War against people
vertrieben werden mußte, Großbritannien. Darum weht in Kanada und auf Kuba
auch heute nicht das Sternenbanner. Und diese Bedrohung setzte dem Befreiungseifer der
Revolutionäre und ihrer Erben Grenzen. Aber nicht nur Adams, sonder auch Thomas Jefferson
und andere wiesen ganz richtig darauf hin, daß sich das Kräfteverhältnis verschieben und die
britische Bedrohung allmählich nachlassen würde, so daß die USA Kuba schließlich
übernehmen könnten. Und das mußte, wegen der überragenden Bedeutung der Insel, durch
die politischen Gravitationskräfte, soll heißen: durch Gewalt, geschehen. Und es geschah
1898. Die USA besetzten Kuba, um die allerletzte Bedrohung, die Befreiung von Spanien, zu
verhindern. Im selben Jahr noch war Puerto Rico an der Reihe und die Philippinen als
Extrazugabe. Man hatte sie gar nicht näher in Betracht gezogen, aber auch sie erwies sich als
überaus reife, von vielen Leichen genährte Frucht.
Diese Ereignisse standen alle in einem planerischen Zusammenhang. Die größte Frucht aus
einer ganzen Angebotspalette war jedoch China. 2000 Jahre lang war es eines der wichtigsten
Länder der Welt gewesen, eine führende Industrie- und Handelsmacht, doch im 19. Jahrhundert
hatte sich das geändert. Noch vor der Jahrhundertwende waren die europäischen Großmächte
und Japan fleißig dabei, China unter sich aufzuteilen, und die USA wollten sich als aufstrebende
Macht daran beteiligen. Seit den frühen Tagen Neuenglands war der Chinahandel legendär
gewesen, damit ließ sich Geld verdienen. Um hier Fuß zu fassen, mußten die USA, wie Strategen
es formulierten, Karibik und Pazifik in »amerikanische Seen« verwandeln. Also war Kuba
fällig, um die Karibik kontrollieren zu können, Kolumbien wurde (eine weitere
Erfolgsgeschichte von Roosevelt) das Panamagebiet gestohlen, der Kanal wurde gebaut, Ha-
waii eingenommen, dann kamen die Philippinen als weiterer Stützpunkt für den Handel mit
China dazu. Schließlich waren Karibik und Pazifik tatsächlich zu amerikanischen Seen
geworden und bis heule geblieben.
Alle diese Geschehnisse von 1898 und die ihnen folgenden dienten auf die eine oder andere
Weise, oft ganz explizit, diesem langfristigen Ziel. Dazu gehört auch die sogenannte Roosevelt-
Ergänzung der Monroe-Doktrin, die den USA formell das Recht zusprach, in der Karibik die
Vorherrschaft auszuüben. Die wiederholten Invasionen in Nicaragua, Woodrow Wilsons
blutige Besetzungen der Dominikanischen Republik und Haitis - hier besonders schrecklich,
weil Haiti auch von einem extremen Rassismus zerrissen wurde (von dem es sich nie wieder
erholen und vielleicht in einigen Jahrzehnten nicht mehr bewohnbar sein wird) - und viele
andere Unternehmungen in der Region waren sämtlich Bestandteil des neuen Humanismus,
den wir jetzt neu beleben.
Der vielleicht größte Erfolg gelang in Venezuela, wo es Wilson 1920 gelang, den britischen
Feind zu verjagen, der damals von den Folgen des Ersten Weltkriegs geschwächt war. Ven-
ezuela war immens wichtig. Die Weltwirtschaft beruhte immer stärker auf der Verwertung
von Erdöl. Nordamerika, vor allem die USA, war der bei weitem größte Erdölproduzent
und blieb es bis in die siebziger Jahre, aber Venezuela war eine bedeutende Ölquelle, eine
der größten der Welt - bis 1970 sogar der größte Einzelexporteur, aus dem die USA noch
heute das meiste Öl beziehen. Es war also äußerst wichtig, die Briten von dort zu verdrängen.
Außerdem gab es dort noch andere Rohstoffe, wie etwa Eisen, und US-Konzerne haben sich
jahrzehntelang in Venezuela bereichert und tun es nach wie vor -, während die Vereinigten
Staaten eine Reihe von blutigen Diktatoren unterstützten, um das Volk niederzuhalten.
Die »Kennedy-Tapes«, die geheimen Tonbandaufnahmen während der kubanischen
Raketenkrise, bieten an Enthüllungen nicht so sehr viel Neues, weil das meiste auf die eine
oder andere Weise schon veröffentlicht worden ist, aber einiges war doch bisher unbekannt.
So waren zum Beispiel Robert und John F. Kennedy auch deshalb wegen einer
Raketenstationierung auf Kuba besorgt, weil dadurch eine Invasion Venezuelas gefährdet
werden könnte, die die beiden für notwendig hielten, weil die Lage dort außer Kontrolle zu
geraten schien. In diesem Zusammenhang hielt John F. Kennedy die Invasion in der
Schweinebucht für richtig: Wir müssen dort gewinnen, wir können eine solche Bedrohung
unseres Wohlwollens in der Region nicht
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