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Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition)

Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition)

Titel: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Meyerhoff
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hämmerte. Ich sagte »Hallo!«, nicht besonders laut, da ich wusste, sie würde mich nicht hören können, aber in der Gewissheit, dass sie mich ja sah und auch sah, dass ich etwas gesagt hatte. Sie schaute auf – mit demselben belustigten Blick, mit dem sie ihre Angaben ins Netz drosch. Sah mich an und ließ den Kopfhörer auf. Ich rief etwas lauter: »Noch zwei Spiele, dann seid ihr Schulmeister!« Sie schüttelte ihre Waden und nickte im Trommelfeuertakt der Musik. Nickte sie mir zu oder war das alles Rhythmus? Ich stand vor ihr und wusste nicht, was ich tun sollte. Hatte keine Lust, den stummen Statisten in ihrem ganz privaten Heavy-Metal-Film zu geben. Ich wollte mich gerade umdrehen und gehen, da rief sie absurd laut: »Wer bist du denn? Ich kenn dich nicht!«
    Mehrere Schüler sahen zu uns hinüber. Ihr Trainer kam, tippte ihr auf die Schulter, zog ihr den Kopfhörer von den hellblonden Locken: »Alles klar? Los, warm machen. Du baggerst heute wirklich unterirdisch!« Sie stand auf und lief, ohne mich noch einmal anzusehen, auf das Feld zu ihren Mitspielerinnen. Ich sah mir auch noch die nächsten Spiele an. Im Finale rang Friederikes Team in einem packenden Kampf über fünf Sätze die haushoch favorisierte Mannschaft des nahe unserer Kleinstadt gelegenen Edelinternats Louisenlund nieder. Mehrmals hatte sie ihr Team durch riskante Aktionen an den Rand einer Niederlage und dann durch unglaubliche Hechtbagger wieder zurück ins Spiel gebracht.
    Nach der Siegerehrung versuchte ich mein Glück zum zweiten Mal. »Herzlichen Glückwunsch. Ihr habt wirklich toll gespielt. Das war ja richtig spannend!« Friederikes Wangen waren rot vor Anstrengung und Freude. Ich fragte sie: »Wo hast du denn deine Medaille?« »Hier drunter.« Sie zeigte auf ihr durchgeschwitztes T-Shirt. »Mit so einer Medaille rumlaufen ist doch voll peinlich!« »Ich würd die schon gerne mal sehen!«, sagte ich. Sie zog sie am Band heraus und hielt sie mir verschwörerisch hin. Ich machte einen Schritt auf sie zu, um etwas erkennen zu können, und war ihr plötzlich ganz nah. Ich nahm die Medaille in die Hand und war überrascht, wie warm, ja heiß sie war. Außer »Schön schwer!« fiel mir nichts ein. Berührten sich unsere Locken? Ich empfing verwirrende Signale von den Spitzen meiner Haare. Die Wärme des Metalls strömte in meine Handfläche.
    »Könntest du jetzt mal so langsam die Medaille wieder loslassen?«, sagte sie, »ich komm mir bisschen blöd vor. Wie ein Hund an der Leine.« Wir lachten. »Ich geh jetzt mal duschen.« »Klar. Bis dann!«
    Am nächsten Tag kam es so, wie ich es mir erhofft hatte. Ich fand im Sportteil unserer Zeitung ein Foto der Siegermannschaft und die Namen der Spielerinnen. Friederike Jöns aus Eggebek. Ich rief die Auskunft an. Drei Nummern für den Namen Jöns. Gleich bei der ersten hatte ich Glück. Ich wollte schon wieder auflegen, als sich jemand mit einem schlimmen Hustenanfall meldete, der ihn auf halber Strecke seines doch recht kurzen Namens, bei Jö, ereilte. »Ich würde gerne mal Friederike sprechen!« »Die is …«, wieder Husten, der aber auch ein wenig gefährlich klang, nach krankem Raubtier, »die is bei Volki!« »Wann kommt die denn wieder?« »Keine Ahnung!« Ich hörte ein Geräusch. Ein Feuerzeug und dann ein tiefes Ein- und Ausatmen. »Dann versuche ich es später noch mal.« Keine Antwort. Ich legte auf.
    Am Abend erreichte ich sie, und schon am nächsten Tag trafen wir uns nach der Schule in einer Bäckerei. Ich nahm einen Bienenstich und sie eine große Tüte Waffelbruch. Ich fragte sie, ob ich mal probieren dürfe. Sie schüttelte den Kopf und rannte ein Stückchen weg. »Oh Gott, nein!«, rief sie, »auf gar keinen Fall. Ich hasse teilen!« Ich dachte, sie macht einen Witz, und versuchte mitzuspielen: »Bitte, bitte, nur einen klitzekleinen Bissen!« Sie rannte weiter weg, fraß vom Waffelbruch so schnell sie konnte und gab mir nichts ab.
    Meine Freunde in der Schule wollten alles ganz genau wissen. Ob ich mit ihr zusammen wäre, ob mir das nicht komisch vorkäme, mich mit einer von der Realschule zu verabreden, ob ich sie schon geküsst hätte. Dreimal ein klares Nein. Ganz so eindeutig, wie ich mit diesen Neins geantwortet hatte, war es dann aber doch nicht. Bei unserem letzten Abschied hatte ich sie umarmt und ihr einen verunglückten Kuss über die Backe gewischt. Ich mochte sie sehr. Aber es gab auch Dinge, die mich irritierten. Sie redete norddeutscher als ich. Gebrauchte

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