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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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Nachts von einem Transport zurück, der uns in die altehrwürdige Stadt Mostar geführt hatte und damit näher an die Kämpfe heran. Die Stadt war entsetzlich zerschossen und lag fast parallel zu den serbischen Schützengräben. Das Geräusch der Schüsse war hier noch viel näher gewesen. Ich war sehr müde, und meine Nerven waren angespannt, weil es gegen Ende der Fahrt bereits langsam wieder hell geworden war. Als ich schließlich das Lagerhaus verließ und zum Haus zurückkam, war es leer.
    Die Tür zu dem Zimmer, in dem die beiden Alten schliefen, stand weit offen und als ich nach oben lief in Alams und Ibbys Schlafzimmer, in dem auch Mona schlief, war es ebenfalls verlassen.
    Ich eilte in den Ort, um jemanden aufzutreiben, irgendjemanden, der sie, obwohl die Mastlovas als Flüchtlinge isoliert lebten, kannte. Aber es war vier Uhr früh, und mein Rufen und Klopfen stieß auf taube Ohren. Schließlich tauchte eine Frau mit einem Schultertuch in einer Tür auf. Sie erkannte mich. Rief etwas. Kam nach draußen und packte mich am Handgelenk. Sie versuchte über die Sprachgrenzen hinweg, mir etwas zu erklären, ihre Worte sprudelten hervor wie Gewehrsalven, dabei machte sie eine ausladende Handbewegung über ihrem Bauch.
    »Ibby? Das Baby?«
    Sie nickte, ängstlich, fing dann an zu jammern, wandte das Gesicht gen Himmel und schüttelte die Hände in der Luft. Ja, das Baby.
    »Was? Was?«, rief ich.
    Beim Klang meiner Stimme erschien ihr Sohn mit verschlafenen
Augen in der Tür hinter ihr. Die Frau drehte sich zu ihm um und sprach schnell auf ihn ein. Sein Gesicht verdüsterte sich; er kannte die Geschichte. In gebrochenem Englisch erklärte er mir, dass sie ins Krankenhaus gefahren waren, weil das Baby kam, sie hatten sich ein Auto geliehen. Sie fuhren alle zusammen, die ganze Familie, ins nächste Krankenhaus nach Dubrovnik. Aber auf der Straße, unterwegs, geriet der Wagen unter Beschuss.
    »Oh Gott!« Ich setzte mich in den Staub. »Alle tot?«
    »Ja, außer der jungen Mutter. Sie hat überlebt, und sie haben sie ins Krankenhaus geschafft, glaube ich. Ich weiß es nicht.« Er zuckte die Schultern, machte ein unglückliches Gesicht. Die Frau fing wieder an zu jammern, betete und bekreuzigte sich, während ich nur wie gelähmt im Dreck saß.
    Kurz darauf stand ich auf und rannte stolpernd zum Lagerhaus. Alam, seine Eltern, Mona – alle tot. Oh, Ibby! Ich musste stehen bleiben und mich an den Bauch fassen. Kurz innehalten. Endlich erreichte ich den Kai, wo ich unter Schluchzen Pablo, dem jungen Italiener, der noch immer da war, erzählte, was geschehen war. Ich brauchte einen der Pritschenwagen, und er musste ebenfalls mitkommen. Er zögerte. Die Laster waren noch leer nach den Transporten der Nacht, aber dennoch sollten wir sie nicht einfach nehmen. Schon in ein paar Stunden mussten sie wieder beladen werden. Mit tränenüberströmtem Gesicht bettelte ich ihn an, und gleich darauf saß er neben mir im Wagen. Ich ließ den Motor an.
    Ich fuhr, wie ich noch nie zuvor gefahren war, die glühend heiße Schlaglochpiste nach Dubrovnik entlang. Eine lange Staubwolke breitete sich hinter uns über den Feldern aus wie ein Rauchvorhang. Aide Humanitaire auf
dem Fahrzeug brachte uns durch den Checkpoint vor der Stadt, weil das Rote Kreuz auch innerhalb der Stadtgrenzen tätig war. Beim Krankenhaus an der geschäftigen Hauptstraße blieb Pablo draußen sitzen, damit der Lastwagen nicht gestohlen wurde, während ich nach drinnen lief.
    Andere Grausamkeiten waren nie weit entfernt: Ein Wohngebiet war von demselben Granatenangriff getroffen worden, das den Wagen der Mastlovas erwischt hatte und so herrschte im Krankenhaus ein Gewimmel von verängstigten Verwandten, die sich nach ihren Angehörigen erkundigten, und Krankenhausmitarbeitern, die Listen der Verletzten aufhängten. Ich drängte mich durch die Menge und eilte, einer Eingebung folgend, in Richtung der Treppe. Den gesamten Flur entlang saßen die Leute auf dem Fußboden, einigen ging es offensichtlich schlecht, manche waren bandagiert, andere warteten noch auf ihre Behandlung, wieder andere warteten auf Neuigkeiten. Ich hielt eine gestresst wirkende Krankenschwester auf. Entbindungsstation? Dritter Stock, wurde mir gesagt.
    Während ich die Treppe hinaufhastete, überlegte ich, ob Ibby wusste, ob man ihr gesagt hatte, dass ihr Mann und ihr Kind … Oh, Mona! Im Geiste sah ich sie mit hüpfendem Schulranzen auf ihre Freundin zulaufen, die an der Ecke wartete. Ich musste

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