War against people
inneren Sicherheit.
Die nämlich wurde durch die Existenz Kubas bedroht, und darum ließen die USA den
Schiedsspruch der Welthandelsorganisation unberücksichtigt. Offiziell haben die Vereinigten
Staaten diese Position nicht vertreten, weil sie sich sonst international lächerlich gemacht
hätten, jedoch ist dieser Grund wiederholt öffentlich mitgeteilt worden: Es geht um unsere
innere Sicherheit, und deshalb können wir die Entscheidung der WTO nicht akzeptieren.
Erfreulicherweise geht das Pentagon mittlerweile nicht mehr davon aus, daß Kuba die
Eroberung der USA plane. Die Bedrohung ist selbstverständlich weiterhin existent, aber nicht
mehr so schlimm wie früher. Der Grund, so wurde erklärt, liegt im Niedergang der bislang
so furchterregenden kubanischen Streitkräfte nach dem Ende des Kalten Kriegs, als die
Sowjetunion ihre Unterstützung einstellte. Wir können jetzt also etwas lockerer sein und
müssen uns nicht mehr hinter Tischen und Bänken verstecken, was man uns als Erstkläßlern
noch beibrachte. Aber als dergleichen öffentlich verkündet wurde, hat zumindest bei uns
niemand gelacht. Anderswo schon, wenn man an die Reaktion des mexikanischen Botschafters
denkt, als Kennedy zu Beginn der sechziger Jahre in Mexiko um Unterstützung für seine
Politik warb und glaubhaft machen wollte, daß Kuba die innere Sicherheit nicht nur in den
USA bedrohe. Der Botschafter mußte dankend ablehnen, weil sich, so meinte er, 40 Millionen
Mexikaner totlachen würden, wenn er ihnen nahezubringen versuchte, daß Kuba eine Gefahr
für Mexikos innere Sicherheit sei.
Dieser hysterische Fanatismus ist in der Tat ungewöhnlich und interessant und verdient,
näher untersucht und bedacht zu werden. Woher kommt er? Zum Teil läßt er sich aus den
historischen Zusammenhängen erklären, aber in der Gegenwart spielen noch weitere
Faktoren eine Rolle. Einen geeigneten Rahmen, um darüber nachzudenken, bildet die, vor
allem in gewichtigen Zeitschriften, mittlerweile führende These des intellektuellen Diskurses,
die unter dem Titel »neuer Humanismus« firmiert. Sie wurde von Clinton, Blair und diversen
ihrer Anhänger mit nachdrücklicher Feierlichkeit verkündet. Dieser These zufolge, so ist
überall zu lesen, treten wir jetzt in ein glorreiches neues Zeitalter, ein neues Jahrtausend ein.
Tatsächlich begann diese Ära schon vor zehn Jahren, als zwei, wie sie sich selbst bezeichnen,
aufgeklärte Staaten, von den Trümmerresten des Kalten Kriegs befreit wurden und sich nun
mit voller Kraft erneut ihrem historischen Aufstieg widmen konnten, den leidenden Völkern
überall auf der Welt Gerechtigkeit und Freiheit zu bringen und die Menschenrechte zu
verteidigen, wenn nötig, mit Gewalt woran sie während der Jahre des Kalten Kriegs
gehindert worden waren.
Die Erneuerung dieser heiligen Mission ist nicht etwa eine Sache der Einbildung. Clinton
hielt am 1. April 1999 eine große Rede auf dem Luftwaffenstützpunkt von Norfolk, in der er
erklärte, warum wir auf dem Balkan alles bombardieren müssen, was sich bewegt. Zunächst
aber erinnerte Verteidigungsminister William Cohen, die Zuhörer an einige dramatische
Worte, mit denen das 20. Jahrhundert seinen Anfang nahm. Er zitierte Theodore Roosevelt,
den späteren Präsidenten, der damals gesagt hatte: »Wenn ihr nicht bereit seid, für große
Ideale zu kämpfen, werden diese Ideale verschwinden.« Und so wie Roosevelt das Jahrhundert
mit diesen aufwühlenden Worten eröffnete, beschloß William Clinton es mit der gleichen
Geisteshaltung.
Das war eine interessante Einleitung für alle, die einen Kurs in amerikanischer Geschichte
absolviert haben, einen wirklichkeitsnahen, versteht sich. Sie nämlich wissen, daß Roosevelt
einer der schlimmsten Rassisten und Geisteskranken der Gegenwarts-Geschichte war. Hit-
ler hat ihn aus guten Gründen bewundert. Es ist erschreckend, seine Schriften zu lesen. Sein
Ruhm gründet sich auf seine Beteiligung an der US-amerikanischen Invasion Kubas. 1898
hatte Kuba sich nach langem Kampf von der spanischen Vorherrschaft nahezu befreit, aber
davon wollten die USA nichts wissen und besetzten die Insel, um den Erfolg der
Unabhängigkeitsbestrebungen zu vereiteln. Kuba wurde sehr schnell zu einer - so zwei
Harvard-Professoren, die Herausgeber der kürzlich erschienenen Kennedy-Tapes - »De-facto-
Kolonie« der USA und blieb es bis 1959. Diese Beschreibung trifft den Kern. Die Invasion galt
übrigens offiziell
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