Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)
auf den Thron, die sich in dramatischen Kämpfen gegen die Sassaniden behaupten musste. 614 eroberten die Sassaniden Jerusalem, entführten das Heilige Kreuz und standen vor den Mauern von Konstantinopel. Als letzten Ausweg startete Heraklios eine Gegenoffensive, drang bis in die Hauptstadt der Perser vor und entriss ihnen 629 die Kreuzesreliquie. Er führte sie im Triumph nach Konstantinopel und brachte sie anschließend persönlich nach Jerusalem zurück. Heraklios verzichtete auf den römischen Kaisertitel Imperator und nahm 629 den griechischen Titel Basileus an – ein Symbol für den Übergang vom Oströmischen Reich zum griechisch-byzantinischen Kaisertum des Mittelalters. Griechisch wurde Amtssprache. In der römischen Cäsarentradition stand der byzantinische Kaiser hoch über allen Menschen und galt als »heilige Person«. In der christlich-orthodoxen Tradition war er »Stellvertreter Gottes« und Oberhaupt der Kirche (und nicht etwa der Patriarch). Dermaßen entrückt näherte man sich ihm nur sehr unterwürfig, was ein kompliziertes Hofzeremoniell hervorbrachte. Im byzantinischen Mittelalter entwickelte sich auch kein Lehensstaat mit »Reichstagen«, sondern es wurde direkt, von der Zentrale aus regiert. Byzanz blieb bis in die Renaissance die mit Abstand kultivierteste und bevölkerungsreichste Großstadt Europas, eine Drehscheibe des Ost-West-Handels. Die Sitte, mit der Gabel zu essen, gelangte im Hochmittelalter durch byzantinische Prinzessinnen nach Europa. Messer hatten die Barbaren seit jeher benutzt.
Und dennoch konnte Heraklios die nun kommende arabische Expansion nicht aufhalten. Ägypten war den Byzantinern bereits gegen die Sassaniden verloren gegangen. Mit der Schlacht am Yarmuk 636, nur sieben Jahre nach dem Triumpf gegen die Sassaniden, wurde der ganze Nahe und Mittlere Osten innerhalb weniger Jahre arabisch-islamisch, nachdem er 1000 Jahre lang kulturell griechisch geprägt und über 500 Jahre lang politisch Teil des Römischen Reiches gewesen war. Da die Römer und nach ihnen die Oströmer im Nahen Osten als Fremdherrscher ziemlich autoritär regiert hatten, wurden die Araber teilweise wie Befreier begrüßt.
KLOSTER UND KIRCHE
Monte Cassino wurde zum Ausgangspunkt der für das Mittelalter so überaus prägenden Klöster. Sie waren Mittelpunkt des religiösen Lebens, aber auch des technischen Fortschritts, durchorganisierte Wirtschaftseinheiten und somit Schrittmacher der Zivilisation im nördlichen Europa. Nicht zuletzt waren sie Hort der Gelehrsamkeit, wovon die prachtvollen Klosterbibliotheken zeugen.
ca. 530
ORA ET LABORA »Bete und arbeite« steht zwar nirgendwo ausdrücklich in der Regula Benedicti , der Ordensregel, die Benedikt von Nursia (ca. 480–547) der von ihm gegründeten Klostergemeinschaft auf dem Monte Cassino zwischen Neapel und Rom gegeben hat. Aber sie fasst deren Leitgedanken treffend zusammen. Ähnlich wie vor ihm der Eremit Antonius in Ägypten oder der Kirchenvater Augustinus suchte der junge Gutsbesitzersohn Benedikt alternative Lebensformen und zog sich mit einigen Gefährten in die abgeschiedene Bergwelt Kampaniens zurück – angewidert vom Lotterleben seiner Zeitgenossen.
Die Regel verlangt vom Mönch Einfachheit, Schlichtheit, Verzicht. Natürlich müssen Mönche unverheiratet sein, die Mahlzeiten sind asketisch und karg, die Zeiten für Gebet, Lesung, Arbeit und Schlaf genau vorgeschrieben. Völlig neu und ohne Beispiel ist indes Benedikts Forderung an die Brüder, zu arbeiten – in einer Gesellschaft wie der spätantiken und der darauffolgenden mittelalterlichen, wo Arbeit ausschließlich eine Angelegenheit der Unterschichten war.
540
KLOSTERBIBLIOTHEK Die Bibliothek, neben Kirche und Kreuzgang das Herzstück jedes Klosters und Quelle aller abendländischen Gelehrsamkeit, war eine Erfindung des römischen Staatsmannes und Gelehrten Cassiodor, der unter Theoderich wichtige Staatsämter innehatte. Er zog sich 540 in das von ihm gegründete Kloster Vivarium in Kalabrien zurück und beauftragte seine Mönche mit dem Sammeln und Abschreiben antiker Manuskripte. Die großen berühmten Bibliotheken der Spätantike waren untergegangen oder zerstört worden: Alexandria, Pergamon, Augustus’ Palastbibliothek in Rom, die Celsus-Bibliothek in Ephesos. Die Gründe dafür waren vielfältig: Brand, Raub, Verrottung von Papyri. Außerdem säuberten dieChristen in der Kirchenväter-Zeit die Bibliotheken besonders gründlich von »heidnischen«
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