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Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition)

Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition)

Titel: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war: Roman. Alle Toten fliegen hoch, Teil 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Meyerhoff
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Das Wasser schoss golden aus seinem Kopf heraus. Sprudelnd und spritzend rauschte ein sonnendurchglühter Strahl aus seiner Glatze empor und wurde gut einen halben Meter über ihm vom metallenen Duschkopf aufgesogen. Er hatte die Augen geschlossen, die Arme hingen bewegungslos seitlich entlang des gewölbten Bauches, und mit ungeheurem Druck zischte dieser Strahl in die Höhe: gelb-orange.
    Ein paar Tage später kam ein Paket bei uns an mit einem Geschenk von Marlenes Eltern: eine handgeblasene Glaskugel, in der sich auf einem spitzen Pin vier rautenförmige Plättchen durch die Kraft der Sonnenstrahlen im Kreis drehten. Viele Jahre stand diese Kugel auf der Fensterbank im Wohnzimmer, bis sie eines Nachmittags, an einem der heißesten Tage, die der Norden je erlebt hatte, mit einer wie ein Gewehrschuss durch das Haus knallenden Explosion in tausend Stücke zerbarst.

Rotary-Fasching
    Der Rotary Club veranstaltete jedes Jahr ein Faschingsfest. Warum mein jede Gesellschaft meidender Vater ausgerechnet diese Veranstaltung nie ausließ, ist mir ein Rätsel. Eines dieser Feste fand ein denkwürdiges Ende. Meine Mutter trug über einem farbenprächtigen Kleid einen Poncho, hatte eine Panflöte um und ging als Indio. Was mein Vater sein sollte, war schwer zu sagen. Er hatte sich seinen Schnauzer schwarz gefärbt, trug eine leuchtend blaue Pluderhose wie ein Clown, ein gestreiftes Hemd wie ein Seemann, eine Melone wie Charly Chaplin und im Gesicht eine enorme mit einer Batterie betriebene Knollennase, die an eine schwarze Witzbrille montiert war. »Was bitte soll das für ein Kostüm sein?«, fragte ihn mein mittlerer Bruder, »kein Mensch erkennt, was du sein sollst!« Mein Vater überlegte einen Augenblick und antwortete: »Faschings-Salat.« »Wie bitte?« »Ja, ich gehe als Faschings-Salat.« So zogen sie los. Meine wunderschön fremdländisch aussehende Indio-Mutter mit ihrem Faschings-Salat. Sie verabschiedeten sich von uns und versprachen, nicht zu spät heimzukommen.
    Mitten in der Nacht wurde ich von lautem Gebell geweckt. Schlaftrunken trat ich auf den Flur hinaus. Meine Mutter stand im Nachthemd da und versuchte, den zähnefletschenden Hund zu beruhigen. Auch meine Brüder waren aus ihren Zimmern gekommen. »Was hat sie denn?«, fragte ich. Noch bevor meine Mutter mir antworten konnte, sah ich meinen Vater draußen in der Nacht vor der Glastür. Kaum wurde seine Silhouette sichtbar, flippte der Hund restlos aus. Er rannte los, rammte meinen ältesten Bruder und sprang mit den Vorderpfoten voran gegen die Scheibe. Mein Vater stand da und hob fragend die Arme. Sobald er aus dem Blickfeld des Hundes heraustrat, beruhigte sich dieser ein wenig. Meine Mutter nahm die Hundeleine von der Heizung: »Hier, bindet sie irgendwo fest. Ich lasse ihn durch die Terrassentür rein.« Mein mittlerer Bruder hakte die Leine ein und zerrte den weiter vor sich hin knurrenden Hund in den Vorflur. Meine Mutter verschwand im Zimmer meines ältesten Bruders, und wir hörten sie das Fenster öffnen und: »Geh rüber zur Terassentür. Ich mach dir auf!« rufen. Mein Bruder band das Ende der Leine um den geschwungenen Holzfuß der massiven Kommode im Flur. Kaum hörte man meine Mutter die Terrassentür aufschieben, warf unser Hund sich mit aller Kraft nach vorne, rückte die Kommode durch seine gigantische Kraft quietschend von der Wand ab, zerrte sie ein Stück in den Flur und brach ihr schließlich den Fuß ab. Wie ein von einem Flugzeugträger katapultierter Düsenjet fegte der Hund um die Ecke. Meine Brüder und ich nahmen die Verfolgung auf und sahen gerade noch, wie mein Vater rücklings vor dem heranstürmenden Tier aus dem Wohnzimmer floh, hinaus auf die Terrasse stolperte und panisch die Schiebetür hinter sich zuzog. Wie ein Löwe streckte der Hund eine Pranke durch den verbleibenden Spalt und hieb damit bedrohlich in die Luft.
    Zu dritt rissen wir ihn zurück, und meine Mutter schob die Tür ganz zu. »Was hat die denn bloß? Die ist ja völlig verrückt!« Meine Mutter schwieg einen Moment und sah nach draußen. »Sie erkennt euren Vater nicht, glaube ich!«, sagte sie und klang dabei durchaus begeistert. »Sie verteidigt unser Haus gegen diesen seltsamen Kerl da draußen!« Meine Brüder und ich, alle drei barfuß und in Schlafanzügen, traten an die große Scheibe. In seinem zusammengeschusterten Kostüm, er hatte immer noch diese lächerlich blinkende Nase mit Brille auf, stapfte mein Vater missmutig im Garten herum. »Warum

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