Warnschuss: Thriller (German Edition)
dieser Situation ergeben konnten, erklärten seine Gereiztheit teilweise.
Gerard tauchte wieder auf, um nachzusehen, wie sich der Richter hielt, und bat DeeDee, sie möge Napolis Sekretärin über sein Ableben informieren, damit seine nächsten Angehörigen benachrichtigt werden konnten.
Als die Sekretärin die Nachricht erfuhr, bekam sie einen hysterischen Anfall. Es überraschte DeeDee, dass Napoli so intensive Gefühle auslösen konnte – abgesehen von Wut oder Abscheu. Nachdem sich die Sekretärin beruhigt hatte, erklärte sie DeeDee, dass Napoli ihres Wissens keine Verwandten hatte, und willigte ein, morgen früh ins Leichenschauhaus zu kommen, um seinen Leichnam zu identifizieren.
Außerdem verlangte sie zu wissen, was unternommen wurde, um »das Monster« aufzuspüren, das ihn erschossen hatte. DeeDee versicherte ihr, das Morddezernat sei bereits bei der Arbeit.
Die nahende Dämmerung tönte den Himmel bereits grau
und DeeDee war bei ihrem dritten Sixpack Cola Light, als Duncan und Worley angetrottet kamen. Worley sah erschöpft und trübsinnig aus. Duncan wirkte wie frisch vom Friedhof nebenan.
Die beiden waren kaum durch die Tür getreten, da stürzte sich Laird auf sie. »Und?«
»Bringst du uns einen Kaffee?«
DeeDee wollte Worley schon anschnauzen, dass es nicht zu ihrem Job gehörte, Kaffee zu holen. Aber dann sah sie Duncans verstörte Miene und begriff, dass er eine Aufmunterung brauchte, und zwar schnell. Sie ging zwei Tassen Kaffee holen, versuchte aber trotzdem alles mitzubekommen, was gesagt wurde.
»Die GPA und das DOT haben eingewilligt, die äußere Fahrspur noch eine Weile zu sperren.« Damit meinte Worley die Georgia Port Authority und das Department of Transportation. »Glücklich macht sie das nicht. Das wird in der morgendlichen Rushhour einen irren Stau verursachen, aber wir wollen den Tatort so lange wie möglich sauber halten. Vielleicht findet sich bei Tageslicht noch etwas, das uns bei Nacht entgangen ist.«
Er nahm DeeDee dankbar den Styroporbecher ab. Duncan schien den Becher, den sie ihm hinstreckte, erst wahrzunehmen, als sie seine Schulter rüttelte. Sekundenlang sah er sie verständnislos an, ehe er nach dem Kaffee griff.
»Wen interessiert schon ein Stau«, meinte Laird. »Was unternehmen Sie, um Elise zu finden?« Diese Frage richtete er an Duncan.
»Die Hundestaffel hat alle Hunde auf der Brücke. Sie suchen beide Flussufer und Hutchinson Island ab.«
»Das ist ein sehr begrenztes Gebiet. Was ist mit den anderen Inseln zwischen der Stadt und dem Meer?«, fragte der Richter. »Werden die auch abgesucht?«
Niemand wollte ihm ins Gesicht sagen, dass es kaum jemand
bis zur Flussmündung geschafft hatte. Soweit DeeDee wusste, hatte nur ein einziges der vielen Unfall- beziehungsweise Suizidopfer, die von der Brücke gestürzt waren, den Fall überlebt. Normalerweise tauchten die Leichen innerhalb weniger Tage auf, je nach Jahreszeit und Temperatur. Meistens strandeten sie irgendwo entlang der River Street oder nahe dem Corps of Engineers Dock auf Hutchinson Island, wo sich der Fluss in zwei Arme teilte.
»Wir werden die Suche nach Bedarf ausweiten, Richter«, erklärte ihm Gerard taktvoll. »Was gibt es sonst noch, Dunk?«
»Eine Personenbeschreibung von Mrs Laird wurde ausgegeben, damit suchen die State Troopers, das Police Department und das Sheriff’s Department nach ihr. Die Marinepatrouille sucht jeden Nebenlauf des Flusses ab. Die Küstenwache hat schon ein Schiff abgestellt«, sagte er. »Es fährt die Atlantikküste ab, aber …«
Aber auch hier galt, dass es kaum ein Leichnam so weit schaffte, bevor er auftauchte, dachte DeeDee. Falls es doch einer so weit schaffte, tauchte er wahrscheinlich nie wieder auf.
»Die Küstenwache stellt außerdem ein paar Hubschrauber mit Suchteams bereit«, fuhr Duncan fort. »Sie werden in diesem Augenblick mobilisiert. Die Helikopter des Police Department sind schon aufgestiegen, während Sie die Brücke verlassen haben und hierhergefahren sind.« Das Update schien Duncan die letzten Energien gekostet zu haben. Er verstummte und nahm einen Schluck Kaffee.
»Ich habe gehört, in der Telefonzentrale gehen am laufenden Band Anrufe ein«, sagte Gerard. »Die Menschen haben die Helikopterscheinwerfer über dem Fluss bemerkt und wollen wissen, was los ist.«
»Es ist mir egal, wen Sie aus dem Schlaf reißen«, sagte Laird. »Die Helikopter bleiben in der Luft.«
»Natürlich.« Gerard wirkte ausgebrannt und verärgert. Die
Weitere Kostenlose Bücher