Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waren Sie auch bei der Krönung?

Waren Sie auch bei der Krönung?

Titel: Waren Sie auch bei der Krönung? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
Vom Netzwerk:
Karten zu kaufen. Bestimmt waren diese in dem hellbraunen, umfangreichen Brief verborgen, der schwerer war als jedes Schreiben, das sie je erhalten hatten. In diesem schicksalsvollen Umschlag ruhte gewiß der Gegenwart für jene vierzehn glücklichen Tage im Hotel Seeblick am Rande von Morecambe.
    Es war selbstverständlich undenkbar, daß Violet einen an ihren Mann adressierten Brief öffnete, aber sie widerstand der Versuchung, das Siegel aufzubrechen, nur mit Mühe. Sie wollte etwas in der Hand halten, etwas Greifbares sehen und fühlen, um den Schmerz, den ihr der Verlust des Urlaubs verursacht hatte, zu lindern. Die Lockung der Krönung, die Aufregung, mit der sie ihr entgegensah, waren nicht geringer geworden, aber die Festlichkeit war noch zu abstrakt, um von ihr begriffen zu werden. Jene trägen, ruhevollen Tage im Sommerhotel jedoch, wo sie, wenn sie wollte, erst um halb neun im Speisesaal erscheinen konnte, um ein bereits zubereitetes Frühstück zu genießen, waren etwas Faßbares und bereits Erlebtes. Diesmal würde der Urlaub in Little Pudney verbracht werden, und diese beiden Wochen dürften sich von allen anderen in keiner Weise unterscheiden, außer daß Will das Haus durcheinanderbringen und die Großmutter noch gereizter machen würde. Und die Kinder würden auch nicht wissen, was sie mit sich anfangen sollten.
    Inzwischen waren der Großmutter erneut Zweifel gekommen, ob es ratsam wäre, alle die in dem Wort Luftveränderung zusammengefaßten Freuden für einen einzigen Tag zu opfern, zu dessen Aufregungen die Wahrscheinlichkeit gehörte, niedergetrampelt zu werden oder verloren zu gehen. Sooft sie an dem Briefumschlag auf dem Kaminsims vorbeiging, murmelte sie etwas, was Violet nicht recht verstand. Aber dem Tonfall und dem mehr als sonst verärgerten Gesichtsausdruck ihrer Mutter konnte sie entnehmen, daß es ihr nicht recht war. Es war, als ob der Tag nie zu Ende gehen würde.
    Endlich jedoch wurde es Abend, und man hörte schwere, sich dem Haus nähernde Schritte.
    Die Großmutter sagte: «Er kommt spät, nicht wahr?»
    Violet warf einen Blick auf die Uhr. «Wahrscheinlich hat er noch ein Glas getrunken.» Die Kinder, die mit ihren Schulaufgaben beschäftigt waren, stürzten in das Vorderzimmer und riefen: «Es ist Vati! Wird er es öffnen? Dürfen wir sie jetzt sehn?» Und als er dann eintrat: «Vati, sie sind gekommen, sie sind da! Mach doch den Brief auf!»
    Und das hatte Will Clagg auch getan, nachdem er einen Augenblick gewartet hatte, um seine Würde und Autorität zur Geltung zu bringen und voller Genugtuung das Äußere des Einschreibebriefs zu mustern.
    Die Kinder hatten ihm ungeduldig zugesehen, und selbst die Großmutter in ihrer Ecke hatte ihn, den Hals reckend, über die Brille hinweg beobachtet, wie er den Umschlag aufschlitzte und die wundervollen, mirakelhaften und völlig unerwartet blauen und goldenen Karten hervorzog — jene Karten, die er jetzt im Abteil des Krönungssonderzugs so stolz herumzeigte.
    Zunächst hatten sie voller Verwirrung auf die Karten gestarrt, auf die Preisangabe von 25 Guineen, auf die Platzbezeichnung und all die Genüsse, die ihnen da verheißen wurden. Anscheinend war irgendein Irrtum unterlaufen. Dann aber bemerkte Clagg, daß der Umschlag außer den fünf Billetts ein Schreiben von Bert enthielt, das er entfaltete und laut vorlas:

    Lieber Vetter Will, hier sind Eure Karten. Die Plätze sind nicht dort, wo Du wolltest, sie sind besser als die von Dir angegebenen. Ich hatte Glück und wollte Dich gern davon profitieren lassen. Einer meiner Kollegen in unserer Firma hat einen Freund, der kennt jemanden, der mit einem Mann zusammenarbeitet, der genau weiß, wie die Sache mit den Karten für die Krönung arrangiert wird. Die Preise sind herabgesetzt, und ich konnte sie bekommen, weil die Firma, die sie verkauft, zu viele auf Lager hat, und wahrscheinlich sind25 Guineen sogar hier in London eine Menge Geld, und sie wollten sie loswerden. Kurz und gut, ich habe sie für fünfzig Pfund für Dich bekommen. Und das ist ja, was Du zahlen wolltest, wie Du geschrieben hast, nur daß Du jetzt, falls es regnen sollte, in einem Fenster sitzen und Champagner trinken wirst. Du wirst es Dir gut gehen lassen wie ein Dandy. Viel Glück! Ich würde gern mit Euch kommen. Leider müssen wir am selben Tag zurück. Hätte gern die Kleinen gesehn. Grüß sie schön und auch Violet.
    Dein Vetter Bert.

    Jetzt war endlich alles klar, und sie waren wie betäubt bei dem

Weitere Kostenlose Bücher