Warnschuss: Thriller (German Edition)
bist du keine Hure. «
Sie nahm ihr Gedeck auf, trug es zur Küchentheke, schob die Abfälle in den Eimer und ließ den Rest klappernd in die Spüle fallen. Er tat es ihr nach. Beide waren darauf bedacht, sich nicht zu berühren oder auch nur anzusehen.
Als sie endlich mit Abräumen fertig waren, bereute er bereits, was er gesagt hatte. Er faltete sorgsam das Tischtuch zusammen und studierte anschließend mehrere bleischwere Sekunden lang die verblichenen, in das Musselin gewebten Streifen, während er sich insgeheim als Heuchler verfluchte.
Schließlich drehte er sich zu ihr um. »Ich bin müde. Ich mache mir Sorgen. Das war der Stress. Ich habe es nicht so gemeint.«
»O doch.«
»Elise.«
Sie wich vor der Hand zurück, die er ihr hinstreckte. »Ich will nicht mehr darüber sprechen. Ich bin das so leid. Das alles.«
Ihr Gesicht zeigte die kühle, verschlossene Maske, die sie auch auf dem Galaempfang getragen hatte. Ohne jede Regung, ohne Begeisterung für einen sentimentalen, romantischen Film. Ohne Hoffnung auf ein Happy End.
Ohne ein weiteres Wort verschwand sie ins Schlafzimmer und schloss kraftvoll die Tür.
Er erwachte vom Zwitschern eines nahen Vogels. Die Sonne war noch nicht richtig aufgegangen. Er wachte selten so früh
auf, dass er die Sonne aufgehen sah, aber gestern war er ungewöhnlich zeitig ins Bett gegangen. Nachdem er versucht hatte, sich durch einen Wust von Gedanken und widersprechenden Gefühlen zu wühlen, hatte er zuletzt aufgegeben und erschöpft die Augen geschlossen. Danach erinnerte er sich an nichts mehr. Er hatte tief und traumlos geschlafen.
Jetzt warf er die leichte Decke zurück, stand auf und streckte sich, um die verkrampften Muskeln zu lockern. Er spielte mit dem Gedanken, joggen zu gehen, solange es noch halbwegs kühl war, beschloss aber, dass er dafür noch nicht wach genug war. Er würde eine Weile warten und dann laufen. Nachdem Elise aufgestanden war.
Die Schlafzimmertür war geschlossen, seit sie gestern Abend dahinter verschwunden war.
Er zog seine Jeans hoch. Anschließend ging er auf die Toilette und klappte hinterher gewissenhaft den Toilettendeckel nach unten. Er fragte sich, was andere Menschen so früh taten, wenn sie nicht zur Arbeit mussten oder joggen gingen. Die Zeitung lesen? Das Morgenprogramm anschauen? Er hatte keine Zeitung, und er wollte Elise nicht wecken, indem er den Fernseher anschaltete.
Kaffee. Er würde Kaffee kochen und dabei nicht zu viel Pulver verwenden.
Aber während er damit beschäftigt war, kamen seine Hände plötzlich zur Ruhe. Er starrte durch das Fenster über der Spüle. Das Wasser war heute Morgen extrem ruhig, fast spiegelglatt, nur vom Kielwasser eines einsamen Anglerbootes gekräuselt.
Warum war er gestern Abend so wütend geworden? Hätte er Elise auch so verurteilt und sich so idiotisch aufgeführt, wenn sie erfolgreich Beweise gegen Laird und Savich zusammengetragen hätte? Oder hätte er sie für ihren Mut gelobt und ihr angerechnet, dass sie ihr persönliches Glück so selbstlos geopfert hatte?
Warf er ihr tatsächlich vor, dass sie nicht geschafft hatte, was er ebenso wenig vollbracht hatte? Trotz seiner Ausbildung, trotz seines Ranges, selbst mit einem ganzen Police Department im Rücken war es ihm nicht gelungen, diese Kriminellen vor Gericht zu bringen.
Und er musste sein Privatleben nicht opfern, um das zu erreichen. Anders als Elise.
Eigentlich war er weniger wütend als eifersüchtig. Im Grunde lief es darauf hinaus. Er war wütend geworden, weil er die Vorstellung nicht ertrug, dass sie mit Cato Laird zusammen war. Oder einem anderen Mann. Als ihm.
Er dachte nicht weiter nach, sondern ließ den Papierfilter und die leere Kaffeekanne auf der Theke stehen und ging auf die Schlafzimmertür zu. Ohne zu zögern öffnete er sie.
Sie schlief mit dem Rücken zu ihm. Als die Türangel quietschte, hob sie den Kopf vom Kissen, drehte sich auf den Rücken und blickte zur Tür. Als sie ihn dort stehen sah, stützte sie sich auf die Ellbogen. »Ist irgendwas?«
»Nein.«
Sie sah zum Fenster. »Wie spät ist es?«
»Noch vor Sonnenaufgang.«
»Oh.«
Dann war nur noch ihr Atmen zu hören, während sie sich über den schummrigen Raum hinweg ansahen. Duncan trat an ihr Bett. Sie roch nach Wärme und Schlaf. Sie trug den neuen, gestern gekauften Pyjama. Unter dem dünnen Trägerhemd aus Baumwolle lagen weich ihre Brüste.
Heiser flüsternd fragte er: »Hast du ihn vorgespielt?«
Sekundenlang sah sie ihn
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