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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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leise gesprochen, obwohl er mir bereits erzählt hatte, dass Laura ins Dorf gegangen war. »Sie lässt irgendeinen Innenausstatter aus London kommen, der
überall Seide hinmachen will. Selbst die Wände, verdammt noch mal. Ich brauche dich.«
    Er mochte klein sein, mit Wangen und einer Glatze, die um die Wette glänzten, aber die Worte »Ich brauche dich« aus dem Mund eines der vornehmsten Männer des britischen Königreiches waren doch bewegend. Außerdem mochte ich Hugh wirklich gerne. Er war ein liebenswerter, freundlicher Mann und wenn man ihn von der ehelichen Leine ließ, konnte er ausgelassen herumtollen wie ein kleiner Hund und furchtbar witzig sein, sobald er etwas getrunken hatte.
    »Aber Hugh, Maggie und ich, wir sind auf zurückhaltenden französischen Charme spezialisiert, das weißt du doch. Shabby Chic. Ein paar riesige Gartenvasen und ein oder zwei barocke Stühle in einem ansonsten kahlen Raum, der mit einem Hauch grau-grüner Farbe überstrichen wurde. Das ist ganz und gar nicht Lauras Ding.«
    »Farbe?«, hatte er gejapst wie ein Labrador nach einem Brocken. »Hast du gesagt, Farbe? Das kann nicht so teuer sein, oder?«
    »Also, unsere ist nicht billig; wir lassen sie extra für uns mischen. So um die dreißig Pfund pro Liter.«
    »Und ein Liter reicht für etwa fünfzig Meter Wand, oder? Hast du eine Ahnung, was diese seidene Obsession- Tapete kostet, die sie haben will?«
    Aha, Obsession .
    »Etwa hundert Pfund pro Meter. Und die Abbey hat sicher … oh … zwanzigtausend Quadratmeter Wandfläche, mindestens.«
    Es folgte Schweigen, während wir beide rechneten.
    »Bitte komm!«, flehte er mich schließlich an. Was mich so dicht in der Folge von »Ich brauche dich« nicht nur bewegte, sondern dahinschmelzen ließ. »Komm und bring
deine Partnerin mit. Ich schwöre bei Gott, dass ich dafür sorgen werde, dass es sich für euch lohnt.«
    »Das brauchst du nicht, Hugh«, hatte ich schwach protestiert. »Ich meine, uns zu viel zu bezahlen. Wir berechnen einfach unsere üblichen Sätze. Aber Laura …«
    »Mit Laura ist alles okay«, hatte er mich unterbrochen, sehr bestimmt für seine Verhältnisse. »Überlass sie nur mir. Ach, und übrigens, eure Mutter ist auch hier«, fügte er noch hinzu, wobei sich sein üblicher nervöser Tonfall noch ein wenig steigerte. »Die beiden fliegen von Zimmer zu Zimmer, umklammern Stoffmuster und Tapetenstücke, halten sie vor die Fenster und kreischen ›Ja! Ja!‹ wie ein Paar wiedergeborener Christen. Ihre Bibel scheint so ein gigantisches Buch von dem Propheten Bennison zu sein, das sie überall herumschleppen, ehrfürchtig aufschlagen und sehnsüchtig betrachten.«
    Ich lächelte; das konnte ich mir nur allzu gut vorstellen. Mum und Laura, beide groß, blond und schön. Laura in Jeans und T-Shirt, Mum in klassisch elegantem Bond-Street-Outfit und, weil es nun endlich wieder modern war, auch mit Pelzbesatz an Kragen, Ärmelaufschlägen, Stiefelrand … Wie Dad treffend bemerkt hatte, würde es wohl nicht mehr lange dauern, bis der Pelz auch an ihren Augenbrauen angekommen war. Und meine Güte, was waren die beiden beschäftigt. Wie sie mit glänzenden Augen durch die Abbey eilten, diskutierten, berieten, rollenweise Seidenstoffe herumschleppten, wobei Mum von Zeit zu Zeit zur Toilette laufen musste, wenn die Aufregung zu viel wurde für ihre nicht mehr ganz so junge Blase, beide außer sich vor Freude, dass sie nun endlich die Bude in die Finger kriegten, nachdem Hughs Eltern endlich ausgezogen waren, sodass Hugh, Laura und ihre drei Kinder aus dem winzigen Cottage im Park ausziehen
können, wo sie die ersten fünfzehn Jahre ihres Ehelebens verbracht hatten.
    »Und eigentlich sollten es nur fünf werden«, hatte sich Laura mehr als einmal mir gegenüber beschwert, wenn sie mich in unserem Laden in London besucht hatte. »Bei unserer Hochzeit haben Hughs Eltern gesagt, höchstens fünf oder vielleicht sechs Jahre, dann tauschen wir, weil es uns zu groß wird. Und, weißt du, Hattie, ich wäre auch mit acht Jahren klargekommen, sogar mit zehn. Aber jetzt habe ich zwei große Teenager, die sich die Köpfe an den Balken anstoßen und mit ihren Ugg-Boots auf dem Sofa rumlümmeln, und Charlie ist so hyperaktiv, und wir sind immer noch in dem Cottage!«
    Zu diesem Zeitpunkt hatte Maggie im Schaufenster gehockt und so getan, als würde sie den Löwenfuß eines Sofas polieren. Sie schnitt beim Rubbeln eine Grimasse in Richtung Fußboden, die so viel heißen sollte wie

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