WARP 1 - Der Quantenzauberer (German Edition)
Blick fand wieder zurück in die Gegenwart. »Garrick hat mir mal eine Geschichte über Jack the Ripper erzählt und das Ganze in unserem Unterschlupf wie ein Theaterstück aufgeführt.«
»Jetzt sag bloß noch, Garrick ist Jack the Ripper.« Chevies Tonfall war sarkastisch, aber mittlerweile würde es sie keineswegs überraschen, wenn Albert Garrick und der berüchtigte Serienmörder ein und derselbe wären.
Riley zuckte zusammen, als hätte Garrick diese Anschuldigung gehört. »Nein. Ganz bestimmt nicht. Garrick hat Jack the Ripper gehasst .«
Chevie lauschte mit einem Ohr den Geräuschen nebenan und mit dem anderen Rileys Worten.
»Er hat den Ripper gehasst? Die zwei müssten sich doch glänzend verstanden haben.«
Riley setzte sich auf. »Oh nein. Der alte Jack hat etwas getan, was Garrick niemals tun würde. Er wollte berühmt sein. Hat der Polizei und den Leuten von den Zeitungen Briefe geschickt, sich einen Spitznamen gegeben und so. Garrick war immer stolz darauf, dass er bei seiner Arbeit unsichtbar war wie ein Geist, und dann ist dieser Schlitzer aufgetaucht und hat überall in Whitechapel Nieren und Herzen verteilt.«
Rileys Blick wanderte wieder in die Vergangenheit.
»Der Ripper ging um, bevor Garrick mich aufgegabelt hat, aber der Fall hat ihn noch jahrelang beschäftigt. Ich hab mich jedes Mal verdünnisiert, wenn in der Zeitung wieder was darüber stand. Aber dann kommt Garrick eines Abends nach Hause, als die Sonne gerade untergeht, und rüttelt mich sanft, um mich zu wecken. Seine Hand war so weich, dass ich aus meinem Traum aufwachte und dachte, mein Vater wäre zurückgekommen, also sage ich: ›Vater?‹«
Riley hielt inne und spuckte in den Ausguss. »Ich war kaum acht Jahre auf der Welt und wusste es nicht besser, aber das ist für Garrick ein Zauberwort, und er grinst übers ganze Gesicht. ›Ja, das bin ich wohl‹, sagt er. ›Ich bin für dich verantwortlich.‹
Mittlerweile bin ich richtig wach und halb erstarrt vor Schreck. Garrick ist von Kopf bis Fuß blutbeschmiert, als hätte er im Schlachttrog gebadet. Sogar seine Zähne sind rot. Anscheinend hat er gesehen, dass ich Angst habe, denn er sagt: ›Keine Sorge, mein Sohn. Das ist nicht mein Blut. Jack wird niemanden mehr aufschlitzen.‹ Und dann wartet er, bis der Penny fällt.
Es dauert einen Moment, aber dann verstehe ich. ›Sie haben Jack the Ripper getötet? Aber der ist doch der Teufel persönlich‹, sage ich.
Da lacht Garrick. ›Ja, und jetzt ist er in der Hölle‹, sagt er. ›Zumindest seine Seele. Sein Körper liegt zusammen mit den verrotteten Leichen gemeiner Ganoven im Schlamm auf dem Grund der Themse.‹
Ich weiß, Garrick mag keine Fragen, aber eine rutscht mir raus, bevor ich mich bremsen kann: ›Wie haben Sie den Dämon gefunden, Sir?‹ Doch er ist nicht wütend, die Frage scheint ihm sogar zu gefallen.
›Ha‹, sagt er und tippt sich an die Stirn. ›Mit der tödlichsten Waffe eines Mannes: dem Gehirn. Jack war ein Gewohnheitstier, und das war sein Untergang. Die ersten fünf Frauen hat er wie im Wahn getötet, aber danach beruhigte er sich und benutzte den Mond als Uhr. Drei Jahre lang bin ich in den Vollmondnächten durch die Straßen von Whitechapel und Spitalfields gegangen, und dann taucht er eines Nachts draußen vor dem Ten Bells auf.‹ Da lacht Garrick. ›Kaum zu glauben, aber dieses sogenannte Genie hat vor, sich wieder ein Mädchen aus dem Bells zu schnappen.‹
Garrick beugt sich über mich. Ich weiß noch, wie mir das Blut auf die Stirn getropft ist und wie ich gedacht hab: Das ist das Blut von Jack the Ripper .«
Chevie war so gebannt von der Geschichte, dass sie sich nicht einmal gerührt hätte, wenn ihr die Kabelbinder wie durch ein Wunder von den Handgelenken gefallen wären.
»›Ich warte ab, bis er sich ein Mädchen ausgesucht hat‹, sagt Garrick. ›Und dann folge ich ihm über die Dächer durch die Buck’s Row. Ich höre, wie sie reden und Witze über Polly Nichols reißen, die genau an der Stelle umgebracht wurde. Der alte Jack hatte ein erstaunlich helles Lachen, fast wie eine Frau. Damit hat er sich bei den Zeitungen natürlich nicht gebrüstet. Und die ganze Zeit stehe ich über ihnen, mein geliebtes Cinquedea mit geschwärzter Klinge in der Hand, bereit zur blutigen Tat. Da hat er mir sein Messer gezeigt. Er hatte es noch nicht gewaschen und es war voller Blut und Schleim.‹«
Wäre Chevie nicht so von der Geschichte gefesselt gewesen, hätte sie vielleicht
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