldes und Gartens, der Versorgung der Tiere und der Erhaltung des Hauses auch noch um alle anderen anfallenden Dinge zu kümmern.
    Deshalb haben sich Einzelne wiederum auf das spezialisiert, was sie besonders gut können, und stellen ihre Fertigkeiten dem gesamten Dorf zur Verfügung. Da gibt es unter anderem Baba Ljuba, Dorfälteste und für wichtige Entscheidungen zuständig, Schnapsbrennerin, Kartenlegerin und nicht zuletzt Liedermacherin, denn alle in Lipowka gängigen Lieder stammen von ihr. Es gibt den Stiefel-Anton, der die Filzstiefel für den Winter macht, den Körbe-Petja, die Brot-Walja, die »heilige Natascha«, Sirfa und Mascha, die Heilerinnen, die Telefon-Galja, bei der das einzige Telefon des Dorfes steht, die Näherin Marfa und den Honig-Anton, den Ziegen-Kolja und den Kuh-Wasja und viele weitere Bewohner mit speziellen Fertigkeiten.
    Da ich aufgrund meiner unregelmäßigen Abwesenheiten keine Garten- oder Feldarbeit leisten kann und auch weil ich keine Kenntnis davon habe, bin ich bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln auf die Babuschkas angewiesen.
    Eine feste Aufgabe für mich im Gegenzug wurde schnell gefunden.
    Täglich helfe ich den ältesten Babuschkas bei Arbeiten, die zu schwer für sie geworden sind. Während ich im linken Zipfel des Dorfes arbeite, arbeitet Vera im rechten. Abends treffen wir uns – und auch dann gibt es eine ganz einfache Aufgabenteilung: Mir macht es viel Freude, aus den immer gleichen Nahrungsmitteln (Kartoffeln, Gurken, Tomaten – frisch oder eingeweckt, je nach Jahreszeit) – jeden Abend etwas Neues zu zaubern, indem ich Soßen, Zubereitungsarten und Gewürze ändere. Vera wiederum kann in genauso vielen Nuancen »mmmhhh!« sagen und seufzen. Dadurch werden unsere gemeinsamen Abendessen zu Festmahlen, die ich sehr genieße. Wir tauschen uns über die Ereignisse des Tages aus und haben dabei nicht nur die Liebe zu den Babuschkas gemeinsam, sondern besitzen auch dieselbe Art von Humor.
    Im Nachbardorf Demuschkina herrscht der Fortschritt, und graue, schmucklose Steinhäuser säumen die schlecht gepflasterten Straßen. Der abgebröckelte Putz überall verleiht den Fassaden einen trostlosen Ausdruck. Demuschkina scheint nur aus Beton zu bestehen. Nur selten wächst dort ein Baum am Straßenrand.
    Umso mehr liebe ich es auf meinen Wegen zu den Babuschkas, die Lipowkaer Holzhäuser anzuschauen. Sie alle haben wunderschön bemalte und geschnitzte Fensterrahmen. Die meisten Häuserwände sind aus dicken Stämmen gebaut, die sich schön nach außen wölben. Nur einige Häuser, so leider auch das meinige, sind außen zusätzlich mit Brettern verschalt, was die Attraktivität für mein Empfinden erheblich mindert. Dennoch sind auch diese verschalten Holzhäuser nicht mit solchen aus Stein zu vergleichen. Hier kann kein Putz bröckeln.

    Tasjas und Antons Haus
    Die Häuser bestehen aus einem einzigen Schlaf- und Wohnraum, der – je nach Haus – in seiner Größe variiert. Mitunter ist in diesem Raum, abgetrennt durch einen Vorhang, auch die Küche untergebracht. Viele Häuser besitzen jedoch noch eine zusätzliche Küche mit einer Durchgangstür zum Zimmer.
    Jeder, der einmal einen russischen Winter erlebt hat, weiß, warum es sinnvoll ist, nur einen zu beheizenden Raum zu haben. Das Zimmer hat einen schmalen, bis hin zur Decke gemauerten Ofen, der zur Erwärmung des Hauses dient. In der Küche oder Küchenecke befindet sich der Ofen, der zum Kochen, Backen und Warmhalten von Speisen dient und der aussieht wie ein gemauertes Hochbett (als das er im Winter auch genutzt wird, weil sich seine Oberfläche gerade so weit erwärmt, dass man auf ihr liegen kann).
    Zum Schließen des Küchenofens wird über

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