Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)
Siricius war der Erste, der sich papa nannte. Er regierte kurz vor 400.
460
HEILIGER STUHL Denkbar wäre gewesen, die höchste Autorität in der Kirche einem Konzil zuzuerkennen, in dem der Patriarch von Rom nur der Erste unter Gleichen war. Indes fasste der siebte Nachfolger von Siricius, Leo der Große (440–461), die Sache von der juristischen Seite an. Er fasste Jesu Ernennung des Simon zum Petrus und damit zum »Felsen« seiner Gemeinde als offizielle Stellvertretung auf. Diese Ernennung (Matt. 16, 19) war die Übergabe der Schlüssel des Himmelreichs. Deswegen sind die Schlüssel das Symbol Petri und des Papstwappens. Im römischen Sachenrecht ist solch eine Schlüsselgewalt mit einer unumschränkten Alleinherrschaft verbunden.
Thron des Papstes ist der Heilige Stuhl direkt über dem Petrusgrab, die cathedra Petri . Das Recht zu sitzen, während alle anderen standen, gebührte in der Antike und im Mittelalter nur dem Herrscher. Deswegen ist in Staatsangelegenheiten ein »Stuhl« immer ein Thron. Auch in der bildlichen Darstellung.
Im Übrigen ist der Heilige Stuhl, unabhängig vom jeweils regierenden Papst, ein anerkanntes Völkerrechtssubjekt und ein sehr altehrwürdiges zumal. Die korrekte Anrede im diplomatischen Verkehr lautet nicht etwa »Benedetto!«, sondern »Heiliger Vater«, eine Anrede, die sich der Papst allerdings mit dem Dalai Lama teilen muss.
ca. 400
KIRCHENVÄTER Zwei Generationen nach dem Konzil von Nikäa 325 tobte noch immer der theologische Abwehrkampf gegen die arianische und manichäische »Häresie«. Doch gerade in dieser Auseinandersetzung festigte sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts neben der institutionellen auch die theologische Stellung der Kirche, besonders durch das Wirken der »Kirchenväter«. Die herausragendsten jener Zeit sind alle um 350 geboren: Hieronymus, Augustinus, Ambrosius. Hieronymus (347–419) zog sich nach seiner Dienstzeit als Sekretär von Papst Damasus in ein Kloster in Bethlehem zurück und fertigte dort die erste vollständige Übersetzung der Bibel aus dem Griechischen und Hebräischen ins Lateinische an. Sie wird »Vulgata« genannt, weil sie später »allgemein« in Gebrauch kam.
Augustinus (354–430) wurde nach einer wildbewegten Jugendzeit als Bischof von Hippo in Nordafrika der christliche Fundamentaltheologe schlechthin. In seiner Lehre von der Erbsünde führte er die Existenz des Bösen und des Todes auf die Fleischeslust zurück, die Verführung Evas und die Begierden Adams, nachdem sie entgegen Gottes Gebot am Baum der Erkenntnis genascht hatten. Das war die Ursünde. Da nach der damaligen Vorstellung alle Menschen von Adam abstammten, hatte sich diese Sünde »vererbt«. Nur durch Gottes Gnade, meint Augustinus, könne der Mensch von dieser Sünde erlöst werden. Und die Gnade wiederum erlange man nur durch den unbedingten Gehorsam gegenüber der Kirche.
Ambrosius (340–397) war Bischof von Mailand, damals eine Kaiserresidenz. Er gilt als brillanter Redner, als Erfinder des christlichen Hymnengesangs, er taufte Augustinus und hatte erheblichen Einfluss auf Kaiser Theodosius I.
EURASISCHES EREIGNIS –
DER HUNNENSTURM
Nach dem Ende der Han-Dynastie um 200 n. Chr. zerfiel die Einheit Chinas. Im Norden beherrschten die Hunnen einen der Nachfolgestaaten, das Teilreich Wei.
ca. 220
HUNNEN II Hunne ist nicht gleich Hunne. Die Herkunft und die ethnische Identität der Attila-Hunnen ist nicht genau bekannt. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind es nomadische Turkstämme aus der zentralasiatischen, heute kirgisisch-mongolischen Steppe. Mit den Hunnen in China sind sie nicht identisch, auch wenn dies früher angenommen wurde. Anscheinend übertrugen die Turkvölker die offenbar prestigeträchtige Bezeichnung »Hunnen« untereinander weiter. Auch derjenige Stammesverband, der sich – aus unbekannten Gründen – um 220 bis 250 gen Westen wandte, war vermutlich solch ein gemischt-ethnischer »hunnischer« Stammesverband.
300
WESTGOTEN Die »Goten« zogen von ihren Stammsitzen an der Ostsee seit dem ersten Jahrhundert weichselaufwärts, östlich am Karpatenbogen vorbei und weiter den Dnjepr hinab Richtung Schwarzes Meer. Dort waren sie seit etwa 250 ansässig, bis sie sich um 290 – auf komplizierten Wegen – in Visigothi (»gute« oder »edle« Goten) und Ostrogothi (»glänzende Goten«) teilten. Mit Ost und West hatte das nichts zu tun, auch wenn wir heute von Ostgoten und Westgoten
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