Warnschuss: Thriller (German Edition)
Nachttisch ihren Schmuck, den Ehering und die Ohrstecker gefunden hätten – beides mit ansehnlichen Diamanten besetzt.«
»Richtig.«
»Es sieht also so aus, als sei sie aus dem Haus gestürmt, nicht wahr? Ich meine, nachdem sie nicht einmal ihren
Ehering angelegt hat. Diesen Ring würde keine Frau zurücklassen, wenn sie nicht wirklich durcheinander ist.«
Der Richter schwieg eisern, während DeeDee mit dem Stift auf den Block klopfte, auf dem sie sich Notizen gemacht hatte. »Haben Sie eine Vorstellung, wohin Ihre Frau gefahren sein könnte, Richter?«
»Glauben Sie nicht, ich würde sie dort suchen, wenn ich eine hätte?«
»Hat sie Freunde oder Familie…«
»Nein.«
»Niemanden, den sie aus einer Laune des Augenblicks heraus besucht haben könnte?«
Er schüttelte den Kopf. »Das hätte sie mir auf jeden Fall erzählt.«
Sie hat dir nichts von ihren Treffen mit Coleman Greer erzählt, dachte DeeDee boshaft. Sie hatte keine Lust mehr, weiter um den heißen Brei herumzuschleichen, und kam zum Thema. »Glauben Sie, sie war heute Abend mit Meyer Napoli verabredet?«
Sein Gesicht versteinerte vor Zorn, er beugte sich vor. »Klären Sie so Verbrechen auf, Detective Bowen? Indem Sie die Angehörigen des Opfers mit albernen Fragen peinigen und abwegige Schlussfolgerungen ziehen?«
Wahrscheinlich hatte er keine Antwort erwartet, sie gab ihm trotzdem eine. »Manchmal. Sie wären überrascht, was Zeugen alles wissen, ohne zu wissen, was sie wissen. Manchmal spiele ich verschiedene Möglichkeiten durch, um festzustellen, ob etwas hängen bleibt. Oft ist das der Fall, und oft ist es so, dass scheinbar abwegige, alberne Fakten letztendlich dazu beitragen, einen Fall zu lösen.«
Er sah sich ungeduldig um, als hoffe er, dass irgendwer zu seiner Rettung kommen würde. Gerard war verschwunden. DeeDee nahm an, dass er in seinem Büro saß. Nur einige andere Detectives waren an ihren Plätzen und
versuchten beschäftigt auszusehen, während sie in Wahrheit mit gespitzten Ohren dem aufregenden Wortwechsel lauschten.
Der Richter sagte: »Ich weiß, dass man immer gründlich und präzise vorgehen muss, Detective Bowen. Nach meinen vielen Jahren auf der Richterbank ist mir bewusst, dass sich im Gedächtnis der Zeugen oft Goldkörnchen finden, mit denen sich ein Verbrechen aufklären lässt. Aber ich weiß nicht mehr, als ich Ihnen erzählt habe. Wiederholte Male«, setzte er nach.
Sie blätterte ein Blatt in ihrem Block um, damit sie ihre Notizen auf einer frischen Seite aufzeichnen konnte. »Darf ich fortfahren?«
So hatte sich das zermürbende anderthalb Stunden hingezogen. Schließlich war sie überzeugt, dass er ihr nicht mehr erzählen konnte oder wollte, und ließ ihn seine Teppichpatrouille wieder aufnehmen.
Von einem Telefon außerhalb des Dezernats rief sie den Manager des Silver Tide Country Clubs an. Sie riss seine Frau aus dem Schlaf, die den Manager aus dem Schlaf riss, nachdem DeeDee sich vorgestellt und ihr erklärt hatte, warum der Anruf so dringend war. Von ihm bekam sie die Telefonnummern des Jungen vom Parkservice und des Barkeepers, die an diesem Abend Dienst hatten.
Sie rief beide zu Hause an. Beide waren nicht begeistert, zu dieser Stunde angerufen zu werden, vor allem nach einer langen Nachtschicht. Aber beide bestätigten, dass der Richter kurz vor zehn im Club angekommen und in ein schwungvolles Pokerspiel eingestiegen sei. Er sei erst aufgebrochen, als er von der Polizei benachrichtigt wurde, dass Mrs Lairds Wagen auf dem Standstreifen der Talamadge Bridge gefunden worden sei und ein Toter hinter dem Steuer sitze.
»Als er hörte, dass sie spurlos verschwunden ist, ist er ausgeflippt«, erzählte der Barkeeper DeeDee.
»Das kann ich mir vorstellen.« Sie fragte nach den Namen der Mitspieler bei der Pokerrunde. Es handelte sich um eine hochkarätige Runde aus den Spitzen und Stützen der Gesellschaft, zu der auch der Oberstaatsanwalt gehörte.
Falls sich tatsächlich herausstellte, dass Elise Laird sich in unehrenhafter Absicht mit Meyer Napoli getroffen hatte, während der Richter sich die Nacht mit Pokerspielen und Single Malt Scotchs vertrieb, würde man ihm das nicht so schnell vergessen. Dann würde er endgültig aussehen wie ein liebestoller Narr. Einige politische Feinde, möglicherweise sogar einige seiner ergebenen Anhänger könnten sich fragen, ob der oberste Richterposten am Kammergericht mit einem Narren besetzt werden sollte.
Die beruflichen Konsequenzen, die sich aus
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