War da noch was - Roman
Platz kein Problem mehr war, ins Stocken geraten war. Außerdem fehlte mir Laura, und es schmerzte mich, dass ich ihr offenbar nicht fehlte. Und so kämpfte ich mit allen möglichen Gefühlen, als der Telefonanruf meines Schwagers kam.
»Ich brauche dich, Hattie, echt. Irgendwie scheine ich momentan gar nicht zu ihr durchzudringen. Und auf dich hört sie. Komm übers Wochenende her.«
Ich war mir mit der Zunge über die Lippen gefahren, während ich immer noch so dastand, wie ich gestanden hatte, als mein Handy klingelte: auf einem Beistelltischchen aus dem 17. Jahrhundert, von wo aus ich an einem
empfindlichen Kronleuchter aus Kristall herumbastelte. Am Wochenende. Am Samstag sollte ich eigentlich einen Kostenvoranschlag für ein Haus in Battersea abgeben.
»Und keine Sorge, ich weiß, dass alle Inneneinrichter heutzutage ein Beratungshonorar erheben«, sagte er rasch. »Das habe ich schon eingerechnet.« Daraufhin nannte er eine Summe, die so hoch war, dass ich vom Tisch steigen musste, damit ich nicht hinunterfiel.
»Also, das ist sehr großzügig von dir, Hugh«, sagte ich und bemühte mich, nicht allzu viel darüber nachzudenken, was der gesamte Auftrag bringen würde, wenn das nur das Beratungshonorar war. Im Geiste hatte ich damit bereits meine Hypothek und Seffys Schulgeld bezahlt.
»Ach, glaub mir, das ist nur ein Bruchteil des Preises, den, soweit man mir gesagt hat, ein gewisser Ralph de Granville verlangt, der sonst auf mein Haus losgelassen wird. Kennst du ihn?«
»Nur … vom Hörensagen«, hatte ich geantwortet und musste mich inzwischen an dem Tischchen festklammern. Ich flüsterte Maggie, die stocksteif mitten im Laden und mit ein Paar Rokoko-Putten in der Hand stehen geblieben war und dem Gespräch gebannt folgte, lautlos zu – zuerst die Summe, dann den Namen des konkurrierenden Innenausstatters. Bei der ersten Aussage blieb ihr der Mund offen stehen, bei der zweiten breitete sich ein Ausdruck des Entsetzens auf ihrem Gesicht aus. Sie schüttelte den Kopf und machte eine vielsagende Geste quer über die Kehle. Ich wandte mich wieder Hugh zu und streckte den Rücken durch.
»Wir sind dabei, Hugh. Wir kommen dieses Wochenende und machen euch ein Angebot für den Auftrag. Ihr könnt am Freitag mit uns rechnen.«
»Perfekt«, schnurrte er erleichtert.
»Bist du verrückt?«, kreischte Maggie, als ich mein Telefon zuklappte. »Ralph de Granville? Wenn wir uns mit dem messen wollen, machen wir uns zum Gespött von ganz London! Wenn Laura den haben will, dann wird sie sich niemals für uns entscheiden. Wir sind wie Tag und Nacht, le jour et la nuit . Weißt du noch damals im Albion Close? Wo uns diese Frau ganz stolz ihr de Granville-Badezimmer gezeigt hat mit dem kitschigen Raffrollo am Fenster? Das Rollo hatte mehr Muster und Farben, als man in einem gesamten Haus sehen möchte. Hugh hat offensichtlich keine Ahnung, wie anders wir sind. Er glaubt einfach, ein Innenausstatter sei so gut wie jeder andere.«
»Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte ich bedächtig. »Hugh weiß, was wir machen, und es gefällt ihm. Und letzten Endes ist es sein Haus, nicht das von Laura, Maggie. «
Sie schürzte die Lippen. »Ja. Allerdings. Da hat sich wohl nicht viel geändert, was? Ich meine seit den Zeiten von Mr Darcy und Miss Bennet.«
»Nicht so viel«, erwiderte ich knapp. »Wie Carla ja ebenfalls feststellen musste.« Ich kletterte wieder auf meinen Tisch und setzte die Überprüfung des Kronleuchters fort. Carla war Hughs erste Frau gewesen: eine feurige Italienerin, die ihn nach ein paar unbefriedigenden Ehejahren wegen eines Formel-Eins-Rennfahrers verlassen hatte. Sie hatte eine ordentliche Abfindung bekommen, aber falls sie mit der Hälfte der Abbey gerechnet hatte, dann war sie enttäuscht worden.
»Gar nicht so einfach für dich«, sinnierte Maggie hinter mir und wog immer noch ihre Putten und die Konsequenzen ab. »Ich meine, Hugh will dich, aber Laura offensichtlich nicht.« Ihre Stimme konnte sich eine kleine
triumphierende Steigerung am Ende nicht verkneifen. Ich achtete gar nicht auf sie und fuhr fort, mit den Kristalltropfen und den Glühbirnen zu hantieren. Fast wie beim Weihnachtsbaum konnte einem auch hier eine defekte Birne die ganze Show vermasseln. »Und falls wir den Auftrag bekämen«, bohrte sie weiter, »dann wären wir ziemlich viel dort, meinst du nicht? Vielleicht sogar übers Wochenende?«
»Möglich.«
»Das würde Seffy gefallen, nicht wahr? Wo er doch jetzt
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