War da noch was - Roman
Fünfzehnten stammen musste.
»Was denkst du?« Er zog den Ring aus seiner Hosentasche, und wir betrachteten ihn in dem gesprenkelten Sonnenlicht.
»Könnte sein«, stimmte ich zu, während ich ihn hochhielt, um das Licht besser einzufangen. »Das Gold sieht auf jeden Fall alt genug aus, und er hat innen auch eine Art Gravur.«
»Iis wie aus Überraschungsei!«, keuchte ein anderer Händler, Ricard, der sich zu uns gesellt hatte. Er zog einen Stuhl heraus und ließ sich schwer darauffallen. »Zwanzig Euro von Monsieur Devreaux in Rue de la Concorde. ’ab ich recht?«
»Du hast leider unrecht, Ricard«, sagte Ivan und steckte den Ring wieder ein. »Aber wie nett, dass du dich uns ganz ungefragt anschließt. Wirst du auch wie üblich unser Mahl, aber nicht die Rechnung mit uns teilen?« Er hielt ihm den Korb mit den Croissants hin.
Ricard lachte schallend. Er hatte eine Haut wie ein altes Rhinozeros. Dann streckte er die Hand aus und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. Ricard war einer von Ivans Kollegen aus der Camden Passage und ein Typ, den man aus diesem Grunde ertragen musste. Außerdem war er ein ehrgeiziger kleiner Franzose, der Ivan ignorierte, weil er ihn für einen kleinen Fisch hielt, der mich aber dafür umso unbarmherziger ausquetschte, was meine bisherigen Fundstücke anbetraf, wobei er alles als Tand bezeichnete. Doch seine funkelnden Augen verrieten ihn. Vor allem, als ich die Spiegel erwähnte.
»Ein Paar, eh? Ich habe ein paar napoleonische gesehen, die letztes Jahr bei Christie’s für sechzigtausend Pfund weggegangen sind. Nicht in der Preisklasse nehme ich mal an?«
Ich nahm einen Schluck Kaffee. »Nicht weit davon entfernt. «
Sylvie, eine Irin, auch aus der Camden Passage, zog sich einen Stuhl heran, um sich zu uns zu setzen. Ich hatte sie erst einmal getroffen, aber Ivan und Ricard kannten sie gut. Als sie sich hinsetzte und dabei die schlanksten und gebräuntesten Beine, die ich je gesehen hatte, übereinanderschlug, die langen blonden Haare zurückwarf und Ivan in ein Gespräch verwickelte, da Ricard mich in Beschlag genommen hatte, verspürte ich wieder diesen vertrauten Stich. Wie jedes Mal, wenn eine junge Frau sich an Ivan heranmachte. Wir haben uns nur ein bisschen unterhalten, meinte er dann hinterher und machte vielleicht noch eine Bemerkung darüber, wie hohl sie wäre. Das war nicht unfreundlich gemeint von Ivan, aber er wusste, wie unsicher ich war. Aber ihre Stände lagen nebeneinander, und da drängte sich mir schon die Frage auf, wie er ihren endlosen Beinen und dem strahlenden
Lächeln widerstehen konnte. Vielleicht widerstand er ja gar nicht? Sei nicht albern, Hattie! Trotzdem kramte ich in meiner Handtasche nach meiner Sonnenbrille. Meine ungeschminkten Augen, die mir in der Düsternis des Hotel-Badezimmers so offen und interessant erschienen waren, sahen hier unter der hellen provenzalischen Sonne und neben dem Strahlen und Funkeln von Sylvies lachenden braunen Augen zweifellos nur müde und alt aus.
»Alles nur Merde und Mist in Nizza – und in Saint-Paul-de-Vence wie üblich«, sagte Ricard, während ich so tat, als würde ich ihm zuhören, obwohl ich mich gerade mit Schrecken fragte, ob sie wohl das Mädchen war, mit dem ich ihn im Slug and Lettuce gesehen hatte? Lange blonde Haare … ich hatte damals nur ihren Rücken gesehen und ihre Hände. Aber bestimmt war sie kleiner gewesen, oder? Und nicht so blond?
Irritiert kramte ich wieder in meiner Tasche herum, diesmal auf der Suche nach meinem Lippenstift, für eine heimliche kleine Auffrischung. Sylvie wandte sich lächelnd zu mir.
»Ein paar von uns haben vor, zum Mittagessen nach Saint-Tropez zu fahren. Dominique und Matt kommen mit und Ricard natürlich auch, vorausgesetzt, jemand lädt ihn zum Essen ein …« Richard stimmte in unser Lachen mit ein. »Habt ihr beide auch Lust, du und Ivan?«
Es gefiel mir, dass sie uns als Paar ansprach – das taten nicht alle – und dass sie mich als Erste fragte. Was mir weniger gefiel, war die Art, wie sie aus ihrem Stuhl aufstand, wo es ihr offenbar in der Sonne zu heiß wurde, ihren kurzen Jeansrock runterzog, der mit Müh und Not ihren Po bedeckte, und sich weiter im Schatten wieder hinsetzte. Es war die unbewusste Geste einer jungen, schönen Frau, die es störte, dass ihr Rock an der Rückseite
ihrer Beine klebte, und die ihn zurechtrückte, ohne sich dabei der Faszination bewusst zu sein, die sie auf die Männer ausübte. Ricard sah ihr mit einem lüsternen
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