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Wanja und die wilden Hunde

Wanja und die wilden Hunde

Titel: Wanja und die wilden Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Maja Nowak
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wasche mir die Hände im Bach und setze mich von ihm abgewandt auf einen Baumstamm. Eine halbe Stunde lang warte ich, ob er vielleicht näher kommt, dann halte ich den Leichengestank nicht mehr aus. Ich gehe und locke den Hund.
    Er bleibt, wo er ist.
    Am zweiten Tag, ich sitze wieder auf dem Stamm und schaue in eine andere Richtung, spüre ich seine Nase vorsichtig an meinem Handrücken. Ich drehe mich nicht um. Nach seiner Inspektion legt er sich wieder neben den toten Hund.
    Am dritten Tag gehe ich mit den Hunden an der Stelle am Bach vorbei. Der Hund steht bei unserem Anblick auf und schaut erwartungsvoll. Ein ganz vorsichtiges Schwanzwedeln begleitet seinen Blick. Ich halte die Hunde hinter mir und strecke ihm mit der geöffneten Hand ein Ei hin.
    Er reckt den Kopf und den Oberkörper so weit nach vorn, wie es möglich ist, ohne dass er die Hinterpfoten vom Boden lösen muss. Diese halten ihn wie ein Anker auf seiner »Insel« fest.
    Vorsichtig nimmt er das Ei und frisst diesmal nicht behutsam, sondern mit einer Gier, die deutlich zeigt, dass er großen Hunger hat.
    Wir kehren um und die Hunde schnüffeln, ob ich nicht noch ein weiteres Ei bei mir habe. Um mich herum heben sich abwechselnd Hundenasen in meine Richtung, und plötzlich nehme ich einen Kopf wahr, der nicht in das gewohnte Bild passt. Es ist der fremde Hund, der mitten im Rudel läuft, als hätte er schon immer dazugehört.
    Nach einer Stunde Fußmarsch hat er offenbar seine Wesensverwandte entdeckt, denn er nähert sich, sehr vorsichtig mit dem Schwanz wedelnd, der Hyänenhündin Alma. Diese freut sich leider nicht über seinen Annäherungsversuch und hebt, wie immer, wenn sich ihr jemand aus der Gruppe nähert, die Lefzen, bellt schrill und bringt sich mit vor Schreck geweiteten Augen in einiger Entfernung in Sicherheit. Auch der Neue bekommt einen Schreck und bleibt irritiert stehen. Dann jedoch folgt er uns weiter.
    Nach einer Woche hat er ein Hobby entdeckt: schmusen. Sobald sich eine Gelegenheit dazu bietet, lehnt er sich an mich oder an einen der Hunde.
    Oft kann ich beobachten, wie er sich mit winzigen Schwanzwedlern dem Lager von Wanja nähert. Er geht niemals direkt, sondern immer in einem Bogen auf Wanja zu. Einen Meter vorher hält er an und leckt Wanja in der Luft die imaginären Lefzen. Das sieht sehr rührend und auch komisch aus.

    Mily i , Wanja und ich
    Wanja blickt ihn dann starr an, was offenbar so viel heißt wie: »Verkrümel dich, ich will gerade alleine liegen.« In diesem Fall trollt sich der Neue sofort. Oder aber Wanja schaut weg, was einer Einladung gleichkommen muss, denn dann betritt der Hund sehr vorsichtig Wanjas Lager. Er legt sich neben ihn, atmet tief aus und blickt mit seinem grundguten Blick selig in die Runde.
    Ich nenne ihn Mily i (Lieber).

Baba
    Ich muss eine Tournee absagen, weil ich noch keine Lösung für die Betreuung der Hunde gefunden habe.
    Neben der Arbeit bei den Dorfbewohnern verbringe ich meine Zeit mit dem Fertigen weiterer Holzskulpturen, die in der Form indianischer Totempfähle meinen Garten bewohnen.
    Eine Gestalt erhält als Pupille eine Schraube, die man vor- und zurückbewegen kann. Ich habe sie als Scherz für die Kinder aus Demuschkina angebracht.
    Eines Morgens höre ich ein Klappern. Ich blicke aus dem Fenster und sehe in meinem Garten Baba Tonja, die mit kindlicher Begeisterung in ihrem alten Gesicht die Schraube vor- und zurückbewegt. Dabei sieht sie sich ab und zu um, offenbar aus Angst, entdeckt zu werden.
    Kurz darauf klopft sie an meine Tür.
    »Maja, ich bringe dir zwei Eier«, sagt sie und schaut zu meiner Küchenbank. Dort liegen alle Schätze, die ich von den Babuschkas für meine Arbeit oder auch einfach so erhalten habe. Im Frühjahr sind das eingemachte Gurken, Tomaten, Pilze, Kartoffeln, Kompott und frische Eier.
    Tonja begutachtet die Schätze, und ihr Blick bleibt an den drei Eiern hängen, die Galja mir zwei Tage zuvor gegeben hat.
    »Von wem sind denn die DREI Eier?!«, fragt sie angriffslustig, auf die Überzahl zu ihrer eigenen Gabe anspielend.
    Ich konzentriere mich, um jetzt keinen Fehler zu machen. »Äh, also das ist je ein Ei von mehreren«, antworte ich und versuche so, diplomatisch zu sein.

    Zwei Skulpturen in meinem Garten
    Tonja rümpft missmutig die Nase, gibt mir ihre zwei Eier und geht.
    Nach einigen Stunden klopft es wieder.
    Tonja steht vor mir und hält mir zwei weitere Eier entgegen. Ich wehre ab, denn ich weiß ja, wie rar diese sind. »Tonja, zwei

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