Warnschuss: Thriller (German Edition)
Trotter letztendlich gelöst würde, Elise würde ihm nie gehören.
Er würde diesen Fall nicht lösen.
Er würde nicht mehr an dem Verhör um zehn Uhr vormittags teilnehmen. Weil er um neun Uhr dreißig in Captain Bill Gerards Büro stehen und zugeben würde, dass er gegenüber Mrs Laird nicht so objektiv war, wie er behauptet hatte. Er würde Gerard ein volles Geständnis ablegen, die alleinige Verantwortung übernehmen und Elise von jeder Schuld freisprechen.
Er würde Gerard bitten, Cato Laird nicht zu verraten, warum er ihn von diesem Fall abzog, und Gerard würde ihm diese Bitte höchstwahrscheinlich gewähren, nicht um ihm, sondern um dem Richter, Elise und dem Police Department einen Skandal zu ersparen.
Gerard würde eine Disziplinarstrafe verhängen und vielleicht sogar Duncans Marke einfordern. Morgen um diese Zeit wäre er vielleicht arbeitslos. Und er hätte das ganz und gar verdient.
Noch jemanden gab es, dem er alles gestehen musste. DeeDee. Die Kollegen würden darüber spekulieren, warum er nicht mehr in seiner früheren Funktion arbeitete, einige würden wahrscheinlich mit ihren Vermutungen den Nagel auf den Kopf treffen. Aber DeeDee hatte verdient, dass er ihr die Wahrheit sagte. Das war er ihr schuldig. Als seiner
Partnerin und seiner Freundin. Weil sie ihn sowohl als Partnerin wie als Freundin gewarnt hatte, dass seine persönlichen Gefühle für Elise die Ermittlungen gefährden könnten. Er bezweifelte, dass sie ihm vorhalten würde: »Ich habe es dir gesagt«, aber selbst wenn, hatte er es nicht anders verdient.
Nachdem er sich zu einer Entscheidung durchgerungen hatte, stand er von der Couch auf und trottete nach oben. Es erschien ihm nur angebracht und symbolträchtig, dass er alles, was an Elise erinnerte, abwusch.
In seinem Bad fasste er in die Duschkabine, drehte das Wasser auf und legte dann die Kleider ab. Doch dann wurde er schwach und drückte sein Hemd ein letztes Mal ans Gesicht. Er inhalierte ihren Duft, der den ganzen Stoff zu durchdringen schien. Anschließend stopfte er das Hemd ungeduldig in den Wäschekorb, ehe er in Versuchung kommen konnte, es als eine Art romantisches Souvenir aufzubewahren.
Er trat unter den Duschstrahl.
Bis jetzt hatte er das, was er getan hatte, vom praktischen, professionellen und moralischen Standpunkt aus betrachtet und dabei seine Gefühle gewaltsam unter Kontrolle gehalten, aus Angst, sie könnten seine Entscheidungen beeinflussen.
Doch unter dem warmen Wasser schmolz seine Selbstbeherrschung dahin. Stöhnend sackte er gegen die Fliesen und presste die Handballen in die Augenhöhlen. Das Reißen in seiner Brust rührte tatsächlich von Schuldgefühlen her. Er litt wahrhaftig Gewissensqualen. Die Reue hatte ihre scharfen Zähne in sein Fleisch gesenkt.
Trotzdem begehrte er Elise mit jedem Atemzug.
Er konnte dieses allumfassende Begehren nicht abschalten. Es war hartnäckig, es war aufdringlich, und es war mit nichts zu vergleichen, was er je für eine andere Frau empfunden
hatte. Es hatte ihn gepackt, sobald er sie das erste Mal gesehen hatte, und heute Nacht war es, nachdem er sie einmal besessen hatte, schlimmer als je zuvor.
Morgen würde er Buße tun. »Das schwöre ich«, gelobte er rau flüsternd.
Aber heute Nacht …
Er kniff die Augen zusammen und ließ die Erinnerungen so frei durch seinen Geist treiben, wie sein Blut durch seine Adern strömte. Er rief sich jedes Detail so lebhaft wie möglich ins Gedächtnis. Er durchlebte noch einmal jedes Geräusch, jeden Geruch, jeden Geschmack, jede Berührung und jede Empfindung. Diesen ersten stürmischen Kuss. Die Entdeckung, wie feucht sie war. Die letzten süßen Zuckungen nach ihrem Orgasmus.
Ein raues Stöhnen stieg aus seiner Brust. Das warme Wasser spülte über seinen Körper, während eine Flutwelle von Erinnerungen unerbittlich und unkontrollierbar über ihn hinwegrollte. Als sich die Woge gebrochen hatte, schauderte er und erlaubte sich das auszusprechen, was er sich bis dahin verwehrt hatte: »Elise. Elise.«
Das Handtuch um die Hüften geschlungen, ging er vom Bad ins Schlafzimmer und ließ sich dort aufs Bett sinken. Er war physisch erschöpft, wusste aber gleichzeitig, dass er keine Ruhe finden würde, bis er sich DeeDee offenbart hatte. Das konnte nicht bis zum nächsten Morgen warten.
Er griff nach seinem Handy, holte tief Luft und drückte, ehe er einen Rückzieher machen konnte, die Schnellwahltaste für ihre Nummer.
Sie war beim ersten Läuten dran. »Wie
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