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Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition)

Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition)

Titel: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Meyerhoff
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mich gespielt heftig: »Es tut mir so leid, dass ich all die Jahre nicht an dich geglaubt habe!«
    »Herr Ministerpräsident, wir haben leider keinen Bademantel. Ich würde ihnen trotzdem gerne was hineinreichen.« Mit Daumen und Zeigefinger hielt mein Vater den Kittel vor der Tür in die Höhe. Zögerlich ging sie einen Spalt auf, eine Hand schnappte sich den Arztkittel – »Danke!« –, und weg war er. Mein Vater sah triumphierend und belustigt zu uns hinüber.
    Aus dem Keller kamen, nasshaarig, die Koffermänner in Trainingshosen und T-Shirts. »Wir haben uns noch gar nicht vorgestellt. Wir heißen beide Michael.« Meine Mutter gab ihnen die Hand: »Hallo Michael. Hallo Michael.« Sie sahen viel jünger aus ohne ihre Anzüge, nicht viel älter als meine Brüder. Der eine Michael fragte meine Mutter: »Wir haben unten im Keller eine Tischtennisplatte gesehen. Dürfen wir vielleicht ein bisschen spielen?« »Na klar! Vielleicht spielt ihr ja alle zusammen!« Meine Brüder und ich sahen uns an. Wir dachten alle drei das Gleiche. Keiner von uns wollte den im Arztkittel aus dem Bad kommenden Stoltenberg verpassen. »Vielleicht später«, sagte mein mittlerer Bruder.
    Als Dr. Gerhard Stoltenberg im Arztkittel meines Vaters aus dem Bad kam, sah er unglaublich gut aus, kompetent, absolut vollkommen. Trotz, vielleicht sogar wegen seiner nackten Füße: ein perfekter Gott in Weiß. Wie ich ihn durch den Flur auf mich zukommen sah, begriff ich, dass dieser Mann ein geborener Anführer war. In jedem Krankenhaus dieser Welt würde dieser Mann innerhalb eines einzigen Tages zum unangefochtenen Direktor gekürt werden. Er war von zeitloser Imposanz.
    Meinen Vater, das war ganz offensichtlich, kostete es eine Heidenkraft, sich beim Anblick dieses Mannes vor Ehrfurcht nicht in Luft aufzulösen. Ganz anders meine Mutter. Sie lief zur Hochform auf: »Na, das war ja was, Herr Ministerpräsident. Kommen Sie bitte hier entlang. Mein Gott, wie Ihre Aufpasser Sie in den Matsch geschubst haben, Sie Armer. Aber das ist wirklich ein ganz netter Junge, unser Rudi. Wir kennen den ja alle. So, ich hol jetzt mal Ihren Anzug aus dem Badezimmer, und Ihr Hemd hat ja bestimmt auch was abbekommen. Und die Anzüge von Michael und Michael …« Meine Mutter lachte, unbefangen, unbeeindruckt. »In einer halben Stunde ist dann alles wieder da. Die Anstaltswäscherei kennt sich mit eingesauter Kleidung bestens aus, das kann ich Ihnen versichern. So schnell würden Sie es nach Kiel und zurück nie schaffen. Kann ich Ihnen noch irgendwas anbieten? Vielleicht einen kleinen Schnaps? Gott, hab ich mich erschrocken.«
    Im Wohnzimmer setzte sich Stoltenberg in den großen Ohrensessel meines Vaters und wippte mit seinem neugierigen, leichten Fuß. Meine Brüder gingen in den Keller, um mit den beiden Michaels Tischtennis zu spielen. Ich blieb auf dem Sofa sitzen und ließ ihn nicht aus den Augen. »Ich hoffe, Ihre erzwungene Abwesenheit bei der Fischereiinnung stellt kein zu großes Problem dar?«, fragte mein Vater etwas gestelzt. Doch der Ministerpräsident antwortete nicht. Er sah meinen Vater an. »Darf ich Sie etwas fragen, Herr Professor?« »Selbstverständlich«, sagte mein Vater, »bitte, fragen Sie.« »Als ich angekommen bin, war doch ein Reporter da, nicht wahr, und hat Fotos gemacht?« »Ja, stimmt«, sagte mein Vater, »das war ein Journalist unserer Zeitung hier. Ich kenne den.«
    Stoltenberg überlegte. Er schien sich nicht ganz sicher zu sein, ob er den eingeschlagenen Weg dieses Gespräches weiterbeschreiten sollte. Meine Mutter kam mit einem Tablett und drei eisgekühlten Gläsern.
    »Und als dann die Sache mit dem Patienten passierte, war der da auch noch da?« Meine Mutter schenkte ein. Mein Vater nickte: »Ja, der hat Fotos gemacht.« »Hat er auch Fotos von mir gemacht, als ich … als ich am Boden, also, als ich da lag?« »Ja, ich glaube schon«, antwortete mein Vater besorgt. »Ich hab ihn gebeten, damit aufzuhören. Er ist dann weggefahren.« Stoltenberg sprach leiser: »Aha. Verstehe. Hm.«
    Er leerte sein Schnapsglas, atmete aus. Seine hellblauen Augen, die durch das Silbergrau seiner Haare noch kühler wirkten, blitzten, waren plötzlich ebenso wie die aus dem Gefrierfach kommenden Schnapsgläser mit einer hauchdünnen Eisschicht überzogen. »Das ist nicht so gut.« »Ich glaube nicht, dass unsere Zeitung so ein Foto bringen würde, Herr Ministerpräsident.« »Ach wissen Sie, Herr Professor, da wäre ich mir nicht so sicher. Ich

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