Warnschuss: Thriller (German Edition)
Halt als Straßenschuhe. Außerdem hatte er Latexhandschuhe übergestreift, sobald er und DeeDee am Tatort angekommen waren. Vor Nervosität waren seine Hände nass geschwitzt. Er wagte keinen Blick nach unten in den schnell strömenden Fluss, der im Kielwasser des Tankers brodelnd aufschäumte.
»Bill?«, rief er nach oben. »Weißt du irgendwas über dieses Ding hier unten?«
»Den Schlitten?«
»Wenn du meinst.«
»Es gibt drei davon. Einen in jedem Brückenabschnitt. Sie verbinden unten die beiden Fahrbahnen. Sie können auf der Unterseite der Brücke verschoben werden, damit die Arbeiter an die Navigationslichter kommen. Von dort aus können sie Wartungsarbeiten durchführen oder Inspektionen. Solche Sachen.«
»Also kommt niemand außer den Wartungsarbeitern hier herunter?«
»Niemand außer ein paar Vollidioten!«, hörte er DeeDee brüllen.
Wartungsarbeiter trugen keine Kleider aus weichem Stoff, die selbst dann flatterten, wenn eine kaum spürbare Brise wehte.
Er riskierte einen Blick nach unten und stellte erleichtert fest, dass er nur noch drei Sprossen vor sich hatte. Er nahm sie relativ schnell und trat auf den Schlitten. Er war massiv konstruiert und ein beeindruckendes Beispiel für Erfindergeist
und Technik, trotzdem war Duncan froh, dass er nicht darauf arbeiten musste. Ihm kam es unendlich weit bis zur anderen Brückenseite vor. Und dahinter war nichts als Luft. Er wollte lieber nicht daran denken, wie viel Luft auch direkt unter ihm war.
Stattdessen blendete er alles außerhalb seiner unmittelbaren Umgebung aus. Die Strahler, mit denen die Brücke von unten beleuchtet wurde, waren hell und grell wie Sonnen. Er versuchte, nicht direkt ins Licht zu blicken, und ging in die Hocke. Der Stofffetzen hatte sich an einem Bolzen verhakt, mit dem die Leiter am Boden des Schlittens verankert war.
Ein Ende des Stoffes war eingesäumt. Das andere war ganz offenkundig aus einem größeren Teil gerissen … in diesem Fall aus dem Rock, den Elise am Abend getragen hatte.
Den Stoff vorsichtig zwischen den Fingern haltend, nestelte er ihn behutsam aus dem Metall, in dem er sich verklemmt hatte, und steckte ihn dann in eine braune Beweissicherungstüte. Langsam stand er wieder auf und steckte die Tüte in seine Tasche.
Seine Kollegen riefen Fragen herab. Er war inzwischen außerhalb ihres Blickfeldes, sie hatten Angst um ihn. Sie wollten wissen, ob alles in Ordnung war. Sie ermahnten ihn, vorsichtig zu sein. Er hörte Worley fragen, ob er etwas gefunden habe.
Er blendete ihre Rufe aus, überwand seine Höhenangst und starrte in den Fluss unter ihm, der an dieser Stelle über zwölf Meter tief war. Er sah dem langsam dahintreibenden Tanker nach, dieser schwimmenden Stadt, die sich jetzt an den Restaurants und Bars entlang der River Street und auf der anderen Seite an den Piers am Westin Resort vorbeischob.
Die Kehle wurde ihm unangenehm eng, als ihm klar
wurde, was der Fund von Elises Sandale und dieses herausgerissenen Stoffstückes aus ihrem Kleid bedeutete.
So wie es aussah, standen die Chancen gut, dass sie nicht lebend von dieser gottverfluchten Brücke heruntergekommen war.
18
Richter Laird marschierte auf den wenigen Quadratmetern der SVU auf und ab, trampelte Pfade in den hässlichen kastanienbraunen Teppichboden und murmelte ununterbrochen aufmunternd vor sich hin, dass seine Frau noch am Leben sein musste. Außerdem geiferte er in regelmäßigen Abständen über die Trägheit und Unfähigkeit, mit der in diesem Fall ermittelt wurde.
Er stellte Fragen, die niemand beantworten konnte. Er weigerte sich, ehrliche Antworten zu akzeptieren wie: »Das wissen wir nicht, aber wir tun alles, um sie zu finden.«
Gemeinerweise war DeeDee für ihn abgestellt worden.
Nachdem ein größerer Bereich der Brücke abgesperrt worden war, um den Schlitten und die hinabführende Leiter auf Spuren zu untersuchen, hatte DeeDee den Captain und den Richter zur Zentrale zurückbegleitet, während Duncan und Worley auf der Brücke geblieben waren, um die Ermittlungen zu koordinieren, zu denen mehrere andere Polizeibehörden zugezogen werden sollten.
Es war gemein, dass die beiden sich amüsieren durften, während sie zum Babysitten verdonnert war. Aber die Anordnung war von Captain Gerard persönlich erteilt worden, und Widerspruch wäre offenkundig zwecklos.
Richter Laird hätte ihr sogar leidgetan, hätte er sich nicht wie eine Nervensäge aufgeführt. Er richtete kaum eine Frage direkt an sie. Jede Mutmaßung,
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