Wanja und die wilden Hunde
Flussspaziergang denke, den wir heute Abend zusammen machten, und wie glücklich er dabei schien. Er rannte über die Felder und kläffte beim Verfolgen einer Spur in sehr hellen kurzen Tönen. Sein Blick wirkte wie der eines Junkies im Drogenrausch. Die anderen Hunde begannen nach kurzer Zeit ihm zu folgen, weil er sich sehr erfolgreich im Aufspüren kleinerer Tiere zeigte. Das Menü fiel an diesem Abend dank des Terriers recht üppig aus.
Am nächsten Morgen sitze ich vor meinem Haus, als etwas über die hohe Wiese genau auf mich zukriecht. Ich habe zu dieser Zeit eine Schlangenphobie, und mir bricht der kalte Schweiß aus. Ich bin sehr erleichtert, als ich sehe, dass das näher kommende Wesen Fell besitzt.
Es ist der kleine Terrier, der sich sehr unterwürfig und vorsichtig anschleicht. Als er Wanja sieht, bleibt er sofort sitzen und wartet.
Bambino springt auf und fordert den kleinen Kerl zum Spiel auf. Der Terrier macht zwei Schritte nach vorn, vergewissert sich noch einmal mit einem Blick zu Wanja, dass keine Konsequenzen folgen, und beginnt dann mit Bambino über die Wiese zu toben. Ich bringe es nicht übers Herz, den kleinen Hund sofort wieder nach Hause zu bringen.
Eine Stunde später kommt Nura. Sie hat einen Besen in der Hand und jagt ihrem Hund damit hinterher. Sie stößt Verwünschungen aus, die mir damals bis auf »Hol dich der Teufel« unbekannt sind, und fuchtelt mit dem buschigen Ende des Besens in der Luft. Weil sie den flüchtenden Terrier nicht erreicht, geht sie auf mich los.
»Du Hexe nimmst uns die Hunde hier weg. Was soll das denn? Gib mir meinen Hund wieder her.«
Ich bin über die Anrede der mir sonst so zugewandten Nura erschrocken, aber ich kenne ihre impulsive Art und hoffe, dass sie sich wieder beruhigen wird. »Nura, ich will deinen Hund doch gar nicht. Er ist noch jung und möchte einfach spielen, danach kommt er wieder nach Hause.«
»Ist nichts mit Spielen! Komm her, du Köter! Looos!«, schreit sie erzürnt.
Der Terrier hat sich in meinen Hof geflüchtet und bleibt verschwunden.
Felix, der Stimmungsmacher und Fährtensucher
Ein paar Abende noch bringe ich ihn zurück zu Nura. Da er jedes Mal mit Schlägen empfangen wird, entscheide ich mich irgendwann dagegen.
»Nura, entweder du schlägst ihn nicht mehr oder ich bringe ihn nicht mehr her.«
Nura starrt nun eher hilflos auf den Hund und meint verdrossen: »Ich will ihn gar nicht mehr haben, nimm ihn wieder mit.«
So zieht Felix bei uns ein.
Milyi
Ich bin mit den Hunden auf dem Rückweg von Demuschkina nach Lipowka, wir kommen von einer Kindergeburtstagsfeier bei Jura.
Kurz vor einem Bach steigt mir ein stark süßlicher, abscheulicher Gestank in die Nase. Ich habe ihn vorher noch nie gerochen, ahne aber sofort, was es ist. Kurz darauf sehe ich einen schwarz-braunen Hund, der einem Rottweiler-Mischling ähnelt. Er liegt neben einem verendeten zweiten Hund und wirkt apathisch. Der tote Hund ist bereits stark verwest, und ich halte mir schützend die Hand vor die Nase.
Der noch lebende Hund ist bis auf die Knochen abgemagert. Ich werfe, ohne mich weiter zu nähern, ein Stück Geburtstagstorte vor ihn hin, das ich mit auf den Weg bekommen habe. Er schnuppert nicht einmal daran, sondern blickt mit vor Angst geweiteten Augen auf mich und die Hunde. Alle scheinen den Ernst der Lage zu spüren, denn sie warten ruhig. Keiner zeigt sich interessiert an dem sonst so begehrten Tortenstück. Selbst Felix und Bambino stehen still da, ohne auf den Hund loszustürmen.
Ich gehe versuchsweise einen weiteren Schritt auf den Hund zu und spüre, wie ich ihn in Not bringe, denn er möchte sowohl vor mir wegrennen als auch bei dem toten Hund bleiben. So läuft er einen Meter vor und wieder zurück, und ich gehe mit den Hunden schnell weiter, um ihn nicht zu ängstigen.
Am nächsten Tag mache ich mich allein auf den Weg. Der Hund hebt bei meinem Näherkommen die Nase und schnuppert noch lange in der Luft, wie um zu prüfen, ob ich auch wirklich allein bin. Die Torte ist verschwunden.
Ich werfe ihm ein Stück Blin (Eierkuchen) hin, den ich mit Konservenfleisch gefüllt habe. Der Duft steigt ihm in die Nase, und er robbt vorsichtig nach vorn, bis er den Happen erreicht hat. Er leckt ihn mehr auf, als dass er ihn frisst, und hält dann schüchtern nach weiteren Delikatessen Ausschau.
Ich werfe den nächsten Happen etwas dichter zu mir und er wagt auch diese Strecke. Er kommt bis auf einen Meter heran, dann ist das Futter alle. Ich
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