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Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)

Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)

Titel: Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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morgenländische) Ostkirche immer weiter entfremdet hatten.
    Der Anlass war vergleichsweise banal. Wegen einer eher tagespolitischen Streitfrage um theologische Gepflogenheiten im neuerdings von den Normannen eroberten, ehemals byzantinischen Unteritalien wurde eine päpstliche Gesandtschaft nach Konstantinopel geschickt. In einem Anfall von Zorn legte der hitzige Kardinal Humbert, der die Verhandlungen provozierend führte, auf dem Altar der Hagia Sophia eine vom Papst unterzeichnete Urkunde nieder, in der dieser den Patriarchen exkommunizierte. Der Patriarch exkommunizierte seinerseits den Kardinal, der von der Bevölkerung beinahe gelyncht worden wäre. Damit war der Bruch zwischen Rom und Byzanz vollzogen.
    1059
    PAPSTWAHL     Erst durch die von Cluny angestoßene Reform wird die Wahl des Papstes durch die Kardinäle eingeführt. Bis dahin war das eher eine Angelegenheit des römischen Stadtadels. Formell ausschlaggebend war ein Dekret von Papst Nikolaus II. (1058–1061) im Zusammenhang mit dem Dritten Laterankonzil von 1059. Das Konzil übertrug die Prinzipien der Cluniazensischen Reform auf die Kirche insgesamt: Verbot der Laieninvestitur, Einführung des Zölibats für alle Priester und eben der Beschluss zur Papstwahl durch die Kardinäle.
    1075
    INVESTITURSTREIT     Im Mittelalter gab es keine Trennung von Kirche und Staat wie in der Moderne. Im Gegenteil – geistliche und weltliche Herrschaft waren machtpolitisch und institutionell aufs Engste miteinander verzahnt. Die Besetzung geistlicher Ämter wie Bischöfe und Äbte war als Machtfaktor für die Könige von allergrößtem Interesse, weil diese wieder an die Krone zurückfielen, da sie nicht vererbbar waren. Die Reichsbischöfe und Reichsäbte waren ihrerseits bedeutende weltliche Herren mit oftmals großem Besitz und Rechtsprechungsbefugnissen. Es kam zu Missbräuchen durch Kauf, Tausch, Vererbung von Kirchenämtern: zur Simonie. Deren Bekämpfung stand ganz oben auf der Agenda der cluniazensischen Reform. Die schärfste Kampfansage formulierte Papst Gregor VII. 1075 in seinem Dictatus Papae .
    Der toskanische Adlige und ehemalige Mönch Hildebrand Aldobrandeschi, der sich von 1073 bis 1085 Papst Gregor VII. nannte, ist die Symbolfigur für den unbeugsamen Machtwillen der Päpste im Hochmittelalter. Er war einglühender Anhänger der cluniazensischen Reform. Das berühmte Dokument besteht aus einem einzigen Blatt Papier mit genau 27 Sätzen, die in aller Deutlichkeit den universalen Herrschaftsanspruch des Papstes zum Ausdruck bringen: »Dass alle Fürsten nur des Papstes Füße küssen«, dass nur er Bischöfe und Äbte einsetzen darf, dass es nur ihm erlaubt ist, Kaiser abzusetzen, dass nur er exkommunizieren darf, dass nur er kanonisches Recht setzt, dass er unfehlbar ist. Jeder europäische Fürst musste dies als Kampfansage an seine herrscherlichen Rechte verstehen.
    Anlässlich der Neubesetzung des Erzbischofssitzes von Mailand entbrannte 1075 dann ein Streit zwischen dem deutschen Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor. Heinrich hatte für den Mailänder Stuhl einen anderen Kandidaten als der Papst. Beide wurden eingesetzt: Erzbischof und Gegenerzbischof.
    Von einem Reichstag in Worms sandte Heinrich IV. einen Brief an Gregor, in dem er ihn »nicht mehr Papst, sondern falscher Mönch« nannte und im Befehlston aufforderte: »Verlasse den apostolischen Stuhl!« »Steige herab, steige herab!«
    Umgehend setzte Gregor seinerseits den Kaiser ab, belegte ihn mit dem Kirchenbann und exkommunizierte ihn. Die deutschen Fürsten gerieten ins Wanken und drohten Heinrich ebenfalls, ihn abzusetzen, falls er sich nicht mit dem Papst aussöhnte. Diesem blieb nichts anderes übrig, als den berühmt gewordenen Gang nach Canossa anzutreten.
    1076
    CANOSSA     war eine der Stammburgen der Markgräfin Mathilde von Toskana, die eine wichtige Vermittlerrolle bei der Aussöhnung zwischen Kaiser und Papst spielte. Mathilde hatte Gregor auf ihre Burg eingeladen, um dort den Kaiser zu erwarten. Sie war eine hochgebildete, einflussreiche Fürstin, die über große Teile der Toskana und bis hinauf in die Po-Ebene herrschte. Canossa befindet sich am Nordrand des Appenin, unweit von Parma. Als Markgräfin der Toskana war die papsttreue Mathilde allerdings auch Reichsfürstin. Ebenfalls anwesend war der Abt von Cluny. Hugo war ein bedeutender Vollstrecker der cluniazensischen Reformen, denen auch Papst Gregor so glühend anhing. Andererseits war Hugo Taufpate von

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